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Joann Sfar – Der Ewige

von am 8. August 2015

Gerd: Manche Dinge schiebt man vor sich her und sie werdenb dadurch nicht besser. Andere sind – bei guter Lagerung – auch nach Jahren noch gut, manchmal sogar wertvoller. Eines dieser Dinge, die ich schon seit Monaten angehen möchte, ist, auf das nette Angebot einer lieben Kollegin zurückzukommen. Simone vom Papiergeflüster, liest schnell und viel und schreibt gut und viel – und das auch noch häufig über Bücher oder Comics, die durchaus auch für uns relevant sind. Tja, jetzt hat Simone "leider" schon einen eigenen Blog. Trotzdem hat sie mir mehrfach angeboten, ihre Artikel doch zu verwenden. Danke dafür, sprechen mir die Rezensionen doch oft aus der Seele! Trotzdem will ich natürlich nicht Artikel aus ihrem Blog einfach nochmal auf unserem kopieren. Deswegen kommt jetzt der perfekte Kompromiss: Ein Buch, das mir selbst sehr gut gefallen hat und deswegen immer noch an exponierter Stelle liegt, ist jetzt einfach überfällig und muss weg von da, ins "normale" Regal. Zum Abschied gibt es jetzt eine Rezi von Simone zu genau diesem Buch und ganz breit gestreut der Hinweis, dass es bei ihr noch viel mehr zu entdecken gibt. Wenn ihr also mal auf comicdealer nicht genug neues findet, einfach zu Papiergeflüster (Nachtrag: Papiergeflüster gibt es leider nicht mehr, Link entfernt) klicken. Ich finde da geschmacklich sehr viele Überschneidungen und oft auch Tipps, die mir durch die Lappen gegangen sind… Wenn ihr den Artikel gelesen habt und vielleicht auch ein bisschen bei Simone auf der Seite gestöbert habt, könnt ihr selbst entscheiden, ob der Tipp "sich gut gehalten hat"… 😉

EwigePapiergeflüster: Jonas ist Kosake und kämpft im ersten Weltkrieg. Als er bei einem Überfall auf das Lager seiner Truppe getötet wird, scheint sein Leben viel zu schnell vorbei gewesen zu sein. Doch seine Liebe zu Jelena lässt ihn nicht ruhen, er erwacht als Vampir, kann sich aber mit dieser neuen Daseinsform lange so gar nicht anfreunden. Seine Verlobte kann er in diesem Zustand doch nicht mehr heiraten, aber vergessen kann er sie auch nicht. Was tun?
Fast einhundert Jahre später trifft er auf Rebecka, die gerade erst ihren Mann nach seinem Selbstmord beerdigt hat. Als Jonas herausfindet, dass sie Psychoanalytikerin ist, kommt sie ihm wie gerufen. Er braucht dringend Hilfe, um sich an die Anfänge seines Vampirdaseins zu erinnern und so vielleicht einen Weg zu finden, sich mit diesem Leben zu arrangieren.
Der Klappentext hatte mich etwas in die Irre geführt. Nach: „Vampire gibt es nicht. Psychoanalyse funktioniert nicht. Höchste Zeit, dass die beiden sich mal treffen!“ hatte ich eine Geschichte erwartet, die zum Großteil in unserer Zeit spielt. 200 von 350 Seiten erzählen aber Jonas Geschichte zu Beginn seines ewigen Zweitlebens als Vampir. Das macht die Geschichte nicht schlechter, hätte ich aber gerne vorher gewusst.
Von Joann Sfar kenne ich bisher nur seine Comics „Vampir“ und „Aspirine“, die mich sehr begeisterten. Nach seinem ersten Roman steht fest, Sfar kann mit Worten genauso großartige Bilder zeichnen, wie mit dem Stift. Wer das düstere seiner Bilder mit dem teilweise sehr schwarzen Humor mag, wird genau das hier auch wiederfinden.
Zusammen mit einigen bekannten Figuren, die teilweise andere Namen tragen, von Lesern seiner Comics aber sofort erkannt werden. Das trägt zu den Bildern im Kopf beim Lesen natürlich noch bei, spätestens in der zweiten Hälfte des Buches, wenn ein gewisser Werwolf und eine Alraune größere Rollen spielen, entkommt man diesen Bildern nicht mehr, was auch an Sfars einprägsamem Zeichenstil liegt.
Aber „Der Ewige“ ist keineswegs eine Romanfassung seiner Comics, sondern eine eigenständige Geschichte mit viel Tiefe. Ein Vampir, der mit sich und seinem Dasein hadert, ist nicht neu. Sfar macht diese Geschichte mit einer bemerkenswerten Sprache aber zu etwas Besonderem. „Der Ewige“ liest man nicht einfach mal eben weg, hier sitzt jedes Wort genau da, wo es sitzen soll und will auch gelesen werden. Es ist eine Geschichte, die einen immer wieder mit philosophischen Ansätzen fasziniert, um den Leser an der nächsten Ecke schon wieder mit Brutalität zu schockieren, die durch eine lapidare Erzählweise umso brutaler wirkt.
Ob es wirklich „Der verrückteste Roman des Jahres, vielleicht des Jahrzehnts!“ ist, wie Les Echos behauptet, wird sich noch zeigen müssen, das Jahr ist noch lang. Aber einer dieser Romane, die einen Ehrenplatz in meinem Regal bekommen, ist es auf jeden Fall.

