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Robert W. Chambers – Der König in Gelb

von am 29. Mai 2014

Der König in Gelb

Zur Abwechslung mal keine Besprechung im traditionellen Sinn, also keine „Review“ wie man heutzutage so schön sagt. Vielmehr gibt es an dieser Stelle und zu dieser Gelegenheit eine Vorschau. Das wäre natürlich nicht möglich, wenn das besprochene Buch nicht in der Vergangenheit schon in der einen oder anderen Form erschienen wäre.

Chambers (1865 – 1933) war zu seiner Zeit ein überaus erfolgreicher und anpassungsfähiger Autor, der die verschiedensten Genres bedienen konnte. Michael Nagula hat all dies sehr ausführlich in seinem Essay ROBERT W. CHAMBERS – FANTAST ZWISCHEN POESIE UND DEKADENZ geschildert. Ein sehr lesenswerter Beitrag, der in der bevorstehenden Ausgabe vom FESTA VERLAG enthalten sein wird (nebst einer Auflistung von Chambers’ Büchern). Aus diesem Grund verzichte ich an dieser Stelle auf einen tieferen Blick auf Chambers’ Schaffen.

Trotz seines großen Erfolges zu Lebzeiten, geriet Chambers’ Werk in späteren Jahren in Vergessenheit. Es wäre müßig, über die Gründe zu spekulieren. H. P. Lovecraft erwähnte Chambers in seinem zwischen 1926 und 27 entstandenem „Die Literatur des Grauens“ (eine vom amerikanischen Horrorspezialisten S. T. Joshi kommentierte Ausgabe ist kürzlich beim GOLKONDA VERLAG erschienen). Besonderen Gefallen fand Lovecraft an „The King in Yellow“. Einige der enthaltenen Geschichten werden lose durch das namensgebende Theaterstück zusammengehalten. Dies ominöse Buch im Buch war Lovecrafts Inspiration für sein eigenes unheimliches Werk, das berühmte Necronomicon. Lovecraft war gar so frech in einer seiner Geschichten zu behaupten, dass Chambers durch das wirklich existierende Necronomicon zu „The King in Yellow“ inspiriert wurde. Freilich existiert Abdul Alhazreds Werk keineswegs in der Wirklichkeit. Doch gibt es bis heute Fans und Hobby-Okkultisten, die tatsächlich an die Existenz des Buchs der Toten glauben. Sehen wir davon ab, dieses Verhalten genauer analysieren zu wollen.

Trotz seiner offenkundigen Faszination von „The King in Yellow“ bleibt Lovecraft nicht unkritisch. So attestiert er dem Werk eine „schwankende Anziehungskraft“ und einen Hang zur „affektierten Kultivierung der französischen Studioatmosphäre“. Die größte Faszination bewirkte hierbei die Geschichte „Das Gelbe Zeichen“, die HPLs eigener Vorstellung vom kosmischen Schrecken am nächsten kommt.

Lovecrafts Einschätzungen muss ich größtenteils zustimmen. Neben „Das Gelbe Zeichen“ möchte ich noch „Der Wiederhersteller des guten Rufes“ herausheben. Eine sehr eindringliche und verstörende Geschichte mit leichten Steampunk-Aspekten. Die größte Schwäche des Bandes ist die zum Teil in der Tat affektierte Sprache. Ich mag nun nicht beurteilen, inwieweit es da einen Zusammenhang zur „französischen Studioatmosphäre“ gibt. Chambers ist der französischen Literatur offenkundig sehr zugetan. Mir persönlich fehlen die Vergleiche. Lovecraft zieht George du Mauriers „Trilby“ heran, um seinen Standpunkt zu untermauern.

Trotz relativer Unbekanntheit hat Chambers mit „Der König in Gelb“ deutliche Spuren in der Landschaft der phantastischen Literatur hinterlassen. Lovecraft griff ihn auf, wofür er auch für dessen Epigonen interessant wurde. Aber auch Marion Zimmer Bradley hat sich für ihre „Darkover“-Reihe bei „Der König in Gelb“ bedient und mehrere Namen und Motive von Chambers aufgegriffen. Und Alan Moore hat nicht darauf verzichtet, in NEONOMICON auf dieses Werk anzuspielen.

