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Wunschzettel Manga – ernsthaft – nachdenklich – hart

von am 11. Dezember 2016

Manga sind bei meinen Rezis und Tipps immer ein wenig stiefmütterlich vertreten. Das liegt zum Teil daran, dass ich einfach zu viele andere Schwerpunkte habe, zum Teil aber auch daran, dass ich für genau die Manga, die sich wirklich gut verkaufen meistens zu alt bin oder das falsche Geschlecht habe ;-). Was aber nicht heißt, dass ich keine Manga lese. Im Gegenteil. Es gibt etliche Serien und Einzelbände, die mir wirklich am Herzen liegen. Ein paar wenige Tipps von meiner Seite gab es schon. Zum Beispiel über den sensationellen Einzelband "Dark Hideout" oder über die mittlerweile abgeschlossene, achtbändige Serie "Lindbergh".

Anfangen möchte ich die heutigen Tipps mit einem ganz besonderen Künstler: Jiro Taniguchi. Der Mangaka ist für mich eine Art Bindeglied zwischen den Welten. Taniguchi hat viel Zeit in Frankreich verbracht. Von dort hat er nicht nur Inspirationen mitgenommen, es ist auch zu einer engen Zusammenarbeit mit dem Meister selbst 😉 nämlich Moebius gekommen. Deswegen hier für alle Manga-Zweifler drei Tipps.

ikarus

Taniguchi / Moebius – Ikarus

Bereits Ende der 90er entstand das Werk Ikarus, nach einem Szenario des Meisters Moebius. Die deutsche Fassung erschien erst in diesem Jahr bei Schreiber & Leser und enthält, zusätzlich zu den gut 280 Seiten Comic, ein Interview mit Moebius, das unbedingt lesenswert ist und ein wenig über die fragmentarisch kurzgeschichtenhafte Erzählweise des Comics aufklärt. Trotz der fast 300 Seiten ist das Werk extrem gekürzt. Ursprünglich war das Szenario für eine epische Serie mit tausenden Seiten gedacht. Die vorliegende, kondensierte Version, ist das Ergebnis der Intervention des Originalverlages, dem die potentiellen Verkaufszahlen eines so gewaltigen Projektes wohl nicht ausreichten.

Ikarus ist trotzdem ein geniales Werk. Taniguchi versteht es die Essenz der Idee in Szene zu setzen und vielleicht tut das offene Ende und die vermeintlichen Lücken der Geschichte sogar gut. Es bleibt genug Spielraum für Interpretation und die eigene Phantasie.

Wenn ihr das Comic "frei" genießen wollt, lest das Interview erst im Anschluss – wollt ihr dagegen mehr von der ursprünglichen Intension beeinflusst sein, macht es genau umgekehrt. Egal wie: auf jeden Fall lesen ;-).

Ikarus, 2016, Schreiber & Leser

sky hawk

Manga als Western – Sky Hawk

Dem Einfluss von Moebius ist auch das zweite hier vorgestellte Manga zu verdanken. Taniguchi lässt sich nicht nur von Moebius' Werk beeinflussen, sondern auch von seinen als Jean Giraud veröffentlichten Blueberrys. Mit Sky Hawk verschafft sich dieser Einfluss künstlerische Luft. Sky Hawk sei all jenen empfohlen, die sich auf sanfte Art der Manga-Szene nähern wollen. Auch hier ist der französische Einfluss mehr als spürbar. Trotzdem ist Sky Hawk ein autarkes Werk, das mit bekannten Westernmotiven arbeitet, in dem aber Japanische Auswanderer die zentralen Figuren sind.

Auch hier gibt es wieder ein erklärendes Vorwort von Moebius und – diesmal ein höchst interessantes Nachwort des Meisters Taniguchi selbst, über die Einflüsse und Einsichten ins Genre, die er von altbekannten Serien wie besagtem Blueberry, aber auch Mac Coy oder Comanche ableitet.

Sky Hawk, 2010, Schreiber & Leser

vertraute fremde

Vertraute Fremde – In Japan und in den schweizer Alpen

Eines seiner besten Werke. Zutiefst berührend und unglaublich einfühlsam erzählt. "Vertraute Fremde" beschäftigt sich mit einem Thema, das wohl jeder mehr oder weniger gut kennt. Was wäre geschehen, wenn damals…

Im Manga "Vertraute Fremde" kehrt der Held in einer Art Zeitreise in die eigene Vergangenheit zurück. Mit all seinem Wissen und Erfahrungen des hier und heute. Er begibt sich auf die Suche nach Ursachen und Hintergründen und natürlich stellt sich die Frage, kann er etwas verändern – ungeschehen machen…

Vertraute Fremde ist sicher eher für ein etwas älteres Publikum geschrieben, ich denke aber auch als junger Mensch kennt man das Gefühl, etwas zurückdrehen zu wollen… Ein Manga für das man sich Zeit nehmen muss, das einem aber auch sehr viel zurückgibt.

