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Christian Endres
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Insgesamt 97 Beiträge - und 9 Kommentare

Wie es ist

von am 25. Januar 2023 Kommentare deaktiviert für Wie es ist

Floris Tilanus
Wie es ist.
Lilienfeld, Düsseldorf 2022, 36 Seiten

Via Internet hat sich der niederländische Autor, Künstler und Gestalter Floris Tilanus durch Berlin bewegt. Das Ergebnis dieser Online-Tour verarbeitete er in seinem Bilderbuch „Wie es ist. Das Leben von Professor Joachim Schwarz“. Darin lässt der 1966 geborene Tilanus, der mit seiner Familie in Amsterdam lebt und auch schon die berühmten Fabeln von La Fontaine illustrierte, einen älteren Professor durch die deutsche Hauptstadt spazieren: vorbei an der Universität und den jungen Leuten, zu den nahen Antiquariaten voller Bücher, auf den Friedhof zu einem geliebten Menschen, zum Goethe-Denkmal und in das Restaurant, in dem sein Bruder als Oberkellner arbeitet. Es ist ein Gang voller Melancholie, Verlust und Nostalgie, keine Frage, jedoch auch positiver Erkenntnis – und nicht zuletzt Lebensfreude.

„Wie es ist“ kommt als recht kurze, aber mindestens genauso schöne und griffige Lektüre daher, die bei aller Düsternis Lust aufs Flanieren, Lust auf das Leben und die Stadt macht. Völlig zurecht wurde das hübsch aufgemachte Bilderbuch im niederländischen Original von der The Best Dutch Book Designs Foundation als eines der schönsten und gelungensten Bücher des Jahres 2017 ausgezeichnet. Die deutschsprachige Veröffentlichung bei Lilienfeld ergibt derweil absolut Sinn, denn Tilanus’ dichte, kräftige Schwarz-Weiß-Schraffuren auf jeder zweiten Seite (immer gegenüber der prägnanten Textvignetten) erinnern an den fantastischen amerikanischen Illustrator Edward Gorey (1912–2000), und der ist mit über einem halben Dutzend Titeln seit zehn Jahren im Programm des Düsseldorfer Verlages präsent.

Christian Endres

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Floris Tilanus
Wie es ist.
Lilienfeld, Düsseldorf 2022, 36 Seiten

Via Internet hat sich der niederländische Autor, Künstler und Gestalter Floris Tilanus durch Berlin bewegt. Das Ergebnis dieser Online-Tour verarbeitete er in seinem Bilderbuch „Wie es ist. Das Leben von Professor Joachim Schwarz“. Darin lässt der 1966 geborene Tilanus, der mit seiner Familie in Amsterdam lebt und auch schon die berühmten Fabeln von

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Der längste, strahlendste Tag

von am 21. November 2022 Kommentare deaktiviert für Der längste, strahlendste Tag

Benjamin Myers
Der längste, strahlendste Tag
DuMont, Köln 2022, 272 Seiten

Benjamin Myers zauberhafter Roman „Offene See“ war 2020 der Liebling des unabhängigen Buchhandels in Deutschland und hat sich seitdem als Stammgast auf der Bestsellerliste eingenistet (und wurde auch eines meiner Lieblingsbücher der jüngeren Vergangenheit, das ich dank Taschenbuch und Hörbuch inzwischen auch oft weiterempfohlen habe, und immer waren die Rückmeldungen der unterschiedlichsten Leute sehr angetan). Myers ebenfalls gelungener Roman „Ein perfekter Kreis“ erschien nach dem Erfolg von „Offene See“ hierzulande sogar mehrere Monate vor der englischen Ausgabe, so was passiert auch nicht alle Tage. Kein Wunder also, dass nun selbst eine Kurzgeschichtensammlung von Mr. Myers ins Deutsche übertragen wurde, obwohl die einheimischen Verlage aus leidgeprüfter Erfahrung meistens keine Fans der Kurzform sind, die sich in der Regel wesentlich schlechter verkauft als ein Roman. Aber Benjamin Myers hat sich das Privileg – und den Bedarf an neuem Stoff von ihm – wohl einfach verdient.

Trotz des sonnigen Titels geht es in seiner Story-Kollektion „Der längste, strahlendste Tag“ oft düster und blutig zu, ob sich die eher kurzen Storys und Vignetten nun um einen fiesen Wildhüter, eine alternde Folk-Sängerin und einen jungen Journalisten, einen Astronauten, einen Farmhilfsarbeiter mit einem überraschenden Geheimnis, raue Schausteller-Sitten in einem abgelegenen Wald, Menschen wie Tiere in der Falle, zwei alte Brüder im Norden oder ein steinzeitliches Ehepaar mit einem ganz besonderen Wunsch für die Zukunft drehen. Dabei haben die Erzählungen eines gemein: Sie zeigen in eigentlich fast allen Fällen einen versierten, wortgewandten und markanten Erzähler, der die Menschen und die Natur gut kennt und mit wenigen Sätzen beschreiben kann. Die gesteigerte Aufmerksamkeit von Verlag, Handel und Leserschaft ist allemal gerechtfertigt, wenngleich „Offene See“ die Messlatte sehr hoch gelegt hat.

Christian Endres

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Benjamin Myers
Der längste, strahlendste Tag
DuMont, Köln 2022, 272 Seiten

Benjamin Myers zauberhafter Roman „Offene See“ war 2020 der Liebling des unabhängigen Buchhandels in Deutschland und hat sich seitdem als Stammgast auf der Bestsellerliste eingenistet (und wurde auch eines meiner Lieblingsbücher der jüngeren Vergangenheit, das ich dank Taschenbuch und Hörbuch inzwischen auch oft weiterempfohlen habe, und immer waren die Rückmeldungen der unterschiedlichsten

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Corto Maltese 16: Nacht in Berlin

von am 5. Oktober 2022 Kommentare deaktiviert für Corto Maltese 16: Nacht in Berlin

Ruben Pellejero & Juan Diaz Canales
Corto Maltese 16: Nacht in Berlin
Schreiber & Leser 2022, 88 Seiten

Das Jahr 2022 meint es gut mit allen Fans von Corto Maltese, Hugo Pratts abenteuerlustigem Seemann, der seit 1967 durch die Comic- und die Weltgeschichte schippert – und dabei trotz aller Historie auch immer wieder die Grenzen zum Träumerischen, zum Mystischen und zum Surrealen überwindet. Vor einigen Monaten erst gab es den Einzelband „Corto Maltese: Schwarzer Ozean“ von Martin Quenehen und Bastien Vivès zu bestaunen, das erste Hommage-Album um eine modernisierte Inkarnation des Abenteurers im 21. Jahrhundert. Nun liegt mit „Corto Maltese: Nacht in Berlin“ der neueste Band der klassischen Serie über das frühe 20. Jahrhundert vor, die seit einigen Jahren von Zeichner Ruben Pellejero („Dieter Lumpen“) und Autor Juan Diaz Canales („Blacksad“) in offiziellen neuen Episoden fortgeführt wird. Vier neue Corto-Comics nach Pratts unverkennbarer Fasson haben die beiden Spanier nun schon umgesetzt, darunter sogar ein Prequel zur gesamten Serie.

Das mittlerweile 16. Corto-Album ist für deutschsprachige Leserinnen und Leser dabei besonders interessant, ja, etwas Besonderes: Immerhin beginnt es im unruhigen Berlin der 1920er, zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus, Geheimagenten und Geheimbünden, Verrat und Varieté. Für den Showdown geht es dann allerdings mit einer Filmcrew weiter nach Prag. In einer lupenreinen, ziemlich politischen Spionage-Story aus dem „alten Europa“ bekommt es Corto mit schönen Frauen und skrupellosen Schurken zu tun, während er den Mörder eines guten Freundes und eine legendäre Tarot-Karte jagt. „Corto Maltese: Nacht in Berlin“ kann sich damit allein zwar nicht in die Top-5 der besten Corto-Comics schmuggeln, dennoch gelingen Canales und Pellejero einige schöne Szenen, gute Dialoge und typische Maltese-Momente. Und das deutsche Setting gibt Cortos neuestem Abenteuer einfach das gewisse Etwas und Extra obendrauf.

Christian Endres

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Ruben Pellejero & Juan Diaz Canales
Corto Maltese 16: Nacht in Berlin
Schreiber & Leser 2022, 88 Seiten

Das Jahr 2022 meint es gut mit allen Fans von Corto Maltese, Hugo Pratts abenteuerlustigem Seemann, der seit 1967 durch die Comic- und die Weltgeschichte schippert – und dabei trotz aller Historie auch immer wieder die Grenzen zum Träumerischen, zum Mystischen und zum Surrealen überwindet.

