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Die Antwort mein Freund…

von am 8. Februar 2019

Im Juli 2018, während des letzten Bestell-Marathons der Halbjahres-Novitäten unserer Buchabteilung hatte ich ein paar Fragen gestellt. Ironisch in den weiten Raum hinein – an Verlage – an Buchhändler – an euch, liebe Leser 😉 … Antworten hatte ich natürlich keine erwartet. Diese Erwartung ging voll auf. Zumindest das…

Statt Antworten habe ich jetzt (da ich wieder an der selben Stelle angekommen bin, nämlich bei den Vormerkern für das erste Programm 2019) ein paar neue Fragen:

1. Alternative Fakten – Lügen werden durch Ausrufezeichen auch nicht wahrer

Über schlechte Werbetexte in Verlagsprospekten habe ich mich schon mehr als einmal aufgeregt. Dumme Vergleiche, unpassene Sprüche, sinnlose Zitate. Seit der Regentschaft der Trumpe (Zoppo, ihr erinnert euch?) über die Wirsche (Kalle, klingelt es?) sind offensichtliche Lügen salonfähig geworden. Nicht nur in der Politik, sondern auch im Buchhandel… Statt "Die genialen Cover von Josh Kirby sind uns für die langsam sinkenden Wiederauflagen von Pratchetts Werken leider mitlerweile zu teuer. Deswegen haben wir irgend so einen drittklassigen 3D Artist mit einer neuen Umschlagsgestaltung beauftragt. Sorry" steht da jetzt: "Die Neuausgabe endlich im Taschenbuch!"(1) und: "Die komplette Nomen-Trilogie für nur 12,00 EUR!"(2).

(1) "endlich" impliziert so etwas wie "herbeisehnen" oder "lang erwarten". Wer bitteschön sollte auf diese neue Gestaltung gewartet haben?

(2) Zumal für "nur" 12,00 EUR, wo doch die schöne "alte" Ausgabe für 10,99 EUR lieferbar ist (zum Zeitpunkt der Artikel-Erstellung).

Dabei muss man dem Piper verlag noch zugute halten, dass sie zwar optisch den Random House Quatsch mitmachen, aber wenigstens die gute alte Übersetzung von Andreas Brandhorst beibehalten. Danke dafür.

2. In den Himmel gelobt und dann?

Seit Jahren würde ich mich über eine Werksausgabe von Iain Banks freuen. Vielleicht aufgeteilt in den Kultur-Zyklus und sein sonstiges Werk. Die Voraussetzung ist wirklich gegeben. Die Kulturbände sind alle bei Heyne erschienen und (soweit ich im Kopf habe) vollständig als epub erhältlich. Banks ist ja leider verstorben, also kommt da auch nichts mehr dazu. Seine sonstigen Publikationen sind (auch hier wieder ohne detaillierte Recherche) alle ebenfalls bei der Random House Verlagsgruppe erschienen, sollten als ebenfalls greifbar sein. Falls nicht dann eben nur den Kultur Zyklus. Ist eh sein Opus Magnus. Im neuen Prospekt steht jetzt plakativ: "Einer der größten Science-Fiction-Romane aller Zeiten" und "2008 wurde Iain Banks von der Times in die Liste der einflussreichsten Schriftsteller nach 1945 aufgenommen" oder"Iain Banks gilt als der legitime Nachfolger von Isaak Asimov, Arthur C. Clarke und Robert A. Heinlein". Wow, da kommt jetzt bestimmt so etwas…

Ja, kommt. Und zwar die verkackt nochmal zigste Neuauflage eines der wenigen noch lieferbaren Bücher aus dem Kultur Zyklus. Bedenke Phlebas jetzt mit dem Siegel "Science Fiction Klassiker" gabs gerade erst (und ist noch lieferbar!) in der "50 Jahre Heyne Edition" und vorher in der Reihe "Meisterwerke der Science Fiction". Was anderes fällt euch dazu nicht ein?

Der Kampf mit dem "totalitären System des Jahres 2045" ist natürlich kein SF. Bei einem Verlag, der "Die Zukunft beginnt hier" als SF Label hat…

England in einer fiktiven Zukunft ist keine Phantastik. Das Label Hobbit Presse war auch schon konsistenter.

