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Bin ich selbst eine KI?

von am 27. November 2024

Gedanken zur Verwendung „künstlicher“ Intelligenz für Buchbesprechungen

von

Horst Illmer

Wie war das damals in der Schule? Entweder gehörte man zu den Abschreibern oder zu denen deren Arbeit abgeschrieben wurde. War ganz normal, oder? Warum denn lernen, wenn der andere Depp das für einen tut?

Wie war das im Betrieb? Wenn man sich wochenlang Gedanken gemacht hatte, den Ablauf zu optimieren, dann den Verbesserungsvorschlag einreichte, der prompt abgelehnt wurde? Und dann kam ein paar Wochen später ein Vorgesetzter und gab Anweisung, dass die Abläufe so zu verändern seien wie man sich das mühevoll überlegt hatte. War schon weniger schön, aber auch normal.

Wie war das mit der Kreativität? Man lernt lesen und schreiben, hat Ideen, wie man über das Gelesene schreiben könnte, macht erste Versuche, hat erste Erfolge, wird sicherer (und meist auch besser) in seinen Formulierungen und Wertungen und hält sich irgendwann für einen geschätzten Mitarbeiter, der mit seinen Buchbesprechungen Menschen dazu anregt, Bücher nicht nur zu lesen, sondern auch käuflich zu erwerben. Und dann kommt der Betreiber der Internetseite für die man sich all die Mühe macht und veröffentlicht (erst mal natürlich nur „versuchsweise“) Buchbesprechungen, die von einer sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ „geschrieben“ wurden. Ist inzwischen vielleicht nicht nur normal, sondern sogar egal – fühlt sich aber an wie eine schallende Ohrfeige!

Natürlich kann ich bei diesen Dingen, die ja zuerst einmal emotional sind, nur für mich sprechen. Was die Kolleginnen und Kollegen darüber denken, sollen/werden sie selbst sagen. Aber die Sache beschäftigt mich jetzt schon ein paar Wochen und meine Seelenruhe finde ich am ehesten wieder, wenn ich das Thema „abarbeite“.

Warum geht mir das Ganze so an die Nieren? Immerhin sind die KI-erzeugten Texte so grottenschlecht, dass sie meinen Status als „Kritiker“ nicht erschüttern. Momentan jedenfalls. Genau hier beginnt die Sache unangenehm zu werden.

Wer sich in den letzten Jahren, Monaten, Wochen oder Tagen informiert gehalten hat, wird immer häufiger das Schlagwort von der „Künstlichen Intelligenz“ (inzwischen oftmals im Zusammenhang mit „ChatGPT“) gelesen oder gehört haben. Was dahinter steckt, entzieht sich für den Großteil der Menschheit einer genaueren Kenntnis. Nur noch ganz, ganz wenige Spezialisten blicken da durch. Was jedoch bekannt ist: Es ist gar keine „Intelligenz“ um die es da geht – jedenfalls nicht im hier betrachteten Sinne einer „kreativen“ Leistung – sondern eine Maschine, die ungeheuer schnell ungeheuer viel Text aus dem Internet „schöpft“ und daraus vermittels Rechenoperationen „neue“ Texte erstellt.

Oder wie es Die Prinzen schon 1993 sangen: „Es ist alles nur geklaut!“

Und zwar von mir (und meinen Kolleginnen und Kollegen natürlich)!

Das mag sich jetzt ganz schön großkotzig und übertrieben anhören, sehr dünnhäutig und aggressiv, aber für mich geht es hier ums Ganze. Natürlich kann (und will) ich die Fortschritte in der Computertechnik nicht aufhalten. Schließlich nutze ich selbst mit mehreren elektronischen Geräten das Internet, schreibe meine Texte am PC, recherchiere über mein Handy vermittels diverser Suchmaschinen und lese Texte ab und an auf meinen Tablett.
Also bin ich vermutlich selbst ein Teil des Problems?

Das möchte ich nicht glauben. Denn ich sehe da immer noch einen Unterschied zwischen meinem Schreiben und den Erzeugnissen einer Maschine (wie komplex diese auch immer sein mag). Hinter jedem meiner Texte, egal wie kurz oder lang er ist, egal ob Essay, Story, Gedicht oder Buchbesprechung, stehe ich. Zwar bin auch ich eine „Lernmaschine“ in dem Sinne, dass ich Geschriebenes lese, Bilder ansehe, Gesprochenes höre, Materielles rieche, schmecke oder fühle – aber ich (mein Gehirn, meine Menschlichkeit, mein Ego) wandle das alles um und füge etwas einzigartiges hinzu: mich.