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Der zerstreute Zeitreisende

von am 31. August 2022 2 Kommentare

Terry Pratchett
Der zerstreute Zeitreisende
Piper, München 2022, 336 Seiten

„Der zerstreute Zeitreisende“ ist nach den Bänden „Die staubsaugende Schreckschraube“ und „Der falsche Bart des Weihnachtsmanns“ die dritte Sammlung mit dem Kurzgeschichten-Frühwerk des schmerzlich vermissten Sir Terry Pratchett (1948–2015). Der Engländer verfasste diese Storys, die Scheibenwelt-Übersetzer-Urgestein und Bestseller-Autor Andreas Brandhorst für Piper ins Deutsche übertragen hat, als junger Reporter zwischen 1975 und 1980 für die Kinderseiten einer britischen Zeitung. Diesmal gibt es Erzählungen über einen klugen Neandertaler und andere Zeitreisende, Mond-Raketen der Marke Eigenbau, ein sprechendes Pferd bei der Fuchsjagd, winzige Alien-Invasoren, einen verhinderten Ritter der Moderne und einen schlauen Computer in einem Kriegsgebiet.

Die teils turbulent gelayouteten und gesetzten, durchgehend von Mark Beech illustrierten All-Age-Erzählungen sind aufgrund von Alter und mehr noch Zielgruppe logischerweise recht simpel gestrickt, aber in vielen Fällen allemal charmant – am besten liest man zwischendurch immer nur ein paar der lustigen Possen. Hin und wieder blitzen sogar schon der Humor und die Menschlichkeit durch, für die Scheibenwelt-Erfinder und Schlapphut-Träger Sir Terry später berühmt und gefeiert werden sollte. Oh, und Fußnoten, die Inspiration der Teppichvölker und der Nomen sowie eine Riesenschildkröte sind in diesem Buch ebenfalls enthalten.

Christian Endres

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Terry Pratchett
Der zerstreute Zeitreisende
Piper, München 2022, 336 Seiten

„Der zerstreute Zeitreisende“ ist nach den Bänden „Die staubsaugende Schreckschraube“ und „Der falsche Bart des Weihnachtsmanns“ die dritte Sammlung mit dem Kurzgeschichten-Frühwerk des schmerzlich vermissten Sir Terry Pratchett (1948–2015). Der Engländer verfasste diese Storys, die Scheibenwelt-Übersetzer-Urgestein und Bestseller-Autor Andreas Brandhorst für Piper ins Deutsche übertragen hat, als junger Reporter zwischen 1975 und 1980

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Winter Counts

von am 11. Juli 2022 Kommentare deaktiviert für Winter Counts

David Heska Wanbli Weiden
Winter Counts
Polar, Stuttgart 2022, 460 Seiten

Ganz oben auf der Liste sensationell cooler Namen für fiktive Native-American-Figuren der zeitgenössischen Literatur stand bisher Dashiell Bad Horse aus Jason Aarons und R. M. Guéras Vertigo-Comicserie „Scalped“, benannt nach Noir/Hardboiled-Wegbereiter und Pulp-Legende Dashiell Hammett. Doch nun betritt Virgil Wounded Horse die Bühne, und zwar in David Heska Wanbli Weidens Romandebüt „Winter Counts“. Weiden ist ein eingetragenes Mitglied des Stammes der Sicangu Lakota Nation und lebt als Familienvater, Anwalt, Lehrer, Professor und Autor in Denver. Der Job von seinem Antihelden Virgil Wounded Horse sieht anders aus: Virgil arbeitet als gedungener Vollstrecker in einem Reservat in South Dakota. Wenn Stammespolizei und FBI den Menschen dort nicht helfen und hässliche Verbrechen ungesühnt lassen, zieht Virgil mit seinem Baseballschläger los und sorgt für Gerechtigkeit – oder wenigstens Rache. Aber eines Tages werden Virgil, seine Ex und sein junger Neffe in einen großen Drogenfall verwickelt …

Setting und Protagonisten von „Winter Counts“ sind letztlich stärker als der Plot, was die Wirkung und Wichtigkeit des Romans keineswegs schmälert. Durch traditionelle Zeremonien und Geistreisen erhält der Krimi übrigens sogar einen leicht fantastischen Touch. David Heska Wanbli Weiden erhielt unterdessen als Erster Native American den Anthony Award für den besten Erstling, den vor ihm u. a. William Kent Krueger, S. A. Cosby, Joe Ide und Stieg Larsson überreicht bekamen. Die deutsche Ausgabe von „Winter Counts“ hat trotzdem ein Problem, wenn man so möchte: Denn fast zeitgleich erschien die Übersetzung von Angeline Boulleys Roman „Firekeeper’s Daughter“, der ähnliche Themen behandelt, aber eher in Richtung Lousie Erdrich und Richard Wagamese geht – und bei dem es sich um den großen Showstealer des literarischen Frühsommers handelt. Allerdings ergänzen sich „Firekeeper’s Daughter“ und „Winter Counts“ mit ihren Einsichten in das Leben im Reservat auf sinnige Weise, und von Virgil Wounded Horse werden wir in Zukunft außerdem ja sicher noch mehr lesen.

Christian Endres

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David Heska Wanbli Weiden
Winter Counts
Polar, Stuttgart 2022, 460 Seiten

Ganz oben auf der Liste sensationell cooler Namen für fiktive Native-American-Figuren der zeitgenössischen Literatur stand bisher Dashiell Bad Horse aus Jason Aarons und R. M. Guéras Vertigo-Comicserie „Scalped“, benannt nach Noir/Hardboiled-Wegbereiter und Pulp-Legende Dashiell Hammett. Doch nun betritt Virgil Wounded Horse die Bühne, und zwar in David Heska Wanbli Weidens Romandebüt „Winter

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Totengraben

von am 25. Mai 2022 Kommentare deaktiviert für Totengraben

Luke Arnold
Totengraben
Knaur, München 2022, 432 Seiten

Den Australier Luke Arnold kannte man bisher vor allem für seine Rolle in „Black Sails“, das zwischen 2014 und 2017 als game-of-thrones-mäßige Piraten-Fernsehserie und ferner als packendes Prequel zu Stevensons „Die Schatzinsel“ glänzte. Doch Luke Arnold ist nicht nur Stuntman, Schauspieler und Filmemacher, sondern auch Buchautor. Mit „Der letzte Held von Sunder City“ startete er im Original 2020 eine der besten Fantasy-Detektivserien der letzten Jahre. Die dreht sich um Fetch Phillips, einen abgehalfterten privaten Ermittler und Mann für alles in Sunder City, wo Menschen, Elfen, Trolle, Zwerge und andere nicht allzu friedlich zusammenleben, seit die Menschheit in einem Krieg alle Magie ausgelöscht hat, weshalb die übernatürlichen Wesen dahinsiechen. Weil Fetch eine zentrale Rolle dabei einnahm, hassen ihn viele in Sunder bis aufs Blut …

Im starken zweiten Band „Totengraben“ präsentiert sich Arnolds Serie erneut als stimmungsvolle Kombination aus Dashiell Hammett und „Der Malteser Falke“, Glen Cooks „Die Rätsel von Karenta“ und Terry Ptatchetts „Scheibenwelt“-Zyklus – diesmal sind die Pratchett-Verneigungen, etwa vor dem Wachen-Roman „Helle Barden“, noch deutlicher. Der Mix aus traditioneller Fantasy und modernem Fortschritt hat schon in Ankh-Morpork funktioniert, und er tut es ebenfalls in Sunder City. Unbedingt lesenswert, und hoffentlich sehen wir bald den dritten Band in der guten Übersetzung von „Trolle“-Autor Christoph Hardebusch auf Deutsch. Früher hätte man „Der letzte Held von Sunder City“ und „Totengraben“ vermutlich sogar als eine Art Geheim-Tipp oder Unter-Radar-Empfehlung gehandelt, und das Underdog-Image steht Fetch ja durchaus zu Gesicht.