Warum jetzt in der Schweiz? Es gibt eine sehr gute Verfilmung von Sam Garbarski, die den Ort der Geschichte kurzerhand von Japan in die Alpen versetzt, ohne dabei etwas von der Tiefe der nachdenklichen Geschichte zu verlieren.

Vertraute Fremde, 2007, Carlsen

Sollte ich es geschafft haben, euch von Taniguchi zu überzeugen, im besten Fall natürlich Comicfans, die sich bisher dem Manga verweigert haben 😉 , dann könnt ihr getrost weiterlesen. Ich habe (fast) alle Bücher des Mangaka verschlungen…

Als zweites möchte ich euch ein paar Serien vorstellen, die ich für herausragend gut halte. Alles eher erwachsen und teilweise ganz schön nervenkitzelnd ;-). Gute Artwork gepaart mit cooler Story. Soviel gilt für alle drei:

i am a hero

I am a Hero – Zombieapokalypse auf japanisch

Die Serie von Kengo Hanazawa erzählt eine Zombieapokalypse. Klar, bei dem anhaltenden Boom musste das ja sein. Walking Dead zieht so seine Kreise…

Nein. Ganz anders. I am a Hero eröffnet neue Perspektiven. Wirklich. Dass Hideo Suzuki selbst schon ein atypischer Held ist, wird auf den ersten Seiten klar. Suzuki ist selbst Mangaka und ein echter Antiheld. Wunderlich, wenn nicht sogar ein bisschen wahnsinnig, völlig unzufrieden mit seinem Leben, würde er auch ohne menschenfressende Infizierte schon eine eigene Geschichte abgeben. Das gleiche gilt für alle weiteren Hauptcharaktere. Unglaublich plakative und zugleich vielschichtige Charaktere.

Kengo Hanazawa schockiert den Leser immer wieder durch die Vermengung des alltäglichen Wahnsinns und der apokalyptischen Situation. Allein die irre Spielerei mit typisch japanischen Zwängen und Konventionen wird zu einer skurrilen Farce. Menschen, die sich immer korrekt verhalten sind einfach nicht die geborenen Überlebenden…

I am a Hero wartet im weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder mit unglaublichen Wendungen und Entwicklungen auf, die Serie wird nie langweilig, bleibt stets erfrischend anders und konzentriert sich dabei auf eine derartig ungewohnte Sicht, dass ich einfach süchtig bin. Für mich eindeutig viel interessanter und abwechslungsreicher, als die wohlgemerkt auch sehr coole Walking Dead Comicreihe.

I am a Hero, seit 2012, Carlsen Manga

homanx

Ikigami – der Todesbote

Motorō Mase beschreibt ein Japan in einer dystopischen Zukunft. Kengo Fujimoto ist ein staatlicher Todesbote. Seine Aufgabe ist das Überbringen der Nachricht des baldigen Todes, der zufällig ausgewählt und bis kurz vorher nur kryptisch in Überwachungscomputern gespeichert, jeden Tausendsten Bürger im Alter von 18 bis 20 treffen kann.

Das dieser willkürlichen Tötung zugrundeliegende Gesetz ist ein Druckmittel der totalitären Regierung, mit dem die Produktivität gefördert werden soll. Wie genau bleibt ebenso kryptisch wie die Namen der Betroffenen. Jedenfalls mir. Ist aber wurscht, denn darum geht es nicht. Das Interessante sind die subjektiven Reaktionen der unterschiedlichen Opfer auf die Nachricht und deren Wirkung auf den Ikigami. Stellen wir den Hintergrund einfach als Gedankenexperiment hin. Wirklich spannend ist das, was passiert, nicht die Voraussetzung. Und das hat mich absolut bei der Stange gehalten. Der Hintergrund passt für mich ins Schema der klassischen SF Kurzgeschichte, in der auch nicht immer alles zu 100% schlüssig ist. Zählen tut das, was passiert und was die Fantasie des Lesers daraus spinnt.