Interessant ist „Der König in Gelb“ vor allem aufgrund seines historischen Kontexts und des dadurch entstanden Einfluss auf die Werke späterer Autoren. Und wer sich auf die zum Teil etwas mühsame Sprache (die von Andreas Diesel übrigens ziemlich gut ins Deutsche übertragen wurde) einlässt, wird mit einem interessanten Werk belohnt. Aber eben auch mit einem Werk, dass dem Leser durchaus abverlangt, sich darauf einzulassen und sich die nötige Zeit zu nehmen.

Zur bisherigen Veröffentlichungsgeschichte: Meines Wissens wurde „The King in Yellow“ bisher zweimal in Deutschland veröffentlicht. Einmal 1984 unter dem Titel „Der Gelbe Tod“ (Luebbe) und vor rund zehn Jahren als achter Band von H. P. LOVECRAFTS BIBLIOTHEK DES SCHRECKENS. Damals waren noch einige Geschichte aus „The Mystery of Choice“ beigefügt, die in der Neuauflage nicht enthalten sein werden. Ein richtige Entscheidung des Herausgebers, die im Vergleich zur damaligen Ausgabe eine nötige Entschlackung darstellt.

Warum nun diese neue Ausgabe? Das lässt sich recht schnell beantworten und zeigt zum Ende ein weiteres mal, dass Chambers einen nicht zu unterschätzenden Einfluss hat. Die Fernsehserie TRUE DETECTIVE (u. a. mit Woody Harrelson) enthält viele Anspielungen auf unheimliche Literatur. Neben Lovecraft und Thomas Ligotti auch auf Chambers' DER KÖNIG IN GELB …

Der Band erscheint voraussichtlich am 18.08.2014 im Paperback und wird 12,80 Euro kosten.

Zitate aus „Die Literatur des Grauens“ entstammen der Ausgabe der EDITION PHANTASIA und wurden von Joachim Körber übersetzt.

von am 29. Mai 2014

Der König in Gelb

Zur Abwechslung mal keine Besprechung im traditionellen Sinn, also keine „Review“ wie man heutzutage so schön sagt. Vielmehr gibt es an dieser Stelle und zu dieser Gelegenheit eine Vorschau. Das wäre natürlich nicht möglich, wenn das besprochene Buch nicht in der Vergangenheit schon in der einen oder anderen Form erschienen wäre.

Chambers (1865 – 1933) war zu seiner Zeit ein überaus erfolgreicher und anpassungsfähiger Autor, der die verschiedensten Genres bedienen konnte. Michael Nagula hat all dies sehr ausführlich in seinem Essay ROBERT W. CHAMBERS – FANTAST ZWISCHEN POESIE UND DEKADENZ geschildert. Ein sehr lesenswerter Beitrag, der in der bevorstehenden Ausgabe vom FESTA VERLAG enthalten sein wird (nebst einer Auflistung von Chambers’ Büchern). Aus diesem Grund verzichte ich an dieser Stelle auf einen tieferen Blick auf Chambers’ Schaffen.

Trotz seines großen Erfolges zu Lebzeiten, geriet Chambers’ Werk in späteren Jahren in Vergessenheit. Es wäre müßig, über die Gründe zu spekulieren. H. P. Lovecraft erwähnte Chambers in seinem zwischen 1926 und 27 entstandenem „Die Literatur des Grauens“ (eine vom amerikanischen Horrorspezialisten S. T. Joshi kommentierte Ausgabe ist kürzlich beim GOLKONDA VERLAG erschienen). Besonderen Gefallen fand Lovecraft an „The King in Yellow“. Einige der enthaltenen Geschichten werden lose durch das namensgebende Theaterstück zusammengehalten. Dies ominöse Buch im Buch war Lovecrafts Inspiration für sein eigenes unheimliches Werk, das berühmte Necronomicon. Lovecraft war gar so frech in einer seiner Geschichten zu behaupten, dass Chambers durch das wirklich existierende Necronomicon zu „The King in Yellow“ inspiriert wurde. Freilich existiert Abdul Alhazreds Werk keineswegs in der Wirklichkeit. Doch gibt es bis heute Fans und Hobby-Okkultisten, die tatsächlich an die Existenz des Buchs der Toten glauben. Sehen wir davon ab, dieses Verhalten genauer analysieren zu wollen.