Der Ewige – Joann Sfar
Deutsch von Thomas Brovot
365 Seiten, Eichborn Verlag
ISBN 9783847905851, 22,99 €
Gebunden

von am 8. August 2015

Gerd: Manche Dinge schiebt man vor sich her und sie werdenb dadurch nicht besser. Andere sind – bei guter Lagerung – auch nach Jahren noch gut, manchmal sogar wertvoller. Eines dieser Dinge, die ich schon seit Monaten angehen möchte, ist, auf das nette Angebot einer lieben Kollegin zurückzukommen. Simone vom Papiergeflüster, liest schnell und viel und schreibt gut und viel – und das auch noch häufig über Bücher oder Comics, die durchaus auch für uns relevant sind. Tja, jetzt hat Simone "leider" schon einen eigenen Blog. Trotzdem hat sie mir mehrfach angeboten, ihre Artikel doch zu verwenden. Danke dafür, sprechen mir die Rezensionen doch oft aus der Seele! Trotzdem will ich natürlich nicht Artikel aus ihrem Blog einfach nochmal auf unserem kopieren. Deswegen kommt jetzt der perfekte Kompromiss: Ein Buch, das mir selbst sehr gut gefallen hat und deswegen immer noch an exponierter Stelle liegt, ist jetzt einfach überfällig und muss weg von da, ins "normale" Regal. Zum Abschied gibt es jetzt eine Rezi von Simone zu genau diesem Buch und ganz breit gestreut der Hinweis, dass es bei ihr noch viel mehr zu entdecken gibt. Wenn ihr also mal auf comicdealer nicht genug neues findet, einfach zu Papiergeflüster (Nachtrag: Papiergeflüster gibt es leider nicht mehr, Link entfernt) klicken. Ich finde da geschmacklich sehr viele Überschneidungen und oft auch Tipps, die mir durch die Lappen gegangen sind… Wenn ihr den Artikel gelesen habt und vielleicht auch ein bisschen bei Simone auf der Seite gestöbert habt, könnt ihr selbst entscheiden, ob der Tipp "sich gut gehalten hat"… 😉

EwigePapiergeflüster: Jonas ist Kosake und kämpft im ersten Weltkrieg. Als er bei einem Überfall auf das Lager seiner Truppe getötet wird, scheint sein Leben viel zu schnell vorbei gewesen zu sein. Doch seine Liebe zu Jelena lässt ihn nicht ruhen, er erwacht als Vampir, kann sich aber mit dieser neuen Daseinsform lange so gar nicht anfreunden. Seine Verlobte kann er in diesem Zustand doch nicht mehr heiraten, aber vergessen kann er sie auch nicht. Was tun?
Fast einhundert Jahre später trifft er auf Rebecka, die gerade erst ihren Mann nach seinem Selbstmord beerdigt hat. Als Jonas herausfindet, dass sie Psychoanalytikerin ist, kommt sie ihm wie gerufen. Er braucht dringend Hilfe, um sich an die Anfänge seines Vampirdaseins zu erinnern und so vielleicht einen Weg zu finden, sich mit diesem Leben zu arrangieren.
Der Klappentext hatte mich etwas in die Irre geführt. Nach: „Vampire gibt es nicht. Psychoanalyse funktioniert nicht. Höchste Zeit, dass die beiden sich mal treffen!“ hatte ich eine Geschichte erwartet, die zum Großteil in unserer Zeit spielt. 200 von 350 Seiten erzählen aber Jonas Geschichte zu Beginn seines ewigen Zweitlebens als Vampir. Das macht die Geschichte nicht schlechter, hätte ich aber gerne vorher gewusst.
Von Joann Sfar kenne ich bisher nur seine Comics „Vampir“ und „Aspirine“, die mich sehr begeisterten. Nach seinem ersten Roman steht fest, Sfar kann mit Worten genauso großartige Bilder zeichnen, wie mit dem Stift. Wer das düstere seiner Bilder mit dem teilweise sehr schwarzen Humor mag, wird genau das hier auch wiederfinden.
Zusammen mit einigen bekannten Figuren, die teilweise andere Namen tragen, von Lesern seiner Comics aber sofort erkannt werden. Das trägt zu den Bildern im Kopf beim Lesen natürlich noch bei, spätestens in der zweiten Hälfte des Buches, wenn ein gewisser Werwolf und eine Alraune größere Rollen spielen, entkommt man diesen Bildern nicht mehr, was auch an Sfars einprägsamem Zeichenstil liegt.
Aber „Der Ewige“ ist keineswegs eine Romanfassung seiner Comics, sondern eine eigenständige Geschichte mit viel Tiefe. Ein Vampir, der mit sich und seinem Dasein hadert, ist nicht neu. Sfar macht diese Geschichte mit einer bemerkenswerten Sprache aber zu etwas Besonderem. „Der Ewige“ liest man nicht einfach mal eben weg, hier sitzt jedes Wort genau da, wo es sitzen soll und will auch gelesen werden. Es ist eine Geschichte, die einen immer wieder mit philosophischen Ansätzen fasziniert, um den Leser an der nächsten Ecke schon wieder mit Brutalität zu schockieren, die durch eine lapidare Erzählweise umso brutaler wirkt.
Ob es wirklich „Der verrückteste Roman des Jahres, vielleicht des Jahrzehnts!“ ist, wie Les Echos behauptet, wird sich noch zeigen müssen, das Jahr ist noch lang. Aber einer dieser Romane, die einen Ehrenplatz in meinem Regal bekommen, ist es auf jeden Fall.

Der Ewige – Joann Sfar
Deutsch von Thomas Brovot
365 Seiten, Eichborn Verlag
ISBN 9783847905851, 22,99 €
Gebunden

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