Darin sehe ich nach wie vor den Unterschied. Darin sehe ich nach wie vor den Grund, weiterzumachen. Darin sehe ich auch die Pflicht zum Widerspruch!

Denn die Maschine wird besser. Die Rechengeschwindigkeit steigt, die Textmengen steigen, die Programme werden noch komplexer. Die Unterschiede werden also immer schwerer erkennbar. Ich kann es doch keinem Leser einer Buchbesprechung zumuten, dass er erst einmal nachschaut, ob da nicht ein Warnhinweis steht („Achtung! Dieser Text wurde von einer KI geschrieben.“). Und ich will mir gar nicht vorstellen, welche Versuchung es für von Kapitalinteressen gesteuerte Chefs ist, ihre kostenintensiven „Human Resources“ durch etwas zu ersetzen, das fast gleichwertig ist, weil es die Arbeit dieser „Human Resources“ stiehlt und fast kostenlos etwas zur Verfügung stellt, das zwar nicht so gut ist – aber immer noch „gut genug“ für User, Customer und alles andere, das vor einem Bildschirm sitzt und es liest.

Bevor ich nun in Kulturpessimismus ertrinke, einige Gedanken zum Abschluss: Ich sehe ein, dass das Thema „Künstliche Intelligenz“ spannend ist und dass man gerne ein wenig damit „spielen“ möchte. Da es wohl noch keine „richtigen“ Einsatzmöglichkeiten für KI in einer Buchhandlung gibt (die Steuererklärung, die Abrechnung, die Durchsicht der Verlagskataloge, die Nachbestellungen, die Auflistung der Neuzugänge – das alles ist zwar lästig, aber das macht man dann doch lieber selbst), experimentiert man mit dem, was den geringsten Widerstand leistet und am Wenigsten „kaputt“ macht. Dabei wird gerne vergessen, dass man damit einer ganzen Reihe von Menschen signalisiert, dass ihre Arbeiten nicht so wichtig und wertvoll sind wie sie vielleicht denken.

Es bleibt die Frage, muss das sein? Welchen Grund gibt es, den Großkonzernen auch noch die Arbeit zu erleichtern und durch das Verwenden ihrer Produkte diese Art von „Gedankenraub“ zu unterstützen? Wenn wir nicht aufpassen, gewöhnen wir uns noch daran, dass eine „Buchbesprechung“ aus Worthülsen, Hohlphrasen und Werbetext-Ausschnitten besteht. Dabei gibt es doch nichts Schöneres, als gleich nach einem guten Buch eine fundierte Kritik über das nächste zu lesende zu lesen. Oder zu schreiben!

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Gedanken zur Verwendung „künstlicher“ Intelligenz für Buchbesprechungen

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Horst Illmer

Wie war das damals in der Schule? Entweder gehörte man zu den Abschreibern oder zu denen deren Arbeit abgeschrieben wurde. War ganz normal, oder? Warum denn lernen, wenn der andere Depp das für einen tut?

Wie war das im Betrieb? Wenn man sich wochenlang Gedanken gemacht hatte, den Ablauf zu optimieren, dann den Verbesserungsvorschlag einreichte, der prompt abgelehnt wurde? Und dann kam ein paar Wochen später ein Vorgesetzter und gab Anweisung, dass die Abläufe so zu verändern seien wie man sich das mühevoll überlegt hatte. War schon weniger schön, aber auch normal.

Wie war das mit der Kreativität? Man lernt lesen und schreiben, hat Ideen, wie man über das Gelesene schreiben könnte, macht erste Versuche, hat erste Erfolge, wird sicherer (und meist auch besser) in seinen Formulierungen und Wertungen und hält sich irgendwann für einen geschätzten Mitarbeiter, der mit seinen Buchbesprechungen Menschen dazu anregt, Bücher nicht nur zu lesen, sondern auch käuflich zu erwerben. Und dann kommt der Betreiber der Internetseite für die man sich all die Mühe macht und veröffentlicht (erst mal natürlich nur „versuchsweise“) Buchbesprechungen, die von einer sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ „geschrieben“ wurden. Ist inzwischen vielleicht nicht nur normal, sondern sogar egal – fühlt sich aber an wie eine schallende Ohrfeige!

Natürlich kann ich bei diesen Dingen, die ja zuerst einmal emotional sind, nur für mich sprechen. Was die Kolleginnen und Kollegen darüber denken, sollen/werden sie selbst sagen. Aber die Sache beschäftigt mich jetzt schon ein paar Wochen und meine Seelenruhe finde ich am ehesten wieder, wenn ich das Thema „abarbeite“.