Christian Endres

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Luke Arnold
Totengraben
Knaur, München 2022, 432 Seiten

Den Australier Luke Arnold kannte man bisher vor allem für seine Rolle in „Black Sails“, das zwischen 2014 und 2017 als game-of-thrones-mäßige Piraten-Fernsehserie und ferner als packendes Prequel zu Stevensons „Die Schatzinsel“ glänzte. Doch Luke Arnold ist nicht nur Stuntman, Schauspieler und Filmemacher, sondern auch Buchautor. Mit „Der letzte Held von Sunder City“ startete er im Original

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Brüten

von am 9. Mai 2022 Kommentare deaktiviert für Brüten

Jackie Polzin
Brüten
DTV, München 2022, 208 Seiten

Eine Frau berichtet davon, wie sie und ihr Mann sich eine Handvoll Hühner für ihr Grundstück an der Bahnlinie und in der immer weiter herunterkommenden Vorstadt anschaffen. Von den Aufgaben, Beobachtungen, Gedanken, Erkenntnissen, Freuden, Sorgen und Nöten, die das Leben und natürlich das liebe Federvieh betreffen – von Hühnerohren, der Hackordnung und von störrischen Hennen im Auge des Wirbelsturms. Aber auch, ganz dezent, von der Zeit nach einer Fehlgeburt sowie der ständigen Interaktion mit Freundinnen, Nachbarn und Familie. Kling nach lupenreinem, autobiografischem Nature Writing, wie etwa in Helen Macdonalds grandioser Bestseller-Abhandlung „H wie Habicht“, oder? Tut es, ist es aber nicht.

Denn obwohl Jackie Polzin z. B. tatsächlich Hühner gehalten hat, handelt es sich bei „Brüten“ doch um einen Roman, also Fiktion. Dass die Grenzen der kurzen Kapitel – eigentlich eher Episoden – ständig verwischen und man naturschriftstellerische Vibes zu empfangen glaubt, trägt zur Faszination dieses schmalen Buches voller Beobachtungen, Bedachtsamkeit und Bedeutung bei, in dem es nicht zuletzt um Verlust geht. Sechs Jahre hat die US-Autorin mit Unterbrechungen an ihrem Erstling gearbeitet, eine Verfilmung soll in Vorbereitung sein. Und ja, „Brüten“ hat nur rund 200 luftig gesetzte Seiten, doch an dem hübsch gestalteten und schön produzierten Band liest man erstaunlich lange – gegebenenfalls auch nebenher, über einen längeren Zeitraum verteilt als „Zweitbuch“, falls man so eine Lesehackordnung haben sollte.

Christian Endres

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Jackie Polzin
Brüten
DTV, München 2022, 208 Seiten

Eine Frau berichtet davon, wie sie und ihr Mann sich eine Handvoll Hühner für ihr Grundstück an der Bahnlinie und in der immer weiter herunterkommenden Vorstadt anschaffen. Von den Aufgaben, Beobachtungen, Gedanken, Erkenntnissen, Freuden, Sorgen und Nöten, die das Leben und natürlich das liebe Federvieh betreffen – von Hühnerohren, der Hackordnung und von störrischen Hennen im

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Lightwood

von am 27. April 2022 Kommentare deaktiviert für Lightwood

Steph Post
Lightwood
Polar, Stuttgart 2022, 439 Seiten

Judah Cannon hat den Kopf für seine kriminelle, zudem kriminell undankbare Familie hingehalten und seine Zeit im Florida State Prison abgesessen. Als er nachhause zurückkehrt, dauert es nicht lange, bis er im Bett seiner besten Freundin Ramey aus Schulzeiten landet – und wieder in die üblen Machenschaften seines brutalen Vaters Sherwood Cannon verstickt wird. Dabei würde Judah sein Leben gern ändern. Doch das ist nicht so leicht, und diesmal legen sich die berüchtigten Cannons auch noch mit den Falschen an. Und damit ist jetzt gar nicht mal so sehr der schwächelnde Scorpions-Motorcycle-Club gemeint, den die Cannons bei einem Überfall um eine Menge Geld erleichtern. Nein, viel mehr geht es um die bibeltreue Psychopathin Schwester Tulah, die alle Ungläubigen und Undankbaren mit Hitze, Feuer und Schlangen heimsucht, die ihre unheiligen Geschäfte stören …

„Lightwood“ kommt als ein solides Stück Country Noir aus Florida daher, ohne gleich der beste Krimi des Jahres zu sein. Eher ein kurzweiliges, handwerklich gut inszeniertes Buch für Zwischendurch als für die Favoritenliste, aber dagegen gibt es ja nichts zu sagen, schon gar nicht in diesen Zeiten. Außerdem freut es Crime-Fans, mit Steph Post eine interessante weibliche Stimme des Florida-Noir auf Deutsch kennenzulernen. Post lebt mit ihrem Mann selbst im ländlichen Norden der Region, auf Twitter posted sie Fotos von Adlern, Eulen oder sich und ihren Hühnern. Kollege Brian Panowich sagte sogar einmal, dass Steph Posts Krimis für die Arbeiterklasse Floridas das täten, was Daniel Woodrell oder Ron Rash für andere US-Territorien geleistet haben. Um das zu beurteilen, braucht es noch ein paar Bücher mehr, aber „Lightwood“ ist ja z. B. der Auftakt einer Trilogie.

Christian Endres

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Steph Post
Lightwood
Polar, Stuttgart 2022, 439 Seiten

Judah Cannon hat den Kopf für seine kriminelle, zudem kriminell undankbare Familie hingehalten und seine Zeit im Florida State Prison abgesessen. Als er nachhause zurückkehrt, dauert es nicht lange, bis er im Bett seiner besten Freundin Ramey aus Schulzeiten landet – und wieder in die üblen Machenschaften seines brutalen Vaters Sherwood Cannon verstickt wird. Dabei würde

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Cold Detective

von am 11. April 2022 Kommentare deaktiviert für Cold Detective

John McMahon
Cold Detective
Piper, München 2022, 396 Seiten

P. T. Marsh ist einer der fähigsten Ermittler im Städtchen Mason Falls, Georgia – aber ist er auch ein guter Polizist? Nach dem Unfalltod seiner Frau und seines kleinen Sohnes würde Paul da wohl selbst nicht mehr drauf wetten. Er trinkt zu viel, hört die Stimme seiner Bulldogge Purvis in seinem Kopf und verprügelt mitten in der Nacht den gewalttätigen Freund einer Stripperin. Trotz allem muss Marsh jetzt den gefährlichsten Fall seiner Karriere lösen. Er beginnt mit der verbrannten Leiche eines afroamerikanischen Predigersohns und zu vielen Verdächtigen. Schließlich kommt Marsh sogar einer okkulten Verschwörung auf die Spur …

Webefilmer John McMahon wirft zu viel in seinen Südstaaten-Cop-Krimi und auf seinen Ich-Erzähler. Doch er kommt damit durch, da sein spannender Erstling richtige Pageturner-Qualitäten entwickelt. Wahrscheinlich landete das Buch deshalb 2020 bei den Edgar Awards der Mystery Writers of America auf der Shortlist für das beste Debüt, wo am Ende allerdings „Miracle Creek“ von Angie Kim gewann. Auf Englisch hat Mr. McMahon nach „The Good Detective“ (wie der erste Band im Original heißt) mit „The Evil Men Do“ und „A Good Kill“ seine Serie um P. T. Marsh bereits erfolgreich fortgesetzt.

Christian Endres

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John McMahon
Cold Detective
Piper, München 2022, 396 Seiten

P. T. Marsh ist einer der fähigsten Ermittler im Städtchen Mason Falls, Georgia – aber ist er auch ein guter Polizist? Nach dem Unfalltod seiner Frau und seines kleinen Sohnes würde Paul da wohl selbst nicht mehr drauf wetten. Er trinkt zu viel, hört die Stimme seiner Bulldogge Purvis in seinem Kopf und verprügelt mitten

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Bobby March Forever

von am 4. April 2022 Kommentare deaktiviert für Bobby March Forever

Alan Parks
Bobby March Forever
Heyne Hardcore, München 2021, 16 Seiten

Der Schotte Alan Parks, der im Musik-Business früher All Saints und andere Acts betreute, kam durch seinen Kumpel John Niven zum Schreiben. „Bobby March Forever“ ist nun schon Parks dritter Hardboiled-Krimi über das Glasgow der frühen 70er-Jahre und seinen Cop Henry McCoy. Diesmal sucht die ganze Stadt ein verschwundenes, wahrscheinlich entführtes Mädchen – nur McCoy wird von einem Erzrivalen bei der Polizei kaltgestellt. Also sucht unser Protagonist ein anderes Mädel, das in Schwierigkeiten stecken könnte, hilft seinem Gangsterboss-Freund aus Kindheitstagen und ermittelt im Mord an Bobby March.

