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Drohnenland

von am 7. Dezember 2015

DrohnenlandTom Hillenbrand
DROHNENLAND. Kriminalroman.
Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2014, 425 S.
KiWi-Taschenbuch
ISBN 978-3-462-04662-5

Manche Bücher passen in ihre Zeit wie die Faust aufs Auge. Der als Kriminalroman „getarnte“ Near-Future-Thriller DROHNENLAND des deutschen Bestseller-Autors Tom Hillenbrand ist so ein Buch. Obwohl bereits im Frühsommer 2014 erschienen, beschäftigt es sich mit den immer noch aktuellen „Aufregern“ Vorratsdatenspeicherung, Cyberkriminalität, überstaatliche Zusammenarbeit der Polizei innerhalb der Europäische Union und Drohnenkriegsführung.

Der1972 geborene Hillenbrand war Ressortleiter bei SPIEGEL ONLINE, wurde jedoch durch eine Reihe kulinarischer Krimis bekannt, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Offenbar überkam ihn dann jedoch eine Vision, wie ein Kapitalverbrechen in einigen Jahren von den dann europäisch organisierten und geführten Polizeibehörden untersucht und behandelt wird. Wie dabei die heute schon erkennbaren Überwachungsstrukturen praktisch ins Unendliche ausgeweitet wurden, wie virtuelle Welten den klassischen Tatort-Besuch ersetzen – und wie Verdächtige sich in digitalen Parallelwelten verstecken, ist eigentlich ein klassisches Science-Fiction-Thema.

Gekonnt setzt Hillenbrand diesen Plot als Hintergrund für einen Hard-boiled-Krimi ein und schickt seinen Europol-Kommissar Aart van der Westerhuizen hinaus ins verregnete belgische Hinterland. Dort liegt die Leiche eines Europa-Politikers und obwohl eigentlich schnell alles geklärt zu sein scheint, folgt Westerhuizen seiner Nase und entdeckt ein Komplott, das ihn fast seinen Job und seine körperliche Unversehrtheit kostet. Doch auch im frühen dritten Jahrtausend hat der einsame Held ein paar echte Freunde – und ein paar virtuelle dazu.

DROHNENLAND ist ein Buch, das, ähnlich wie DER CIRCLE von Dave Eggers, sehr nahe am heute schon Möglichen laviert, und deshalb immer Gefahr läuft, dass die darin beschriebenen Zustände es eines Tages zum historischen Dokument machen. (Es würde mich brennend interessieren zu erfahren, was spätere Generationen damit anzufangen wissen, dass ein gewisser Sascha Lobo auf dem hinteren Deckel darauf hinweist, dieses Buch wäre „nachweislich vor den Enthüllungen von Edward Snowden“ bereits fertiggeschrieben gewesen.)

Tom Hillenbrand gelingt mit DROHNENLAND etwas, an dem viele seiner „Mainstream“-Kollegen scheitern: Sein Text „funktioniert“ gleichermaßen als Kriminal- wie als Science-Fiction-Geschichte. Da war es nur konsequent, dass er dafür in diesem Jahr den Kurd-Laßwitz-Preis für den „besten deutschsprachigen Science-Fiction-Roman 2014“ erhielt.

Horst Illmer

von am 7. Dezember 2015

DrohnenlandTom Hillenbrand
DROHNENLAND. Kriminalroman.
Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2014, 425 S.
KiWi-Taschenbuch
ISBN 978-3-462-04662-5

Manche Bücher passen in ihre Zeit wie die Faust aufs Auge. Der als Kriminalroman „getarnte“ Near-Future-Thriller DROHNENLAND des deutschen Bestseller-Autors Tom Hillenbrand ist so ein Buch. Obwohl bereits im Frühsommer 2014 erschienen, beschäftigt es sich mit den immer noch aktuellen „Aufregern“ Vorratsdatenspeicherung, Cyberkriminalität, überstaatliche Zusammenarbeit der Polizei innerhalb der Europäische Union und Drohnenkriegsführung.

Der1972 geborene Hillenbrand war Ressortleiter bei SPIEGEL ONLINE, wurde jedoch durch eine Reihe kulinarischer Krimis bekannt, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Offenbar überkam ihn dann jedoch eine Vision, wie ein Kapitalverbrechen in einigen Jahren von den dann europäisch organisierten und geführten Polizeibehörden untersucht und behandelt wird. Wie dabei die heute schon erkennbaren Überwachungsstrukturen praktisch ins Unendliche ausgeweitet wurden, wie virtuelle Welten den klassischen Tatort-Besuch ersetzen – und wie Verdächtige sich in digitalen Parallelwelten verstecken, ist eigentlich ein klassisches Science-Fiction-Thema.

Gekonnt setzt Hillenbrand diesen Plot als Hintergrund für einen Hard-boiled-Krimi ein und schickt seinen Europol-Kommissar Aart van der Westerhuizen hinaus ins verregnete belgische Hinterland. Dort liegt die Leiche eines Europa-Politikers und obwohl eigentlich schnell alles geklärt zu sein scheint, folgt Westerhuizen seiner Nase und entdeckt ein Komplott, das ihn fast seinen Job und seine körperliche Unversehrtheit kostet. Doch auch im frühen dritten Jahrtausend hat der einsame Held ein paar echte Freunde – und ein paar virtuelle dazu.

DROHNENLAND ist ein Buch, das, ähnlich wie DER CIRCLE von Dave Eggers, sehr nahe am heute schon Möglichen laviert, und deshalb immer Gefahr läuft, dass die darin beschriebenen Zustände es eines Tages zum historischen Dokument machen. (Es würde mich brennend interessieren zu erfahren, was spätere Generationen damit anzufangen wissen, dass ein gewisser Sascha Lobo auf dem hinteren Deckel darauf hinweist, dieses Buch wäre „nachweislich vor den Enthüllungen von Edward Snowden“ bereits fertiggeschrieben gewesen.)

Tom Hillenbrand gelingt mit DROHNENLAND etwas, an dem viele seiner „Mainstream“-Kollegen scheitern: Sein Text „funktioniert“ gleichermaßen als Kriminal- wie als Science-Fiction-Geschichte. Da war es nur konsequent, dass er dafür in diesem Jahr den Kurd-Laßwitz-Preis für den „besten deutschsprachigen Science-Fiction-Roman 2014“ erhielt.

Horst Illmer

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