3. Versteckspiel

Immerhin – zumindest bei drei bis vier wichtigen Verlagen gibt es eigene Prospekte für Phantastik oder zumindest eigene Rubriken im Gesamtkatalog. Da kann dann der klassische Buchhändler diesen Schund einfacher aussortieren. Und mir fällt die Bestellung leichter. Ich kann mich nämlich aufs wesentliche konzentrieren und muss mich nicht durch hunderte (für unser Sortiment) irrelevanter Seiten quälen. Der Haken ist, dass trotz der Trennung dann doch wieder relevante Titel in den allgemeinen Katalogen versteckt sind. Ja, ich weiß. Thriller oder Belletristik oder Literatur verkauft sich im "normalen" Buchhandel halt besser. Aber verdammt nochmal deswegen bleibt es trotzdem Science Fiction oder Phantastik. Egal unter welchem Label ihr es einsortiert. Kazuo Ishiguro (2017), Doris Lessing (2007) oder William Golding (1983) sind mit dem Literatur Nobelpreis geehrt worden. Margaret Atwood oder Ursula K. Le Guin gehören zu den großen Damen der Weltliteratur. Und was sind wichtige Werke von ihnen? Phantastische Literatur. Kein Schund. Kein trivialer Mist. Science Fiction oder phantastische Literatur gehört zur Literatur. Natürlich ist nicht alles gut und wertvoll aber es ist eben auch kein Ausschlusskriterium. Also bitte. Versteckt weder das eine vor den anderen, noch das andere vor meinen Augen. Ich bin durchaus in der Lage mehr als nur Sprechblasen und Filmromane zu ertragen.

Könnt ihr nicht einfach wenigstens in "unseren" Katalogteil den Rest auch noch mit hinein nehmen? Ich will nicht durch das komplette schwedische Möbelhaus gehen müssen um Billy oder Ivar zu finden. Wenn ihr schon dem Rest der Welt die Phantastik vorenthalten wollt, macht es uns nicht schwerer als nötig. Bitte…

4. Schöne Neue Welt – aber was mach ich dann damit?

Der Gerd war voller Hoffnung und guter Laune… Das Zauberwort heißt Digitalisierung. Wir versuchen ja seit einer Ewigkeit im Buchhandel sinnvolle Lösungen mit importierbaren und austauschbaren Datensätzen zu finden.

Seit ein paar Jahren gibt es jetzt mit VLBtix eine digitale Plattform, die wir Buchhändler nutzen sollen (!) um unsere Halbjahres Vormerkungen zu machen. Das System soll die alten, gedruckten Halbjahresprospekte ersetzen. Was absolut sinnvoll und lobenswert ist. Denn dieser Papier- und Transportwahnsinn ist ökologisch und ökonomisch absolut obsolet. Außerdem könnte man ja auf diesem Wege meinem Traum näherkommen, unsere Datensätze nicht jedes mal aufs Neue mit der Hand eingeben zu müssen.

Sieht alles erstmal ganz gut aus. Gut die Datensätze sind ohne Bearbeitung nicht verwertbar, aber immerhin. Die Eingabe dauert auch nicht länger, als früher. Ein bisschen komisch ist es schon, dass ich jetzt hier mit den analogen Katalogen sitze (die sind nämlich wesentlich übersichtlicher) und meine Mengen in die digitalen Kataloge eingebe. Dann die Dispoliste in den Warenkorb gewandelt und… abschicken. Keine Fehlermeldung, scheint zu klappen…

Leider NICHT! Auf diese Weise verschwindet unsere Bestellung nämlich im Nirwana, wie mir die freundliche Dame an der Hotline erklärt. Wenn ich nicht über das passende Warenwirtschaftssystem verfüge, geht das selbstverständlich (!?) nicht so einfach. Da muss ich die Daten erst exportieren und dann an meinen Vertreter schicken. Wie früher.

BITTE? Ich glaubs einfach nicht. Nicht nur, dass das System so etwas nicht kann, sondern vor allem, dass es keinen Fehler ausgibt (!). Ich als Nutzer denke natürlich, alles ist perfekt. Meine Bestellung wird an die jeweils zuständige Stelle weitergegeben. Schließlich habe ich ja unsere Daten eingegeben. Die Vertreter wird das Ding dann schon selbst über die PLZ zuordnen, bzw die Bestellmengen eben an die jeweiligen Auslieferungen schicken. Vertreter brauche ich eh nicht. Kommt nie vorbei und hat eh keinen Plan von unserem Sortiment. War früher auch anders…

Jedenfalls hätte ich bis zum Sankt Nimmerleinstag gewartet, wenn wir uns nicht zufällig telefonisch bei der Hotline gemeldet hätten. Warum können in unserer digitalen Welt eigentlich immer nur die üblichen Verdächtigen solche Abläufe richtig machen. Ich könnt heulen.