Warum geht mir das Ganze so an die Nieren? Immerhin sind die KI-erzeugten Texte so grottenschlecht, dass sie meinen Status als „Kritiker“ nicht erschüttern. Momentan jedenfalls. Genau hier beginnt die Sache unangenehm zu werden.

Wer sich in den letzten Jahren, Monaten, Wochen oder Tagen informiert gehalten hat, wird immer häufiger das Schlagwort von der „Künstlichen Intelligenz“ (inzwischen oftmals im Zusammenhang mit „ChatGPT“) gelesen oder gehört haben. Was dahinter steckt, entzieht sich für den Großteil der Menschheit einer genaueren Kenntnis. Nur noch ganz, ganz wenige Spezialisten blicken da durch. Was jedoch bekannt ist: Es ist gar keine „Intelligenz“ um die es da geht – jedenfalls nicht im hier betrachteten Sinne einer „kreativen“ Leistung – sondern eine Maschine, die ungeheuer schnell ungeheuer viel Text aus dem Internet „schöpft“ und daraus vermittels Rechenoperationen „neue“ Texte erstellt.

Oder wie es Die Prinzen schon 1993 sangen: „Es ist alles nur geklaut!“

Und zwar von mir (und meinen Kolleginnen und Kollegen natürlich)!

Das mag sich jetzt ganz schön großkotzig und übertrieben anhören, sehr dünnhäutig und aggressiv, aber für mich geht es hier ums Ganze. Natürlich kann (und will) ich die Fortschritte in der Computertechnik nicht aufhalten. Schließlich nutze ich selbst mit mehreren elektronischen Geräten das Internet, schreibe meine Texte am PC, recherchiere über mein Handy vermittels diverser Suchmaschinen und lese Texte ab und an auf meinen Tablett.
Also bin ich vermutlich selbst ein Teil des Problems?

Das möchte ich nicht glauben. Denn ich sehe da immer noch einen Unterschied zwischen meinem Schreiben und den Erzeugnissen einer Maschine (wie komplex diese auch immer sein mag). Hinter jedem meiner Texte, egal wie kurz oder lang er ist, egal ob Essay, Story, Gedicht oder Buchbesprechung, stehe ich. Zwar bin auch ich eine „Lernmaschine“ in dem Sinne, dass ich Geschriebenes lese, Bilder ansehe, Gesprochenes höre, Materielles rieche, schmecke oder fühle – aber ich (mein Gehirn, meine Menschlichkeit, mein Ego) wandle das alles um und füge etwas einzigartiges hinzu: mich.

Darin sehe ich nach wie vor den Unterschied. Darin sehe ich nach wie vor den Grund, weiterzumachen. Darin sehe ich auch die Pflicht zum Widerspruch!

Denn die Maschine wird besser. Die Rechengeschwindigkeit steigt, die Textmengen steigen, die Programme werden noch komplexer. Die Unterschiede werden also immer schwerer erkennbar. Ich kann es doch keinem Leser einer Buchbesprechung zumuten, dass er erst einmal nachschaut, ob da nicht ein Warnhinweis steht („Achtung! Dieser Text wurde von einer KI geschrieben.“). Und ich will mir gar nicht vorstellen, welche Versuchung es für von Kapitalinteressen gesteuerte Chefs ist, ihre kostenintensiven „Human Resources“ durch etwas zu ersetzen, das fast gleichwertig ist, weil es die Arbeit dieser „Human Resources“ stiehlt und fast kostenlos etwas zur Verfügung stellt, das zwar nicht so gut ist – aber immer noch „gut genug“ für User, Customer und alles andere, das vor einem Bildschirm sitzt und es liest.

Bevor ich nun in Kulturpessimismus ertrinke, einige Gedanken zum Abschluss: Ich sehe ein, dass das Thema „Künstliche Intelligenz“ spannend ist und dass man gerne ein wenig damit „spielen“ möchte. Da es wohl noch keine „richtigen“ Einsatzmöglichkeiten für KI in einer Buchhandlung gibt (die Steuererklärung, die Abrechnung, die Durchsicht der Verlagskataloge, die Nachbestellungen, die Auflistung der Neuzugänge – das alles ist zwar lästig, aber das macht man dann doch lieber selbst), experimentiert man mit dem, was den geringsten Widerstand leistet und am Wenigsten „kaputt“ macht. Dabei wird gerne vergessen, dass man damit einer ganzen Reihe von Menschen signalisiert, dass ihre Arbeiten nicht so wichtig und wertvoll sind wie sie vielleicht denken.