Der fiktive Musiker, der mit Iggy und Syd high wurde und als begnadeter Studiogitarrist für die Stones spielte, fällt natürlich genau in Parks Hoheitsgebiet. Doch auch sonst erweckt der Schotte das Glasgow der 70er wieder voller Schatten und Stimmung zum Leben, obwohl er im dritten Band einen ungewöhnlich heißen Sommer beschreibt und Detectice Zufall ein, zwei Mal nachhelfen muss. Die Ermittlungen und Verstrickungen von McCoy haben trotzdem wieder einem super Flow, und ungefähr ab der Mitte wird der Stoff richtig finster und rechtfertigt das Hardcore im Logo. Die „Hank McCoy“-Serie ist und bleibt eine sichere Nummer, man freut sich auf jeden neuen Band in der Übersetzung von Conny Lösch.

Witziges Easter Egg für Follower dieses Blogs und Fans des Tartan-Noir: Alan Parks erweist sogar Liam McIlvanneys Roman „Ein frommer Mörder“ seine Referenz und verortet die Antihelden McCoy und McCormack damit im selben historischen Krimi-Universum.

Christian Endres

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Alan Parks
Bobby March Forever
Heyne Hardcore, München 2021, 16 Seiten

Der Schotte Alan Parks, der im Musik-Business früher All Saints und andere Acts betreute, kam durch seinen Kumpel John Niven zum Schreiben. „Bobby March Forever“ ist nun schon Parks dritter Hardboiled-Krimi über das Glasgow der frühen 70er-Jahre und seinen Cop Henry McCoy. Diesmal sucht die ganze Stadt ein verschwundenes, wahrscheinlich entführtes Mädchen

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Der grillende Killer

von am 30. März 2022 Kommentare deaktiviert für Der grillende Killer

Chang Kuo-Li
Der grillende Killer
Knaur, München 2022, 320 Seiten

Chang Kuo-Li ist Romancier, Dichter, Linguist, Historiker, Militärexperte und Food-Kritiker. Dem Roman „Der grillende Killer“ merkt man die vielen Interessengebiete und Kompetenzbereiche seines 1955 geborenen Autors definitiv an – meistens, wenn auch nicht immer im Positiven. Der Fokus der Geschichte liegt allerdings klar auf zwei Hauptfiguren: Dem erfahrenen Kommissar Wu aus Taipeh, der sich zwei Wochen vor seiner Pensionierung mit deutlich zu vielen Leichen aus dem Umfeld von Militär und Marine herumschlagen muss; und dem international arbeitenden Elitescharfschützen Alex Li, der zwischen seinen Aufträgen einen kleinen Reis-Schnell-Imbiss im italienischen Küstendorf Manarola betreibt und der plötzlich um die halbe Welt flüchten muss, als er nach Erledigung eines Jobs selbst ins Visier genommen wird …

Ein salopper Titel wie „Der grillende Killer“ lässt es schon vermuten, dafür braucht man keinen Sherlock Holmes: Dieser asiatische Krimi hat Humor, und das durchaus von der guten, bissigen Sorte. Gerade die Kapitel um Kommissar Wu sind in dieser Hinsicht sehr fein und unterhaltsam zu lesen. Weniger humorvoll geht es zu, wenn sich Kuo-Li mit seinem methodischen Scharschützen befasst, dafür lassen einen diese Passagen oftmals an die John Rain-Bücher von Barry Eisler denken. Überhaupt erinnert die internationale Mainstream-Tauglichkeit stets an Eisler und andere Erfolgsautoren aus der Ecke des eher militärischen Thrillers. Wahrscheinlich werden der vielseitige Chang Kuo-Li, der pfiffige Kommissar Wu und der grillende Sniper am Jahresende auf keiner Top-Liste landen, kurzweiligen Lesespaß bieten sie hinter einem coolen Cover trotzdem.

Christian Endres

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Chang Kuo-Li
Der grillende Killer
Knaur, München 2022, 320 Seiten

Chang Kuo-Li ist Romancier, Dichter, Linguist, Historiker, Militärexperte und Food-Kritiker. Dem Roman „Der grillende Killer“ merkt man die vielen Interessengebiete und Kompetenzbereiche seines 1955 geborenen Autors definitiv an – meistens, wenn auch nicht immer im Positiven. Der Fokus der Geschichte liegt allerdings klar auf zwei Hauptfiguren: Dem erfahrenen Kommissar Wu aus Taipeh, der

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Drag Cop

von am 23. Februar 2022 Kommentare deaktiviert für Drag Cop

Candas Jane Dorsey
Drag Cop
Suhrkamp, Berlin 2021, 251 Seiten

Candas Jane Dorsey, Jahrgang 1952, arbeitete schon als Autorin, Herausgeberin, Verlegerin, Aktivistin und Anwältin. Ende der 1980er war sie eine der Gründerinnen des Kollektivs SF Canada. Für ihren Science-Fiction-Roman „Black Wine“ von 1997 wurde sie mit dem James Tiptree Jr. Award, dem Crawford Award und dem Prix Aurora Award ausgezeichnet. Jetzt liegt ihr Krimi „The Adventures of Isabel: A Postmodern Mystery, By the Numbers“ von 2020 als „Drag Cop“ in der Übersetzung von Conny Lösch auf Deutsch erschienen. Titel und Cover der deutschsprachigen Ausgabe, die Herausgeber Thomas Wörtche in seiner stets beachtenswerten Krimi-Reihe aufgenommen hat, meinen es etwas zu gut und wollen es etwas zu sehr, aber sei’s drum (der Originaltitel und die Kapitelüberschriften stammen übrigens alle aus dem Gedicht „The Adventures of Isabel“ von Ogden Nash, außerdem zitiert Dorsey an einer Stelle Fantastik-Größe R. A. Lafferty). „Drag Cop“, in dem eine pansexuelle Ex-Sozialarbeiterin und Ich-Erzählerin, ihr Kater und ihre in vielen Fällen queeren Freunde in einem Mordfall ermitteln, ist ein sympathisch blubbernder Detektivkrimi mit ein paar witzigen Meta-Allüren. Dass man sich von der Stimmung her ständig an Kinky Friedmans herrliche Detektivromane erinnert fühlt, hat nichts mit der Bedeutung von dessen Vornamen zu tun.

Christian Endres

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Candas Jane Dorsey
Drag Cop
Suhrkamp, Berlin 2021, 251 Seiten

Candas Jane Dorsey, Jahrgang 1952, arbeitete schon als Autorin, Herausgeberin, Verlegerin, Aktivistin und Anwältin. Ende der 1980er war sie eine der Gründerinnen des Kollektivs SF Canada. Für ihren Science-Fiction-Roman „Black Wine“ von 1997 wurde sie mit dem James Tiptree Jr. Award, dem Crawford Award und dem Prix Aurora Award ausgezeichnet. Jetzt liegt ihr

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Corto Maltese: Schwarzer Ozean

von am 9. Februar 2022 Kommentare deaktiviert für Corto Maltese: Schwarzer Ozean

Quenehen, Vives
Corto Maltese: Schwarzer Ozean
Schreiber & Leser 2022, 184 Seiten

Nicht nur, dass die historischen Abenteuer von Hugo Pratts Comic-Ikone Corto Maltese seit einiger Zeit offiziell durch Ruben Pellejero und Juan Diaz Canales mit neuen Alben über die Vergangenheit fortgeführt werden. Nein, nun gibt es sogar eine autorisierte Modernisierung des Klassikers: „Corto Maltese: Schwarzer Ozean“, inszeniert von Autor Martin Quenehen und dem fantastischen Künstler Bastien Vivès („LastMan“, „Eine Schwester“) und soeben bei Schreiber & Leser auf Deutsch erschienen. In ihrem Album wird der lässige Antiheld aus Pratts vielen, teils revolutionären Comic-Highlights zum Piraten, Glücksritter und Schatzsucher kurz nach dem Millennium, wobei es Corto mit Baseballcap statt Kapitänsmütze nach Japan und in die Anden verschlägt.

Das eher episodisch strukturierte Update des Seemanns macht dabei nicht alles, aber doch viel richtig. Vor allem holt man den Spirit und die Essenz von Corto wirklich gut ins 21. Jahrhundert, obwohl es in die gleich wieder etwas überholt wirkende Ära von Nine-Eleven und der Klapp-Handys geht. Aber diese 20 Jahre Versatz reichen, um trotz Moderne einen leicht historischen Touch an einer zeitgeschichtlichen Wegmarke zu haben, und das trifft zwar nicht den aktuellen Hightech-Zeitgeist, allerdings wieder voll den Geist von Pratt und seinen ursprünglichen Legenden über Corto und Rasputin, die im Original manches Schlachtfeld der Weltgeschichte sahen. Und auch Mythen, Bücher und das Lesen spielen wieder eine wichtige Rolle, Pratts Meta-Faktor wird also zwischen 2001 und 2022 ebenfalls respektiert.