  • Kategorie: Bücher , Tipps
  • Kommentare deaktiviert für Die Antwort mein Freund…

von am 8. Februar 2019

Im Juli 2018, während des letzten Bestell-Marathons der Halbjahres-Novitäten unserer Buchabteilung hatte ich ein paar Fragen gestellt. Ironisch in den weiten Raum hinein – an Verlage – an Buchhändler – an euch, liebe Leser 😉 … Antworten hatte ich natürlich keine erwartet. Diese Erwartung ging voll auf. Zumindest das…

Statt Antworten habe ich jetzt (da ich wieder an der selben Stelle angekommen bin, nämlich bei den Vormerkern für das erste Programm 2019) ein paar neue Fragen:

1. Alternative Fakten – Lügen werden durch Ausrufezeichen auch nicht wahrer

Über schlechte Werbetexte in Verlagsprospekten habe ich mich schon mehr als einmal aufgeregt. Dumme Vergleiche, unpassene Sprüche, sinnlose Zitate. Seit der Regentschaft der Trumpe (Zoppo, ihr erinnert euch?) über die Wirsche (Kalle, klingelt es?) sind offensichtliche Lügen salonfähig geworden. Nicht nur in der Politik, sondern auch im Buchhandel… Statt "Die genialen Cover von Josh Kirby sind uns für die langsam sinkenden Wiederauflagen von Pratchetts Werken leider mitlerweile zu teuer. Deswegen haben wir irgend so einen drittklassigen 3D Artist mit einer neuen Umschlagsgestaltung beauftragt. Sorry" steht da jetzt: "Die Neuausgabe endlich im Taschenbuch!"(1) und: "Die komplette Nomen-Trilogie für nur 12,00 EUR!"(2).

(1) "endlich" impliziert so etwas wie "herbeisehnen" oder "lang erwarten". Wer bitteschön sollte auf diese neue Gestaltung gewartet haben?

(2) Zumal für "nur" 12,00 EUR, wo doch die schöne "alte" Ausgabe für 10,99 EUR lieferbar ist (zum Zeitpunkt der Artikel-Erstellung).

Dabei muss man dem Piper verlag noch zugute halten, dass sie zwar optisch den Random House Quatsch mitmachen, aber wenigstens die gute alte Übersetzung von Andreas Brandhorst beibehalten. Danke dafür.

2. In den Himmel gelobt und dann?

Seit Jahren würde ich mich über eine Werksausgabe von Iain Banks freuen. Vielleicht aufgeteilt in den Kultur-Zyklus und sein sonstiges Werk. Die Voraussetzung ist wirklich gegeben. Die Kulturbände sind alle bei Heyne erschienen und (soweit ich im Kopf habe) vollständig als epub erhältlich. Banks ist ja leider verstorben, also kommt da auch nichts mehr dazu. Seine sonstigen Publikationen sind (auch hier wieder ohne detaillierte Recherche) alle ebenfalls bei der Random House Verlagsgruppe erschienen, sollten als ebenfalls greifbar sein. Falls nicht dann eben nur den Kultur Zyklus. Ist eh sein Opus Magnus. Im neuen Prospekt steht jetzt plakativ: "Einer der größten Science-Fiction-Romane aller Zeiten" und "2008 wurde Iain Banks von der Times in die Liste der einflussreichsten Schriftsteller nach 1945 aufgenommen" oder"Iain Banks gilt als der legitime Nachfolger von Isaak Asimov, Arthur C. Clarke und Robert A. Heinlein". Wow, da kommt jetzt bestimmt so etwas…

Ja, kommt. Und zwar die verkackt nochmal zigste Neuauflage eines der wenigen noch lieferbaren Bücher aus dem Kultur Zyklus. Bedenke Phlebas jetzt mit dem Siegel "Science Fiction Klassiker" gabs gerade erst (und ist noch lieferbar!) in der "50 Jahre Heyne Edition" und vorher in der Reihe "Meisterwerke der Science Fiction". Was anderes fällt euch dazu nicht ein?

Der Kampf mit dem "totalitären System des Jahres 2045" ist natürlich kein SF. Bei einem Verlag, der "Die Zukunft beginnt hier" als SF Label hat…

England in einer fiktiven Zukunft ist keine Phantastik. Das Label Hobbit Presse war auch schon konsistenter.