Trotz seiner offenkundigen Faszination von „The King in Yellow“ bleibt Lovecraft nicht unkritisch. So attestiert er dem Werk eine „schwankende Anziehungskraft“ und einen Hang zur „affektierten Kultivierung der französischen Studioatmosphäre“. Die größte Faszination bewirkte hierbei die Geschichte „Das Gelbe Zeichen“, die HPLs eigener Vorstellung vom kosmischen Schrecken am nächsten kommt.

Lovecrafts Einschätzungen muss ich größtenteils zustimmen. Neben „Das Gelbe Zeichen“ möchte ich noch „Der Wiederhersteller des guten Rufes“ herausheben. Eine sehr eindringliche und verstörende Geschichte mit leichten Steampunk-Aspekten. Die größte Schwäche des Bandes ist die zum Teil in der Tat affektierte Sprache. Ich mag nun nicht beurteilen, inwieweit es da einen Zusammenhang zur „französischen Studioatmosphäre“ gibt. Chambers ist der französischen Literatur offenkundig sehr zugetan. Mir persönlich fehlen die Vergleiche. Lovecraft zieht George du Mauriers „Trilby“ heran, um seinen Standpunkt zu untermauern.

Trotz relativer Unbekanntheit hat Chambers mit „Der König in Gelb“ deutliche Spuren in der Landschaft der phantastischen Literatur hinterlassen. Lovecraft griff ihn auf, wofür er auch für dessen Epigonen interessant wurde. Aber auch Marion Zimmer Bradley hat sich für ihre „Darkover“-Reihe bei „Der König in Gelb“ bedient und mehrere Namen und Motive von Chambers aufgegriffen. Und Alan Moore hat nicht darauf verzichtet, in NEONOMICON auf dieses Werk anzuspielen.

Interessant ist „Der König in Gelb“ vor allem aufgrund seines historischen Kontexts und des dadurch entstanden Einfluss auf die Werke späterer Autoren. Und wer sich auf die zum Teil etwas mühsame Sprache (die von Andreas Diesel übrigens ziemlich gut ins Deutsche übertragen wurde) einlässt, wird mit einem interessanten Werk belohnt. Aber eben auch mit einem Werk, dass dem Leser durchaus abverlangt, sich darauf einzulassen und sich die nötige Zeit zu nehmen.

Zur bisherigen Veröffentlichungsgeschichte: Meines Wissens wurde „The King in Yellow“ bisher zweimal in Deutschland veröffentlicht. Einmal 1984 unter dem Titel „Der Gelbe Tod“ (Luebbe) und vor rund zehn Jahren als achter Band von H. P. LOVECRAFTS BIBLIOTHEK DES SCHRECKENS. Damals waren noch einige Geschichte aus „The Mystery of Choice“ beigefügt, die in der Neuauflage nicht enthalten sein werden. Ein richtige Entscheidung des Herausgebers, die im Vergleich zur damaligen Ausgabe eine nötige Entschlackung darstellt.

Warum nun diese neue Ausgabe? Das lässt sich recht schnell beantworten und zeigt zum Ende ein weiteres mal, dass Chambers einen nicht zu unterschätzenden Einfluss hat. Die Fernsehserie TRUE DETECTIVE (u. a. mit Woody Harrelson) enthält viele Anspielungen auf unheimliche Literatur. Neben Lovecraft und Thomas Ligotti auch auf Chambers' DER KÖNIG IN GELB …

Der Band erscheint voraussichtlich am 18.08.2014 im Paperback und wird 12,80 Euro kosten.

Zitate aus „Die Literatur des Grauens“ entstammen der Ausgabe der EDITION PHANTASIA und wurden von Joachim Körber übersetzt.

1 Kommentar zu “Robert W. Chambers – Der König in Gelb”

  1. Oliver L. sagt:

    Inzwischen erschienen!

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