„Corto Maltese: Schwarzer Ozean“ liest man gerne, und da würde man durchaus mehr von lesen, natürlich ein ganzes Stück weit wegen Bastien Vivès’ gewohnt stylishen Bildern, die sehr gut zu Corto passen – egal, durch welche Gezeiten oder Zeit der Freigeist törnt.

Christian Endres

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Quenehen, Vives
Corto Maltese: Schwarzer Ozean
Schreiber & Leser 2022, 184 Seiten

Nicht nur, dass die historischen Abenteuer von Hugo Pratts Comic-Ikone Corto Maltese seit einiger Zeit offiziell durch Ruben Pellejero und Juan Diaz Canales mit neuen Alben über die Vergangenheit fortgeführt werden. Nein, nun gibt es sogar eine autorisierte Modernisierung des Klassikers: „Corto Maltese: Schwarzer Ozean“, inszeniert von Autor Martin Quenehen und

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Bitches Bite Back

von am 31. Januar 2022 Kommentare deaktiviert für Bitches Bite Back

Laura Steven
Bitches Bite Back
Droemer, München 2021, 335 Seiten

„Speak up“, Laura Stevens erster Roman über Izzy O’Neill, war schonungsloser bis himmlischer feministischer Punk in Prosa. Ein Buch, das ungeniert den Finger in die Wunden unserer Gesellschaft legt, in der Rachepornos, Internet-Shitstorms und mediale Hetzkampagnen zum realen und virtuellen Alltag gehören. Das frisch erschienene Sequel „Bitches Bite Back“ rekapituliert für alle, die „Speak up“ nicht gelesen haben sollten, auf ein paar Seiten noch einmal knapp die Ereignisse des Auftaktbandes. Dann sind alle ready, die aktuellen rotzigen ‚Blog-Einträge’ der 18-jährigen Schülerin, Drehbuchautorin und Ich-Erzählerin Izzy O’Neill zu lesen, die fest entschlossen ist, als Aktivistin gegen Rachepornos vorzugehen. Und wenn sie und ihre besten Freundinnen dafür den Medien und der Politik einheizen müssen …

„Bitches Bite Back“ hat wieder eine Menge Feuer – und ist eine ebenso unterhaltsame wie wichtige Lektüre, der es trotzdem keineswegs an Witz und Warmherzigkeit mangelt. Mittlerweile wurde mir klar, dass schon der erste Band der Serie ein Stück weit an Cory Doctorows „Little Brother“-Bücher um den Hacker und Aktivisten Marcus Yallow erinnerte. Natürlich ist die Digitalisierung dort ein noch wesentlich zentralerer Bestandteil der Handlung. Doch auch in Izzys Geschichte geht es um die Auswirkungen zwischen virtueller und echter Welt, falsche Gesetze, die Bedeutung von Protestbewegungen und vor allem Freiheit. Nicht nur wer gerne die Science-Fiction von Cory Doctorow liest, sollte mit Laura Steven und der großartigen Izzy in den Kampf ziehen und „Bitches Bite Back“ abfeiern.

Christian Endres

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Laura Steven
Bitches Bite Back
Droemer, München 2021, 335 Seiten

„Speak up“, Laura Stevens erster Roman über Izzy O’Neill, war schonungsloser bis himmlischer feministischer Punk in Prosa. Ein Buch, das ungeniert den Finger in die Wunden unserer Gesellschaft legt, in der Rachepornos, Internet-Shitstorms und mediale Hetzkampagnen zum realen und virtuellen Alltag gehören. Das frisch erschienene Sequel „Bitches Bite Back“ rekapituliert für alle, die

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Cordie

von am 19. Januar 2022 Kommentare deaktiviert für Cordie

Felicity McLean
Cordie
Polar, Stuttgart 2021, 377 Seiten
ISBN 978-3-948392-34-5

Die Australierin Tikka Molloy lebt in Boston, doch selbst hier sieht sie Gespenster aus ihrer Vergangenheit in der Heimat. Denn als Tikka und ihre beiden Schwestern noch Kinder waren, verschwanden in einem besonders heißen Sommer die drei gleichaltrigen van Apfel-Mädchen von nebenan. Jetzt kehrt Tikka nach Australien zurück und erinnert sich an ihre Jugend, an die fromme Familie aus dem Nachbarhaus, die besonders rebellische van Apfel-Tochter Cordie und alles, was damals, nach dem Kalten Krieg, für so viel Aufsehen in dem kleinen Tal im Busch gesorgt hat. „Cordie“, im Original als „The Van Apfel Girls Are Gone“ erschienen, ist das Romandebüt der australischen Journalistin und Autorin Felicity McLean – und schaffte es immerhin auf die Longlist des John Creasey New Blood Dagger der British Crime Writers Association für den besten Erstling. McLeans Roman präsentiert sich als Coming-of-Age-Geschichte, Gesellschaftsportrait, Vermissten-Krimi und Outback-Noir in einem, und stets spürt man die stacheligen Geheimnisse und unangenehmen Wahrheiten, selbst wenn die junge Tikka sie nur bedingt zu fassen kriegt. Felicity McLeans Buch kann nicht mit jeder Szene vollkommen überzeugen oder den Spannungsbogen halten, hat in der Summe allerdings genügend Megan-Abbott-Vibes, um zu gefallen.

Christian Endres

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Felicity McLean
Cordie
Polar, Stuttgart 2021, 377 Seiten
ISBN 978-3-948392-34-5

Die Australierin Tikka Molloy lebt in Boston, doch selbst hier sieht sie Gespenster aus ihrer Vergangenheit in der Heimat. Denn als Tikka und ihre beiden Schwestern noch Kinder waren, verschwanden in einem besonders heißen Sommer die drei gleichaltrigen van Apfel-Mädchen von nebenan. Jetzt kehrt Tikka nach Australien zurück und erinnert sich an ihre Jugend,

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Adventskalender 2021 T-08 "Sechzehn Wege"

von am 16. Dezember 2021 Kommentare deaktiviert für Adventskalender 2021 T-08 "Sechzehn Wege"

K. J. Parker
Sechzehn Wege, eine befestigte Stadt zu verteidigen
Panini, Stuttgart 2021, 389 Seiten
ISBN 978-3-8332-4105-5

Wie viele Bücher habt ihr dieses Jahr gelesen, die euch vor herzhaftem Lachen oder erstauntem Ausrufen mehr als einmal innehalten ließen? Nicht genug? Dann kommt hier noch ein Highlight auf der literarisch-fantastischen Zielgeraden von 2021 …

Geschrieben hat es Tom Holt. Deutschsprachige Leserinnen und Leser kennen ihn für seine gewitzten fantastischen Bücher, von denen in den 1990ern viele bei Heyne herauskamen. In der Rückschau könnte man wohl sagen, dass der 1961 geborene Engländer so eine Art Bindeglied zwischen Douglas Adams, Terry Pratchett und Jasper Fforde darstellt. 2015 wurde zudem bekannt, dass Holt seit 1998 das Pseudonym K. J. Parker verwendet – und unter diesem 2011 sogar den World Fantasy Award für die beste Novelle erhielt. Bei Panini ist jetzt sein grandioser Roman „Sechzehn Wege, eine befestigte Stadt zu verteidigen“ erschienen.

Darin nutzt Holt/Parker eine fiktionalisierte Version des römischen Imperiums als pseudohistorischen Hintergrund seiner Geschichte (etwa so, wie Robert E. Howard das mit den Settings seiner Conan-Erzählungen getan hat). In Parkers Alternativwelt-Interpretation des antiken römischen Weltreichs muss der durchtriebene, opportunistische Oberst Orhan von einem Brückenbau-Regiment die Hauptstadt der Robur verteidigen, die überraschend von einer gewaltigen Armee belagert wird. Orhan erlangt das Kommando und gibt alles für die kaiserliche Metropole, obwohl die Robur den früheren Sklaven wegen seiner hellen Haut eigentlich als minderwertig erachten …

Die Geschichte der Belagerung stellt keineswegs das epische Spektakel aus extremer Action und epischem Heldenmut dar, das man vielleicht erwartet – die Figuren, Probleme und Intrigen abseits der Mauer, direkt in der von verschiedenen Fraktionen beherrschten Stadt, sind immer am wichtigsten. Orhans erfrischend schelmische und zynische Erzählstimme bietet dabei ein konstantes Lesevergnügen. Das gilt letztlich für diesen ganzen fantastischen Roman, der genau das richtige für alle Fans von Steven Brust, Martin Scott und dem bereits erwähnten Sir Terry ist.