3. Versteckspiel

Immerhin – zumindest bei drei bis vier wichtigen Verlagen gibt es eigene Prospekte für Phantastik oder zumindest eigene Rubriken im Gesamtkatalog. Da kann dann der klassische Buchhändler diesen Schund einfacher aussortieren. Und mir fällt die Bestellung leichter. Ich kann mich nämlich aufs wesentliche konzentrieren und muss mich nicht durch hunderte (für unser Sortiment) irrelevanter Seiten quälen. Der Haken ist, dass trotz der Trennung dann doch wieder relevante Titel in den allgemeinen Katalogen versteckt sind. Ja, ich weiß. Thriller oder Belletristik oder Literatur verkauft sich im "normalen" Buchhandel halt besser. Aber verdammt nochmal deswegen bleibt es trotzdem Science Fiction oder Phantastik. Egal unter welchem Label ihr es einsortiert. Kazuo Ishiguro (2017), Doris Lessing (2007) oder William Golding (1983) sind mit dem Literatur Nobelpreis geehrt worden. Margaret Atwood oder Ursula K. Le Guin gehören zu den großen Damen der Weltliteratur. Und was sind wichtige Werke von ihnen? Phantastische Literatur. Kein Schund. Kein trivialer Mist. Science Fiction oder phantastische Literatur gehört zur Literatur. Natürlich ist nicht alles gut und wertvoll aber es ist eben auch kein Ausschlusskriterium. Also bitte. Versteckt weder das eine vor den anderen, noch das andere vor meinen Augen. Ich bin durchaus in der Lage mehr als nur Sprechblasen und Filmromane zu ertragen.

Könnt ihr nicht einfach wenigstens in "unseren" Katalogteil den Rest auch noch mit hinein nehmen? Ich will nicht durch das komplette schwedische Möbelhaus gehen müssen um Billy oder Ivar zu finden. Wenn ihr schon dem Rest der Welt die Phantastik vorenthalten wollt, macht es uns nicht schwerer als nötig. Bitte…

4. Schöne Neue Welt – aber was mach ich dann damit?

Der Gerd war voller Hoffnung und guter Laune… Das Zauberwort heißt Digitalisierung. Wir versuchen ja seit einer Ewigkeit im Buchhandel sinnvolle Lösungen mit importierbaren und austauschbaren Datensätzen zu finden.

Seit ein paar Jahren gibt es jetzt mit VLBtix eine digitale Plattform, die wir Buchhändler nutzen sollen (!) um unsere Halbjahres Vormerkungen zu machen. Das System soll die alten, gedruckten Halbjahresprospekte ersetzen. Was absolut sinnvoll und lobenswert ist. Denn dieser Papier- und Transportwahnsinn ist ökologisch und ökonomisch absolut obsolet. Außerdem könnte man ja auf diesem Wege meinem Traum näherkommen, unsere Datensätze nicht jedes mal aufs Neue mit der Hand eingeben zu müssen.

Sieht alles erstmal ganz gut aus. Gut die Datensätze sind ohne Bearbeitung nicht verwertbar, aber immerhin. Die Eingabe dauert auch nicht länger, als früher. Ein bisschen komisch ist es schon, dass ich jetzt hier mit den analogen Katalogen sitze (die sind nämlich wesentlich übersichtlicher) und meine Mengen in die digitalen Kataloge eingebe. Dann die Dispoliste in den Warenkorb gewandelt und… abschicken. Keine Fehlermeldung, scheint zu klappen…

Leider NICHT! Auf diese Weise verschwindet unsere Bestellung nämlich im Nirwana, wie mir die freundliche Dame an der Hotline erklärt. Wenn ich nicht über das passende Warenwirtschaftssystem verfüge, geht das selbstverständlich (!?) nicht so einfach. Da muss ich die Daten erst exportieren und dann an meinen Vertreter schicken. Wie früher.

BITTE? Ich glaubs einfach nicht. Nicht nur, dass das System so etwas nicht kann, sondern vor allem, dass es keinen Fehler ausgibt (!). Ich als Nutzer denke natürlich, alles ist perfekt. Meine Bestellung wird an die jeweils zuständige Stelle weitergegeben. Schließlich habe ich ja unsere Daten eingegeben. Die Vertreter wird das Ding dann schon selbst über die PLZ zuordnen, bzw die Bestellmengen eben an die jeweiligen Auslieferungen schicken. Vertreter brauche ich eh nicht. Kommt nie vorbei und hat eh keinen Plan von unserem Sortiment. War früher auch anders…

Jedenfalls hätte ich bis zum Sankt Nimmerleinstag gewartet, wenn wir uns nicht zufällig telefonisch bei der Hotline gemeldet hätten. Warum können in unserer digitalen Welt eigentlich immer nur die üblichen Verdächtigen solche Abläufe richtig machen. Ich könnt heulen.

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