Spannende 10 Bände mit erschreckenden Einblicken in psychische und physische Abgründe einer gedachten Welt. Tolles Science Fiction Lesefutter…

Ikigame – der Todesbote, 10 Bände, 2012-2015, Carlsen Manga

Yorukumo

Yorukumo – Dystopische Märchenwelt?

Yorukumo von Michi Urushihara lebt in erster Linie von den melancholisch-düsteren Bildern. Die Welt zwischen Märchenreich und Science Fiction Antiutopie, besteht aus drei Teilen. Der Stadt, Residenz der Reichen und Mächtigen, den Feldern, dem Lebensraum der "normalen Menschen" und dem Wald, mit den engen Gassen, den kleinen, dicht gedrängten Hütten der Außenseiter, Diebe und Meuchler. Kiyoko, ein Mädchen aus den Feldern, wagt sich immer wieder in die Niederungen des Waldes um dort billig (und illegal) an Rohstoffe für ihr kleines Restaurant zu kommen. Dort trifft sie auch Yorukumo, den Riesen…

Die krassen Gegensätze und die langsame Enthüllung der Hintergründe und Zusammenhänge sind dichtes Garn, das sich durch die fünfbändige Reihe zieht. Die verrückten Bewohner dieses Konstruktes und ihre Einzelschicksale verbinden sich nach und nach zu einem Ganzen.

Bildgewaltig inszeniert, mit viel Spielraum für zusätzliches Kopfkino. Leider an manchen Stellen etwas holprig in Deutsche übertragen. Trotzdem bis zur letzten Seite skurril, interessant und spannend.

Yorukumo, 5 Bände, 2014-2015, Ehapa Manga

Die Manga-Tipps von mir sind vor allem dazu gedacht, auch mal Leser klassischer Comics zu animieren, ein Manga in die Hand zu nehmen. Deswegen noch der Hinweis: Taniguchi liest sich "normal", also in gewohnter Leserichtung. Bei den drei Serien müsst ihr euch ein paar Seiten umgewöhnen. Von "hinten" nach "vorn" und von rechts nach links. geht aber schneller, als ihr denkt 😉 …

von am 11. Dezember 2016

Manga sind bei meinen Rezis und Tipps immer ein wenig stiefmütterlich vertreten. Das liegt zum Teil daran, dass ich einfach zu viele andere Schwerpunkte habe, zum Teil aber auch daran, dass ich für genau die Manga, die sich wirklich gut verkaufen meistens zu alt bin oder das falsche Geschlecht habe ;-). Was aber nicht heißt, dass ich keine Manga lese. Im Gegenteil. Es gibt etliche Serien und Einzelbände, die mir wirklich am Herzen liegen. Ein paar wenige Tipps von meiner Seite gab es schon. Zum Beispiel über den sensationellen Einzelband "Dark Hideout" oder über die mittlerweile abgeschlossene, achtbändige Serie "Lindbergh".

Anfangen möchte ich die heutigen Tipps mit einem ganz besonderen Künstler: Jiro Taniguchi. Der Mangaka ist für mich eine Art Bindeglied zwischen den Welten. Taniguchi hat viel Zeit in Frankreich verbracht. Von dort hat er nicht nur Inspirationen mitgenommen, es ist auch zu einer engen Zusammenarbeit mit dem Meister selbst 😉 nämlich Moebius gekommen. Deswegen hier für alle Manga-Zweifler drei Tipps.

ikarus

Taniguchi / Moebius – Ikarus

Bereits Ende der 90er entstand das Werk Ikarus, nach einem Szenario des Meisters Moebius. Die deutsche Fassung erschien erst in diesem Jahr bei Schreiber & Leser und enthält, zusätzlich zu den gut 280 Seiten Comic, ein Interview mit Moebius, das unbedingt lesenswert ist und ein wenig über die fragmentarisch kurzgeschichtenhafte Erzählweise des Comics aufklärt. Trotz der fast 300 Seiten ist das Werk extrem gekürzt. Ursprünglich war das Szenario für eine epische Serie mit tausenden Seiten gedacht. Die vorliegende, kondensierte Version, ist das Ergebnis der Intervention des Originalverlages, dem die potentiellen Verkaufszahlen eines so gewaltigen Projektes wohl nicht ausreichten.

Ikarus ist trotzdem ein geniales Werk. Taniguchi versteht es die Essenz der Idee in Szene zu setzen und vielleicht tut das offene Ende und die vermeintlichen Lücken der Geschichte sogar gut. Es bleibt genug Spielraum für Interpretation und die eigene Phantasie.

