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Babel-17

von am 27. November 2023

Samuel R. Delany
BABEL-17. Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch neu übersetzt von Jakob Schmidt
(BABEL-17 / 1966/2001)
Wittenberge, Carcosa Verlag, 2023, 250 S.
ISBN 978-3-910914-02-5
Klappenbroschur / 20,00 Euro

Samuel R. Delany, Jahrgang 1942 und damit dreizehn Jahre jünger als Ursula K. Le Guin, kann mit einigem Recht in Anspruch nehmen, sowohl in seinen literarischen wie in seinen theoretischen Werken der US-amerikanische Autor zu sein, der Le Guin in jeder Weise am nächsten kommt. Aufgrund persönlicher Umstände begannen beide fast gleichzeitig mit dem veröffentlichen von Science Fiction, beide schrieben gleichermaßen Kurzgeschichten, Romane, Essays, Buchbesprechungen und Sachbücher. Beide waren enorm politisch und lieferten Texte, auf die sich Aktivist*innen aus den Bereichen Feminismus, Gender und Umweltschutz auch heute noch berufen – aber auch ebenso kluge Beiträge zur Linguistik und Philologie.

Als gelungenster Beitrag Delanys zur Sprachtheorie gilt sein überaus lesenswerter und spannender Science-Fiction-Roman BABEL-17 aus dem Jahr 1966, für den er mit dem Nebula Award ausgezeichnet wurde. Für die Aufnahme von BABEL-17 in das erste Programm von Carcosas „phantastischer Weltliteratur“ spricht also einiges: obwohl es bereits drei Taschenbuchausgaben des Textes gibt, ist das Buch seit über 25 Jahren vergriffen; zudem gelten die frühen amerikanischen Ausgaben als „korrupt“, da Delanys Manuskript sowohl Verlag wie Setzer überforderten, was der Autor erst bei späteren Ausgaben berichtigen konnte, sodass Jakob Schmidt bei seiner Neuübersetzung auf eine überarbeitete Fassung aus dem Jahr 2001 zugreifen konnte.

Die Heldin dieser als Space Opera getarnten Übung in linguistisch-semiotischer Fantasie ist Rydra Wong, eine Verbeugung Delanys vor seiner damaligen Ehefrau, der Dichterin Marilyn Hacker, deren Gedichte im Buch auch immer wieder zitiert werden. In einer weit entfernten Zukunft wird Wong vom Generalstab der Vereinigten Menschheit rekrutiert, da die galaxisweit verehrte Linguistin und Dichterin als letzte Hoffnung im intergalaktischen Krieg mit einer fast allmächtig scheinenden feindlichen Macht gilt. Tatsächlich gelingt es ihr, einen Teil der „Feindsprache Babel-17“ zu entschlüsseln und so macht sie sich auf, um im Hauptkampfgebiet ihre Theorien zu überprüfen …

Dann stellt sich jedoch heraus, dass „Babel-17“ die eigentliche Waffe ist: die Verwendung dieser Sprache ist wirklichkeitskonstituierend, d.h. was in ihr mitgeteilt wird, geschieht. Nur Wongs zusätzliche Fähigkeit der Telepathie rettet sie vor der Vernichtung und ermöglicht es ihr letztlich eine Chance für ein Ende des Krieges zu finden. Dann schreibt sie „das beste Stück Prosa“ ihrer Karriere.

Damit werden die weiteren Gründe für die Veröffentlichung von BABEL-17 ersichtlich: dass wir dieses tolle Buch endlich einmal (wieder) lesen können – und um es allen in die Hand zu drücken, die uns fragen, ob wir ihnen ein Science-Fiction-Werk zeigen können, dass es mit der besten zeitgenössischen Hochliteratur aufnehmen kann. Yes We Can!

Horst Illmer

von am 27. November 2023

Samuel R. Delany
BABEL-17. Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch neu übersetzt von Jakob Schmidt
(BABEL-17 / 1966/2001)
Wittenberge, Carcosa Verlag, 2023, 250 S.
ISBN 978-3-910914-02-5
Klappenbroschur / 20,00 Euro

Samuel R. Delany, Jahrgang 1942 und damit dreizehn Jahre jünger als Ursula K. Le Guin, kann mit einigem Recht in Anspruch nehmen, sowohl in seinen literarischen wie in seinen theoretischen Werken der US-amerikanische Autor zu sein, der Le Guin in jeder Weise am nächsten kommt. Aufgrund persönlicher Umstände begannen beide fast gleichzeitig mit dem veröffentlichen von Science Fiction, beide schrieben gleichermaßen Kurzgeschichten, Romane, Essays, Buchbesprechungen und Sachbücher. Beide waren enorm politisch und lieferten Texte, auf die sich Aktivist*innen aus den Bereichen Feminismus, Gender und Umweltschutz auch heute noch berufen – aber auch ebenso kluge Beiträge zur Linguistik und Philologie.

Als gelungenster Beitrag Delanys zur Sprachtheorie gilt sein überaus lesenswerter und spannender Science-Fiction-Roman BABEL-17 aus dem Jahr 1966, für den er mit dem Nebula Award ausgezeichnet wurde. Für die Aufnahme von BABEL-17 in das erste Programm von Carcosas „phantastischer Weltliteratur“ spricht also einiges: obwohl es bereits drei Taschenbuchausgaben des Textes gibt, ist das Buch seit über 25 Jahren vergriffen; zudem gelten die frühen amerikanischen Ausgaben als „korrupt“, da Delanys Manuskript sowohl Verlag wie Setzer überforderten, was der Autor erst bei späteren Ausgaben berichtigen konnte, sodass Jakob Schmidt bei seiner Neuübersetzung auf eine überarbeitete Fassung aus dem Jahr 2001 zugreifen konnte.

Die Heldin dieser als Space Opera getarnten Übung in linguistisch-semiotischer Fantasie ist Rydra Wong, eine Verbeugung Delanys vor seiner damaligen Ehefrau, der Dichterin Marilyn Hacker, deren Gedichte im Buch auch immer wieder zitiert werden. In einer weit entfernten Zukunft wird Wong vom Generalstab der Vereinigten Menschheit rekrutiert, da die galaxisweit verehrte Linguistin und Dichterin als letzte Hoffnung im intergalaktischen Krieg mit einer fast allmächtig scheinenden feindlichen Macht gilt. Tatsächlich gelingt es ihr, einen Teil der „Feindsprache Babel-17“ zu entschlüsseln und so macht sie sich auf, um im Hauptkampfgebiet ihre Theorien zu überprüfen …

Dann stellt sich jedoch heraus, dass „Babel-17“ die eigentliche Waffe ist: die Verwendung dieser Sprache ist wirklichkeitskonstituierend, d.h. was in ihr mitgeteilt wird, geschieht. Nur Wongs zusätzliche Fähigkeit der Telepathie rettet sie vor der Vernichtung und ermöglicht es ihr letztlich eine Chance für ein Ende des Krieges zu finden. Dann schreibt sie „das beste Stück Prosa“ ihrer Karriere.

Damit werden die weiteren Gründe für die Veröffentlichung von BABEL-17 ersichtlich: dass wir dieses tolle Buch endlich einmal (wieder) lesen können – und um es allen in die Hand zu drücken, die uns fragen, ob wir ihnen ein Science-Fiction-Werk zeigen können, dass es mit der besten zeitgenössischen Hochliteratur aufnehmen kann. Yes We Can!

Horst Illmer

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