Christian Endres

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K. J. Parker
Sechzehn Wege, eine befestigte Stadt zu verteidigen
Panini, Stuttgart 2021, 389 Seiten
ISBN 978-3-8332-4105-5

Wie viele Bücher habt ihr dieses Jahr gelesen, die euch vor herzhaftem Lachen oder erstauntem Ausrufen mehr als einmal innehalten ließen? Nicht genug? Dann kommt hier noch ein Highlight auf der literarisch-fantastischen Zielgeraden von 2021 …
Geschrieben hat es Tom Holt. Deutschsprachige Leserinnen und Leser kennen ihn für

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Adventskalender 2021 T-09 "Sibylla"

von am 15. Dezember 2021 Kommentare deaktiviert für Adventskalender 2021 T-09 "Sibylla"

Max Baitinger
Sibylla
Reprodukt 2021, 176 Seiten

Die Illustrationen und Comics des 1982 geborenen Max Baitinger sind meistens anders – und erscheinen sogar im renommierten „New Yorker“. Zum 400. Geburtstag der Dichterin Sibylla Schwarz (1621–1638), die nur 17 Jahre alt wurde, hat er sich nun an die ungewöhnliche, ja, sogar außergewöhnliche Comic-Bio „Sibylla“ gemacht. Comic-Biografien stehen seit einigen Jahren hoch im Kurs (teilweise selbst bei Verlagen, die früher nie in Comics machten). Doch „Sibylla“ ignoriert die Erwartungen, und das nicht nur wegen Baitingers eigensinnigem, gerne mal abstrakten und immer kühnen Strich. Er vermischt nämlich das kurze Leben der Dichterin während des 30-jährigen Krieges, ihr lyrisches Werk und seine eigene Arbeit an der Panel-Bio ungeniert miteinander, lässt sogar gewitzt seine heutige Projekt-Kommunikation und Recherche sowie seine Meta-Kommentare einfließen. Das ist auf jeder Ebene so weit vom Comic-Biografien-Standard entfernt, wie es nur geht, und sticht deshalb verdient hervor – und macht das überraschend leichtfüßige „Sibylla“ selbst dann zu einem interessanten Werk, wenn man zuvor noch nie von Sybilla Schwarz aus dem pommerschen Greifswald oder ihren Texten gehört hat. Dafür erhielt Max Baitinger, dessen Backlist „Heimdall“, „Röhner“, „Birgit“ und „Happy Place“ umfasst, letztes Jahr den mit 20.000 Euro dotierten, definitiv auch als Förderung gedachten Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung.

Christian Endres
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Max Baitinger
Sibylla
Reprodukt 2021, 176 Seiten

Die Illustrationen und Comics des 1982 geborenen Max Baitinger sind meistens anders – und erscheinen sogar im renommierten „New Yorker“. Zum 400. Geburtstag der Dichterin Sibylla Schwarz (1621–1638), die nur 17 Jahre alt wurde, hat er sich nun an die ungewöhnliche, ja, sogar außergewöhnliche Comic-Bio „Sibylla“ gemacht. Comic-Biografien stehen seit einigen Jahren hoch im Kurs (teilweise selbst

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Adventskalender 2021 T-12 "The Rules of Magic"

von am 12. Dezember 2021 Kommentare deaktiviert für Adventskalender 2021 T-12 "The Rules of Magic"

Alice Hoffman
The Rules of Magic – Eine zauberhafte Familie
Fischer, Frankfurt 2021, 364 Seiten
ISBN 978-3-59670060-8

„The Rules of Magic – Eine zauberhafte Familie“ von Alice Hoffman erzählt die Geschichte der Geschwister Franny, Jet und Vincent Owens, die in den 1950ern, 1960ern und 1970ern mit ihren hexerischen Gaben bzw. ihrem magischen Erbe ringen. Zu diesen gehört nämlich auch der Fluch, dass alle sterben, die sie jemals lieben. Ihre Eltern wollen in New York deshalb alles Übernatürliche und Magische von den Kindern fernhalten. Doch deren Hexentante auf dem Land fördert es, und dem Schicksal ist es sowieso egal, was die Menschen wollen oder gar begehren …

Wer das fantastische Genre schon etwas länger im Blick hat, wird es sich schon gedacht haben oder sich zumindest jetzt vage erinnern: „The Rules of Magic – Eine zauberhafte Familie“ ist das Prequel zu Alice Hoffmans berühmten Roman „Im Hexenhaus“ von 1995, der drei Jahre später als „Zauberhafte Schwestern“ mit Nicole Kidman und Sandra Bullock verfilmt wurde (und Anfang 2022 bei Fischer als „Practical Magic – Zauberhafte Schwestern“ ebenfalls neu aufgelegt werden soll). Die 1952 geborene Hoffman hat ihr im Original 2017 veröffentlichtes Prequel allerdings so angelegt und abgefasst, dass man es komplett eigenständig lesen kann, selbst wenn man bisher noch nichts von ihr oder der Familie Owens weiß.

Einfühlsam, charmant und packend geschrieben, berauschend zu lesen, durch und durch magisch – so, wie man mit Franny, Jet und Vincent lacht und leidet, schlägt man sich mit diesem verhext fantastischen Pageturner gerne die Nächte um die Ohren.

Christian Endres
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Alice Hoffman
The Rules of Magic – Eine zauberhafte Familie
Fischer, Frankfurt 2021, 364 Seiten
ISBN 978-3-59670060-8

„The Rules of Magic – Eine zauberhafte Familie“ von Alice Hoffman erzählt die Geschichte der Geschwister Franny, Jet und Vincent Owens, die in den 1950ern, 1960ern und 1970ern mit ihren hexerischen Gaben bzw. ihrem magischen Erbe ringen. Zu diesen gehört nämlich auch der Fluch, dass alle sterben, die sie

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Adventskalender 2021 T-18 "Der Wald"

von am 6. Dezember 2021 Kommentare deaktiviert für Adventskalender 2021 T-18 "Der Wald"

Der Wald
Thomas Ott
Carlsen 2021, 30 Seiten

Comics stehen eigentlich für die Verbindung von Bild und Text auf einer Seite, oft sogar in mehreren Panels. Thomas Otts neuestes Werk „Der Wald“ sollte daher wohl besser als Bildergeschichte bezeichnet werden, denn die Magie entsteht hier zwischen wortlosen Einzelseiten. Allerdings möchte man gleichzeitig von großer Comic-Kunst sprechen, insofern tut sich hier ein gewisses Paradoxon auf. So oder so bietet Otts „Der Wald“ ein Erlebnis. Auf zwei Dutzend schwarz-weißen Bildern bzw. Seiten ohne ein einziges Wort und mit umso mehr Tiefe und Bedeutung, die in der Schabkartontechnik entstanden sind, lässt Ott einen Jungen von einer Beerdigung in den nahen Wald fliehen. Dort begegnet der Bursche Monstern, einer Hexe, Geistern und anderem und kehrt verändert nach Hause zurück …

Thomas Ott, 1966 in Zürich geboren, erhielt bereits 1996 den Max-und-Moritz-Preis, 2013 interpretierte er mit Hollywood-Star Thomas Jane den Film „Dark Country“ auf seine markante künstlerische Art neu, 2017 wurde er bei den Schweizer Design Awards mit dem Grand Prix Design für sein Lebenswerk ausgezeichnet. „Der Wald“ ist ein fantastisches, faszinierendes Narrativ in 25 grandiosen Schwarz-Weiß-Bildern, die an klassische Stiche der alten Meister und Illustratoren gemahnen. Kein dicker Band, keine lange Geschichte, kein episches Stück – doch man liest das Buch gleich mehrere Male hintereinander, weil man bei jedem Durchgang etwas Neues entdeckt. Bemerkenswert.