Wenn ihr das Comic "frei" genießen wollt, lest das Interview erst im Anschluss – wollt ihr dagegen mehr von der ursprünglichen Intension beeinflusst sein, macht es genau umgekehrt. Egal wie: auf jeden Fall lesen ;-).

Ikarus, 2016, Schreiber & Leser

sky hawk

Manga als Western – Sky Hawk

Dem Einfluss von Moebius ist auch das zweite hier vorgestellte Manga zu verdanken. Taniguchi lässt sich nicht nur von Moebius' Werk beeinflussen, sondern auch von seinen als Jean Giraud veröffentlichten Blueberrys. Mit Sky Hawk verschafft sich dieser Einfluss künstlerische Luft. Sky Hawk sei all jenen empfohlen, die sich auf sanfte Art der Manga-Szene nähern wollen. Auch hier ist der französische Einfluss mehr als spürbar. Trotzdem ist Sky Hawk ein autarkes Werk, das mit bekannten Westernmotiven arbeitet, in dem aber Japanische Auswanderer die zentralen Figuren sind.

Auch hier gibt es wieder ein erklärendes Vorwort von Moebius und – diesmal ein höchst interessantes Nachwort des Meisters Taniguchi selbst, über die Einflüsse und Einsichten ins Genre, die er von altbekannten Serien wie besagtem Blueberry, aber auch Mac Coy oder Comanche ableitet.

Sky Hawk, 2010, Schreiber & Leser

vertraute fremde

Vertraute Fremde – In Japan und in den schweizer Alpen

Eines seiner besten Werke. Zutiefst berührend und unglaublich einfühlsam erzählt. "Vertraute Fremde" beschäftigt sich mit einem Thema, das wohl jeder mehr oder weniger gut kennt. Was wäre geschehen, wenn damals…

Im Manga "Vertraute Fremde" kehrt der Held in einer Art Zeitreise in die eigene Vergangenheit zurück. Mit all seinem Wissen und Erfahrungen des hier und heute. Er begibt sich auf die Suche nach Ursachen und Hintergründen und natürlich stellt sich die Frage, kann er etwas verändern – ungeschehen machen…

Vertraute Fremde ist sicher eher für ein etwas älteres Publikum geschrieben, ich denke aber auch als junger Mensch kennt man das Gefühl, etwas zurückdrehen zu wollen… Ein Manga für das man sich Zeit nehmen muss, das einem aber auch sehr viel zurückgibt.

Warum jetzt in der Schweiz? Es gibt eine sehr gute Verfilmung von Sam Garbarski, die den Ort der Geschichte kurzerhand von Japan in die Alpen versetzt, ohne dabei etwas von der Tiefe der nachdenklichen Geschichte zu verlieren.

Vertraute Fremde, 2007, Carlsen

Sollte ich es geschafft haben, euch von Taniguchi zu überzeugen, im besten Fall natürlich Comicfans, die sich bisher dem Manga verweigert haben 😉 , dann könnt ihr getrost weiterlesen. Ich habe (fast) alle Bücher des Mangaka verschlungen…

Als zweites möchte ich euch ein paar Serien vorstellen, die ich für herausragend gut halte. Alles eher erwachsen und teilweise ganz schön nervenkitzelnd ;-). Gute Artwork gepaart mit cooler Story. Soviel gilt für alle drei:

i am a hero

I am a Hero – Zombieapokalypse auf japanisch

Die Serie von Kengo Hanazawa erzählt eine Zombieapokalypse. Klar, bei dem anhaltenden Boom musste das ja sein. Walking Dead zieht so seine Kreise…

Nein. Ganz anders. I am a Hero eröffnet neue Perspektiven. Wirklich. Dass Hideo Suzuki selbst schon ein atypischer Held ist, wird auf den ersten Seiten klar. Suzuki ist selbst Mangaka und ein echter Antiheld. Wunderlich, wenn nicht sogar ein bisschen wahnsinnig, völlig unzufrieden mit seinem Leben, würde er auch ohne menschenfressende Infizierte schon eine eigene Geschichte abgeben. Das gleiche gilt für alle weiteren Hauptcharaktere. Unglaublich plakative und zugleich vielschichtige Charaktere.