Es bleibt die Frage, muss das sein? Welchen Grund gibt es, den Großkonzernen auch noch die Arbeit zu erleichtern und durch das Verwenden ihrer Produkte diese Art von „Gedankenraub“ zu unterstützen? Wenn wir nicht aufpassen, gewöhnen wir uns noch daran, dass eine „Buchbesprechung“ aus Worthülsen, Hohlphrasen und Werbetext-Ausschnitten besteht. Dabei gibt es doch nichts Schöneres, als gleich nach einem guten Buch eine fundierte Kritik über das nächste zu lesende zu lesen. Oder zu schreiben!

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5 Kommentare zu “Bin ich selbst eine KI?”

  1. Marina sagt:

    KI or not to be…
    Als eigentlich stille Mitleserin möchte ich heute doch auch mal meinen Beitrag zu dieser Diskussion leisten. Es herrscht Meinungsfreiheit, und dazu gehört, seine Meinung/Kritik/Lob sachlich äußern zu können. Jede Stimme/Meinung hat ihre Berechtigung und kann einfach so stehen gelassen werden. Das Pro und Contra zu KI im Allgemeinen und KI generierten Beiträgen wurde ausführlich beleuchtet, und alle Sichtweisen sind valide. Gleichwohl: Die Idee, Rezensionen/Texte zu veröffentlichen, die KI generiert bzw. unterstützt sind und dies entsprechend kenntlich zu machen, finde ich nachvollziehbar und gut. Wir können nicht die Augen verschließen vor den Entwicklungen der Zeit, der Technik usw. Ich persönlich finde es zielfördernd, dies entsprechend proaktiv zu begleiten, auszuprobieren und auch die Leserschaft auf diesem Weg mitzunehmen. Wo liegen die Ängste? Wenn empfunden wird, dass die KI generierten Beiträge schlecht sind, zeigen sich die selbst formulierten Beiträge doch erst recht in einem viel besseren Licht und stehen definitiv nicht in Konkurrenz. „Gedankenraub“: Ich sehe vielmehr, dass KI ein Hilfsmittel ist, die vielen Gedanken und Informationen zusammenzufassen, die im Netz verfügbar sind. Vielfalt ist so wertvoll. Es ist toll, dass die Plattform den interessierten Autoren die Möglichkeit gibt, ihrer Leidenschaft der Verfassung von Rezensionen nachzukommen und diese mit vielen Interessierten teilen zu können – eine win/win Situation.
    Die unternehmerische Freiheit der Ladeninhaber, im Rahmen der Zukunftssicherung neben dem sehr gelobten, geschätzten Altbewährten auch neue Wege zu gehen, in Frage zu stellen, finde ich schwierig.
    Hermkes Romanboutique wird von den Betreibern mit Herz, Leidenschaft und viel Zeitinvest geführt, und das am Rande der Rentabilität, wie wir durch Gerds‘ Beiträge erfahren. Es ist wichtig, mit der Zeit zu gehen, in die Zukunft zu schauen und auch die Kunden von morgen abzuholen. Ich gehöre zu einer jungen Generation und freue mich, wenn Hermkes Romanboutique hoffentlich noch lange besteht. Dafür bedarf es neuer Ideen, um auch neue Kunden in den Bann zu ziehen durch z. B. mehr Beiträgen zu Werken, die auch meine Generation ansprechen. Und wenn die KI dabei helfen kann, dies alle zeitlich zu wuppen und man das mit aller Vorsicht sowie seinem eigenen (und natürlich Cyburns‘) Verstand begleitet, ist das doch super.
    Ich finde es schade, dass die Rückmeldung einiger Kunden dazu führte, dass der Test gestoppt wurde und wünsche mir (zu Weihnachten), dass man dies im neuen Jahr noch einmal aufgreift.
    Und eine Empfehlung gibt es obendrauf: The Mind Matters – David Hodgson
    Macht weiter so, ihr habt einen tollen Laden .

  2. MITCH sagt:

    So, hier kommt meine bescheidene Meinung zum Beitrag von Horst als Video, und zwar von Mensch zu Mensch:

    https://youtu.be/qHa4WGJizyg

    Ich bin auf Eure Meinung zum wichtigen Thema gespannt.

    Herzliche Grüsse,

    Mitch

    1. Horst Illmer sagt:

      Lieber Mitch, vielen Dank für diesen tollen Kommentar. Ich bin ebenso gespannt wie Du, ob sich dazu noch weitere Leser positionieren. Herzliche Grüße, Horst

  3. MITCH sagt:

    Lieber Horst,
    vielen Dank für Deine Offenheit und Gedanken zu dem wichtigen Thema. Ich habe dazu auch eine Meinung, drehe dazu gerade ein YT-Video und werde (hier im Kommentarbereich) den internen Link dazu heute Mittag noch mitteilen.
    Herzliche Grüsse!
    MITCH

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