Christian Endres
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Der Wald
Thomas Ott
Carlsen 2021, 30 Seiten

Comics stehen eigentlich für die Verbindung von Bild und Text auf einer Seite, oft sogar in mehreren Panels. Thomas Otts neuestes Werk „Der Wald“ sollte daher wohl besser als Bildergeschichte bezeichnet werden, denn die Magie entsteht hier zwischen wortlosen Einzelseiten. Allerdings möchte man gleichzeitig von großer Comic-Kunst sprechen, insofern tut sich hier ein gewisses Paradoxon

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Saubermann

von am 1. November 2021 1 Kommentar

Ken Bruen
Saubermann
Polar, Stuttgart 2021, 224 Seiten
ISBN 978-3-948392-28-4

Die „Jack Taylor“-Romane des irischen Krimi-Könners Ken Bruen, seit 2001 im Umlauf, gehören eigentlich zur Grundausstattung. Noch vor seinem ins Fernsehen vorgestoßenen Detektiv schuf Bruen, dieser Meister des finsteren, zynischen und coolen Hardboiled von der Insel, die Serie um Detective Sergeant Brant, Chief Inspector Roberts und Constable Falls. Der Film „Blitz – Cop-Killer vs. Killer-Cop“ mit dem schnellen und furiosen Transporter Jason Statham basiert auf den Brant-Romanen, ohne dass das jetzt als Qualitätssiegel gewertet werden soll.

Bei Polar kamen schon ein paar der Brant-Bücher heraus, mit „Saubermann“ liegt nun sogar der allererste auf Deutsch vor. Der Roman, 1998 erstmals veröffentlicht und mit allerhand Anspielungen auf Police-Procedural-Pionier Ed McBain gespickt, ist ein brachiales, fieses Vergnügen, Bruen wie man ihn kennt und liebt (vorausgesetzt, die Wellenlänge stimmt). Brant walzt als der Schandfleck der Londoner Polizei durch Dienst und Leben, korrupt, brutal, nur einer eigenen schrägen Logik verpflichtet. Ein Antiheld auf Talfahrt in die Hölle. Er und sein Chef Roberts, beste Feinde, brauchen einen Saubermann-Fall, einen großen Fisch, der alle Verfehlungen vergessen macht. Zur Auswahl stehen ein Serienkiller, der die englische Cricket-Nationalmannschaft dezimiert, und eine Gruppe selbsternannter Rächer, die Kriminelle aufknüpfen und anzünden …

„Jack Taylor fliegt raus“ wäre ein guter Start in Ken Bruens Schaffen, ebenso die pulpige Fisher/Petrakos-Trilogie von ihm und Jason Starr. Und ja, „Saubermann“, dieser gewalttätige, düstere Gruß aus den 90ern, taugt auch fürs Kennenlernen. Allerdings erinnert einen diese willkommene Veröffentlichung auch schmerzhaft daran, dass noch so einige Bruens, sogar ein paar Jack Taylors, nicht ins Deutsche übersetzt wurden. Aber immerhin geht es nun mit Brant und Roberts weiter. Oder los. Je nachdem.

Christian Endres

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Ken Bruen
Saubermann
Polar, Stuttgart 2021, 224 Seiten
ISBN 978-3-948392-28-4

Die „Jack Taylor“-Romane des irischen Krimi-Könners Ken Bruen, seit 2001 im Umlauf, gehören eigentlich zur Grundausstattung. Noch vor seinem ins Fernsehen vorgestoßenen Detektiv schuf Bruen, dieser Meister des finsteren, zynischen und coolen Hardboiled von der Insel, die Serie um Detective Sergeant Brant, Chief Inspector Roberts und Constable Falls. Der Film „Blitz – Cop-Killer vs. Killer-Cop“

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Save It For Later

von am 13. Oktober 2021 Kommentare deaktiviert für Save It For Later

Nate Powell
Save It For Later
Aus dem Amerikanischen von Christian Langhagen
Carlsen 2021, 160 Seiten

Nate Powell ist ein vielfach ausgezeichneter Comic-Künstler aus den USA. Berühmt wurde er durch die „March“-Trilogie über John Lewis und die schwarze Bürgerrechtsbewegung – Powell erhielt sogar als erster Cartoonist überhaupt den National Book Award. In „Save It For Later“, auf Deutsch gerade bei Carlsen erschienen, wirft der 1978 geborene Powell nun einen sehr persönlichen und sehr kritischen Blick auf seine Heimat. Auf die Jahre unter Donald Trump als Präsident, den boomenden Nationalismus, den Punisher-Totenschädel als Symbol für die falschen Werte, Rassismus, Polizweigewalt, den Schrecken von Covid-19 und wie man den eigenen Kindern all diese Dinge behutsam erklärt. Und wie man sie früh verstehen lässt, dass es manchmal nicht ohne Aufstehen und Protestieren geht.

„Save It For Later“ ist ein wütender sozialkritischer und politischer Comic, jedoch stets gut aufbereitet und toll gezeichnet. Außerdem kommuniziert Powells offenherziger, entrüsteter und episodischer Band mit James Sturms Meisterwerk „Ausnahmezustand“ (Reprodukt) und „Der Mann, der Chris Kyle erschoss“ von Fabien Nury und Brüno (ebenfalls Carlsen). Zusammen lassen sie uns nämlich in die auf neue Art gespaltene amerikanische Gesellschaft der Moderne, ihre beiden Seelen und ihre Abgründe blicken. Besonders eindringlich werden die Bildergeschichten dadurch, dass bei einer Wahl in den USA zuletzt nur noch wenige Prozent entschieden, wie der Kurs der Weltmacht vorgegeben, der Spirit vorgelebt wird.

Christian Endres

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Nate Powell
Save It For Later
Aus dem Amerikanischen von Christian Langhagen
Carlsen 2021, 160 Seiten

Nate Powell ist ein vielfach ausgezeichneter Comic-Künstler aus den USA. Berühmt wurde er durch die „March“-Trilogie über John Lewis und die schwarze Bürgerrechtsbewegung – Powell erhielt sogar als erster Cartoonist überhaupt den National Book Award. In „Save It For Later“, auf Deutsch gerade bei Carlsen erschienen, wirft der 1978

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Die Tote mit der roten Strähne

von am 6. Oktober 2021 Kommentare deaktiviert für Die Tote mit der roten Strähne

Kathleen Kent
Die Tote mit der roten Strähne
Suhrkamp, Berlin 2021, 365 Seiten
ISBN 978-3-518-47170-8

Den literarischen Empfehlungen der eigenen Lieblingsautoren zu folgen, führt oft zu interessanten anderen Kreativen und Büchern. Nehmen wir dieses Beispiel. Über Kathleen Kents Krimi „Die Tote mit der roten Strähne“ sagt und blurbt der texanische Kulterzähler, Alleskönner und Krimimeister Joe R. Lansdale: „Ich liebe dieses Buch! Betty ist meine Heldin. Klug, entschlossen, absolut einzigartig.“

Erfunden hat sie die 1953 geborene Kathleen Kent, die sich mit historischen Romanen einen Namen als Bestseller-Autorin machte. Ihr erster lupenreiner Hardboiled-Roman dreht sich um Betty Rhyzyk, Sprössling einer Brooklyner Polizistenfamilie mit polnischen Wurzeln. Allen internen und externen Widerständen zum Trotz, wird die große, taffe rothaarige „Amazone“ (um den Roman mal zu zitieren) selbst ein Cop. Am Ende landet sie aber im texanischen Dallas, wo sie als lesbische Polizistin nicht weniger aushalten muss. Dass ein Einsatz gegen ein mexikanisches Kartell völlig aus dem Ruder läuft, plötzlich überall Leichen/Leichenteile auftauchen und ein gefährlicher Irrer Betty ins Visier nimmt, macht’s kein bisschen leichter …

„Die Tote mit der roten Strähne“ ist solider und allemal unterhaltsamer Hardboiled-Cop-Stoff. Und obwohl es im letzten Drittel dann doch ein bisschen zu trashig zugeht, würde man sicher weitere Fälle von Betty Rhyzyk lesen, sollte Herausgeber Thomas Wörtche sie in seiner stets beachtenswerten Krimi-Reihe bei Suhrkamp bringen.

Christian Endres

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Kathleen Kent
Die Tote mit der roten Strähne
Suhrkamp, Berlin 2021, 365 Seiten
ISBN 978-3-518-47170-8

Den literarischen Empfehlungen der eigenen Lieblingsautoren zu folgen, führt oft zu interessanten anderen Kreativen und Büchern. Nehmen wir dieses Beispiel. Über Kathleen Kents Krimi „Die Tote mit der roten Strähne“ sagt und blurbt der texanische Kulterzähler, Alleskönner und Krimimeister Joe R. Lansdale: „Ich liebe dieses Buch! Betty ist meine

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Wie viel von diesen Hügeln ist Gold

von am 4. Oktober 2021 Kommentare deaktiviert für Wie viel von diesen Hügeln ist Gold

C Pam Zhang
Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
S. Fischer, Frankfurt 2021, 352 Seiten
ISBN 978-3-10-397392-1

Der Western ist ein Genre der Klischees – im Guten wie im Schlechten. Ab und an werden die Regeln und Tropen natürlich auch gebrochen und verdreht, aber das passiert nur selten in der virtuosen Manier von C Pam Zhangs Romanerstling „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“. 1990 in China geboren, wuchs die Autorin in den USA auf und studierte u. a. in Cambridge. Ihre früheren Texte erschienen in renommierten Publikationen, etwa „McSweeny’s Quarterly“, „The New Yorker“, „The New York Times“ und „Best American Short Stories“.