Kengo Hanazawa schockiert den Leser immer wieder durch die Vermengung des alltäglichen Wahnsinns und der apokalyptischen Situation. Allein die irre Spielerei mit typisch japanischen Zwängen und Konventionen wird zu einer skurrilen Farce. Menschen, die sich immer korrekt verhalten sind einfach nicht die geborenen Überlebenden…

I am a Hero wartet im weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder mit unglaublichen Wendungen und Entwicklungen auf, die Serie wird nie langweilig, bleibt stets erfrischend anders und konzentriert sich dabei auf eine derartig ungewohnte Sicht, dass ich einfach süchtig bin. Für mich eindeutig viel interessanter und abwechslungsreicher, als die wohlgemerkt auch sehr coole Walking Dead Comicreihe.

I am a Hero, seit 2012, Carlsen Manga

homanx

Ikigami – der Todesbote

Motorō Mase beschreibt ein Japan in einer dystopischen Zukunft. Kengo Fujimoto ist ein staatlicher Todesbote. Seine Aufgabe ist das Überbringen der Nachricht des baldigen Todes, der zufällig ausgewählt und bis kurz vorher nur kryptisch in Überwachungscomputern gespeichert, jeden Tausendsten Bürger im Alter von 18 bis 20 treffen kann.

Das dieser willkürlichen Tötung zugrundeliegende Gesetz ist ein Druckmittel der totalitären Regierung, mit dem die Produktivität gefördert werden soll. Wie genau bleibt ebenso kryptisch wie die Namen der Betroffenen. Jedenfalls mir. Ist aber wurscht, denn darum geht es nicht. Das Interessante sind die subjektiven Reaktionen der unterschiedlichen Opfer auf die Nachricht und deren Wirkung auf den Ikigami. Stellen wir den Hintergrund einfach als Gedankenexperiment hin. Wirklich spannend ist das, was passiert, nicht die Voraussetzung. Und das hat mich absolut bei der Stange gehalten. Der Hintergrund passt für mich ins Schema der klassischen SF Kurzgeschichte, in der auch nicht immer alles zu 100% schlüssig ist. Zählen tut das, was passiert und was die Fantasie des Lesers daraus spinnt.

Spannende 10 Bände mit erschreckenden Einblicken in psychische und physische Abgründe einer gedachten Welt. Tolles Science Fiction Lesefutter…

Ikigame – der Todesbote, 10 Bände, 2012-2015, Carlsen Manga

Yorukumo

Yorukumo – Dystopische Märchenwelt?

Yorukumo von Michi Urushihara lebt in erster Linie von den melancholisch-düsteren Bildern. Die Welt zwischen Märchenreich und Science Fiction Antiutopie, besteht aus drei Teilen. Der Stadt, Residenz der Reichen und Mächtigen, den Feldern, dem Lebensraum der "normalen Menschen" und dem Wald, mit den engen Gassen, den kleinen, dicht gedrängten Hütten der Außenseiter, Diebe und Meuchler. Kiyoko, ein Mädchen aus den Feldern, wagt sich immer wieder in die Niederungen des Waldes um dort billig (und illegal) an Rohstoffe für ihr kleines Restaurant zu kommen. Dort trifft sie auch Yorukumo, den Riesen…

Die krassen Gegensätze und die langsame Enthüllung der Hintergründe und Zusammenhänge sind dichtes Garn, das sich durch die fünfbändige Reihe zieht. Die verrückten Bewohner dieses Konstruktes und ihre Einzelschicksale verbinden sich nach und nach zu einem Ganzen.

Bildgewaltig inszeniert, mit viel Spielraum für zusätzliches Kopfkino. Leider an manchen Stellen etwas holprig in Deutsche übertragen. Trotzdem bis zur letzten Seite skurril, interessant und spannend.

Yorukumo, 5 Bände, 2014-2015, Ehapa Manga

Die Manga-Tipps von mir sind vor allem dazu gedacht, auch mal Leser klassischer Comics zu animieren, ein Manga in die Hand zu nehmen. Deswegen noch der Hinweis: Taniguchi liest sich "normal", also in gewohnter Leserichtung. Bei den drei Serien müsst ihr euch ein paar Seiten umgewöhnen. Von "hinten" nach "vorn" und von rechts nach links. geht aber schneller, als ihr denkt 😉 …

1 Kommentar zu “Wunschzettel Manga – ernsthaft – nachdenklich – hart”

  1. Oliver L. sagt:

    Kann ich bestätigen, die Leserichtung hat man schnell raus.

    Taniguchi ist im Übrigen so eine Art Ehreneuropäer. Ganz unabhängig von einer Zusammenarbeit mit Moebius, von dem er stark beeinflusst wurde, ist er also für Freunde frankobelgischer Comics immer einen Blick wert.

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