In ihrem Debütroman erzählt Zhang von der harten Suche nach Glück im Wilden Westen der Goldgräber und Siedler – allerdings aus der Sicht einer Familie mit chinesischen Wurzeln, und hier vor allem aus der Perspektive der beiden Kinder Lucy und Sam, zwei ungleichen Geschwistern. In mal rauer, mal zarter, aber stets wunderschöner Prosa geht es bei Zhang um Rassismus, Sexismus, Identität, Gender, Familie, Klassenkampf und mehr. Die Kulisse und der Mythos sind vertraut, die Prägung und Ausleuchtung eine ganz andere. Ein Geist wird kurzzeitig sogar zum Erzähler, und angeblich streicht ein Tiger durch die Berge und Städte im Westen …

C Pam Zhangs kühner Roman landete auf der Longlist für den Booker Prize und unter den Finalisten für den PEN/Hemingway Award, außerdem erhielt er den Asian/Pacific American Award for Literature. Barack Obama, dessen Leseempfehlungen jedes Jahr mit Spannung erwartet werden, war von „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ ebenfalls sehr angetan. Verdiente Würdigungen für den wohlklingenden Western der etwas anderen Art, der den Mythos mit historischen Wahrheiten, diversen Blickwinkeln und modernem Bewusstsein bereichert. Kurzum: Literarisches Gold.

Christian Endres

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C Pam Zhang
Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
S. Fischer, Frankfurt 2021, 352 Seiten
ISBN 978-3-10-397392-1

Der Western ist ein Genre der Klischees – im Guten wie im Schlechten. Ab und an werden die Regeln und Tropen natürlich auch gebrochen und verdreht, aber das passiert nur selten in der virtuosen Manier von C Pam Zhangs Romanerstling „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“.

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Ein frommer Mörder

von am 22. September 2021 Kommentare deaktiviert für Ein frommer Mörder

Liam McIlvanney
Ein frommer Mörder
Heyne, München 2021, 448 Seiten
ISBN 978-3-453-44093-7

Im Jahr 1968 muss das alte Glasgow immer mehr den modernen Hochhäusern und Sozialsiedlungen weichen. Überall stehen Wohnungen leer und wird abgerissen. Die Polizei jagt außerdem den Quäker, einen Serienkiller, der Frauen in seinem frömmlerischen Wahn vergewaltigt und ermordet. Doch auch nach einem Jahr, drei Leichen sowie 50.000 Aussagen und Hinweisen aus der Bevölkerung haben die Polizisten keinen Durchbruch zu vermelden. Nun soll der aus den Highlands stammende Sonderermittler Duncan McCormack die damals teuerste Untersuchung in der Geschichte der schottischen Polizei prüfen, was ihm den Hass seiner Kollegen sichert. Gleichzeitig kommt ein Safeknacker dem Quäker-Fall nach einem erfolgreichen Bruch näher, als ihm lieb ist …

„Ein frommer Mörder“ ist ein ganz feiner Schottenkrimi, der vom realen Fall des Serienmörders Bible John inspiriert wurde – aber das ist noch nicht alles. Denn Liam McIlvanney, der in Neuseeland als Autor und Professor für Schottland-Studien arbeitet, ist der Sohn von William McIlvanney (1936–2015): Jenem schottischen Crime-Autor, der in den 1970ern mit seinen „Laidlaw“-Romanen den Tartan Noir bzw. den schottischen Hardboiled-Krimi begründete und den Weg für Bestsellerautor Ian Rankin und Co. ebnete. Und für „Ein frommer Mörder“, dessen deutscher Titel eine hübsche Alternative für „The Quaker“ darstellt, gewann Liam McIlvanney 2018 zurecht den schottischen Krimipreis, der inzwischen nach seinem Vater benannt ist.

Ian Rankin, das der Vollständigkeit halber, hat übrigens just den vierten nie vollendeten Laidlaw-Roman über den ersten Fall des legendären Ermittlers von McIlvaney Sr. zu Ende geschrieben, der im September als „The Dark Remains“ auf Englisch erschienen ist. Am Namen McIlvanney kommt man gerade wieder mal nicht vorbei, wenn man Krimis von der Insel schätzt.

Christian Endres

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Liam McIlvanney
Ein frommer Mörder
Heyne, München 2021, 448 Seiten
ISBN 978-3-453-44093-7

Im Jahr 1968 muss das alte Glasgow immer mehr den modernen Hochhäusern und Sozialsiedlungen weichen. Überall stehen Wohnungen leer und wird abgerissen. Die Polizei jagt außerdem den Quäker, einen Serienkiller, der Frauen in seinem frömmlerischen Wahn vergewaltigt und ermordet. Doch auch nach einem Jahr, drei Leichen sowie 50.000 Aussagen und Hinweisen aus

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Verlorener Horizont

von am 16. August 2021 Kommentare deaktiviert für Verlorener Horizont

Jede Bestellung zählt in diesen Zeiten, und deshalb kann man es gar nicht oft genug sagen: Ihr könnt in Hermkes Romanboutique nicht nur Comics oder Bücher aus den Genres Science-Fiction, Fantasy und Horror bestellen, sondern auch alle anderen Arten von Literatur. Daher gibt es nun immer mal einen Buchtipp von außerhalb des Genres zur Inspiration.

Pascal Dessaint
Verlorener Horizont
Polar, Stuttgart 2021, 222 Seiten
ISBN 978-3-948392-32-1

„Verlorener Horizont“ von Pascal Dessaint ist ein echtes Sommerbuch, durchzogen von einer wunderbaren Leichtigkeit und düsterem Humor, aber auch schrecklich-schöner Melancholie. Die junge Lehrerin Lucille haust an einem Strand bei Calais im Norden Frankreichs, das immer wieder wegen seines provisorischen Migrantenlagers und der Zustände im „Dschungel von Calais“ in die Schlagzeilen gerät. Lucille, die dort unterrichtet hat, lebt nun mit dem alten Entenjäger Anatole und dem Schwerverbrecher Loïk in zwei Wohnwagen und einer alten Frittenbude. Ihr Leben als verschrobene, gezeichnete Außenseiter inmitten der prächtigen Natur, die von den Gezeiten beherrscht wird, beschreibt Dessaint mit all seiner literarischen Begabung – und allerhand Referenzen an den französischen Schauspieler Jean Gabin.

Dieser Roman des 1964 geborenen Dessaint ist von einem „klassischen Krimi“ lange so weit entfernt, wie es nur geht. „Verlorener Horizont“, von Ronald Voullié und Beate Braumann ins Deutsche übertragen, konzentriert sich auf die Charaktere, deren Schicksale und auf die Gesellschaft, die zugleich als Kulisse und als Katalysator dient. Monsieur Dessaint sieht und durchschaut die Menschen. Das Verbrechen und die Finsternis kommen in seiner Geschichte mit der menschlichen Unberechenbarkeit, Impulsivität und Fehlbarkeit, die im Alltag lauert. In dieser Hinsicht ist das Ganze also Noir in seiner reinsten, düstersten Form. Pascal Dessaints grandios geschriebener, kurzer Roman über verlorene Horizonte und ruinierte Perspektiven, dessen Sätze und Szenen dreifach wiegen und nachklingen, bietet 200 der lesenswertesten Seiten, die man sich in diesem Sommer zu Gemüte führen kann.

Christian Endres

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Jede Bestellung zählt in diesen Zeiten, und deshalb kann man es gar nicht oft genug sagen: Ihr könnt in Hermkes Romanboutique nicht nur Comics oder Bücher aus den Genres Science-Fiction, Fantasy und Horror bestellen, sondern auch alle anderen Arten von Literatur. Daher gibt es nun immer mal einen Buchtipp von außerhalb des Genres zur Inspiration.
Pascal Dessaint
Verlorener Horizont
Polar, Stuttgart 2021, 222

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