Krimi

Blanvalet Neuheiten KW 15

von am 13. April 2023 noch kein Kommentar

CANDON, EMMA MIEKO: STAR WARS RONIN EIN VISIONEN-ROMAN € 11,00
BUTCHER, JIM: DIE DUNKLEN FÄLLE DES HARRY DRESDEN #6 BLUTHUNGER € 12,00
KADREY, RICHARD: SANDMAN SLIM #3 HÖLLENTHRON € 12,00
JORDAN, WILL: PATIENTIN ZERO € 12,00

CANDON, EMMA MIEKO: STAR WARS RONIN EIN VISIONEN-ROMAN € 11,00
BUTCHER, JIM: DIE DUNKLEN FÄLLE DES HARRY DRESDEN #6 BLUTHUNGER € 12,00
KADREY, RICHARD: SANDMAN SLIM #3 HÖLLENTHRON € 12,00
JORDAN, WILL: PATIENTIN ZERO € 12,00

Das Teufelsloch

von am 10. April 2023 noch kein Kommentar

Antonia Hodgson
DAS TEUFELSLOCH
Knaur TB (1. Oktober 2015)
Taschenbuch: ‎ 480 Seiten
ISBN 978-3426515068
(Ergänzung von Gerd: Teil 1 der Tom Hawkins Reihe ist leider vergriffen, und es ist keine Neuauflage geplant. Derzeit nur als ebook.)

Am Anfang war ich vor dem Kauf von DAS TEUFELSLOCH recht skeptisch. Die Werbung mit Aussagen wie "Historischer Thriller" und "Die Tom-Hawkins-Reihe, Band 1" schreckten mich ab.

Zum einen bin ich mit "historischen Romanen" generell immer etwas vorsichtig, weil eben jene sich nicht selten eher einschläfernd in der Historie "verlieren".

Zum anderen bin ich wirklich kein Fan von "zusammenhängenden Reihen". Ich habe einfach zu wenig Zeit und Lust mich durch langgezogene Handlungen, am besten noch mit bösen Cliff-Hangern am Ende der Bände, zu ackern; auch ist mein Stapel ungelesener Bücher dafür zu groß. Ein gutes Buch ist für mich meist "ein" gutes Buch. Wenn schon Reihe, dann wenigstens bitte eine in sich abgeschlossene Erzählung pro Band (eine Duologie oder Trilogie sind für mich hier "das äußerste der Gefühle").

Gleichwohl kaufte ich unter Wagnis DAS TEUFELSLOCH, denn ich mag Gefängnisplots und ich liebe gute Ich-Erzähler.

DAS TEUFELSLOCH entpuppte sich dann als recht unerwarteter Knaller:

Hodgons Buch mag vielleicht der Auftakt zur 3-bändigen "Tom-Hawkins-Reihe" sein, gleichzeitig ist es – zu meiner großen Freude – ein waschechter und mitreissender Einzelband.

Und DAS TEUFELSLOCH ist für mich ganz und gar kein "historischer" Roman. Freilich spielt die Handlung im 18. Jahrhundert in London und spiegelt genau die Atmosphäre dieser speziellen Zeit wieder. Jedoch macht allein dieser Umstand aus dem Buch noch lange keinen "Historischen Thriller".

Daher möchte ich die Beschreibung des Buchs umformulieren:

DAS TEUFELSLOCH ist ein herrlich ideenreicher "Abenteuer-/Gefängniskrimi".

Man nehme ein Pfund "Doyles SHERLOCK HOLMES" und vermische es mit einem viertel Pfund "Lucas' INDIANA JONES" und noch einen halben Liter "Kings PIN-UP (Die Verurteilten)" und einer ganz ordentlichen Prise "Lynchs LOCKE LAMORA", und dies schüttelt man gut durch, knetet es ordentlich und serviert es in einer wunderbaren Ich-Erzählung,

… et voilà: DAS TEUFELSLOCH.

Ein paar Worte zum Plot:

Unser icherzählender Held Tom Hawkins ist ein Lebemann und Gentleman, … er ist ein Zocker, er kann nicht anders. Unglückliche Umstände führen dazu, dass er im Jahr 1727 ins Londoner Schuldgefängnis »Marshalsea« gesperrt wird. Und hier beginnt dann eine extrem spannende, schnelle und mit unerwarteten Wendungen gespickte Zeit, … eine neuartige sowie tolle Erzählung voll Abenteuer und Krimi.

Schon der Aufbau und die Idee des »Marshalsea« fand ich genial, da der Knast dort aus zwei Bereichen besteht, der "angenehmen" Masters Site und der "unangenehmen" Common Site. Mit dieser Teilung herrscht der Direktor wie ein Diktator in seinem Gefängnis, mit dem Prinzip "Teile und Herrsche!" hat er mit seinem Angstregime alles in der Hand.

Wie gesagt, unser Gentlemaninsasse Tom Hawkins kommt ins Marshalsea, zu allem Überfluss erhält er dort dann den Auftrag, einen zurückliegenden üblen Mord aufzuklären, und dabei wird ihm der verrufene Zellengenosse Fleet, ein intellektuelles Genie, womöglich helfen?!

… es breitet sich ein Feuer an Ideen, Bildern und Grausamkeiten vor dem Leser aus.

Ein wirklich geniales Buch. Ich habe es verschlungen!

Es grüßt Euch Euer Fantastikfreund Mitch …

Antonia Hodgson
DAS TEUFELSLOCH
Knaur TB (1. Oktober 2015)
Taschenbuch: ‎ 480 Seiten
ISBN 978-3426515068
(Ergänzung von Gerd: Teil 1 der Tom Hawkins Reihe ist leider vergriffen, und es ist keine Neuauflage geplant. Derzeit nur als ebook.)

Am Anfang war ich vor dem Kauf von DAS TEUFELSLOCH recht skeptisch. Die Werbung mit Aussagen wie "Historischer Thriller" und "Die Tom-Hawkins-Reihe, Band 1" schreckten mich ab.
Zum

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Adventskalender 2022 T-04 "Ben Aaronovitch – Peter Grant"

von am 20. Dezember 2022 noch kein Kommentar

Ben Aaronovitch Bücherreihe
Die Flüsse von London (2011) Bnd. 1
Aktueller Band: Die Silberkammer der Chancery Lane (2022)
dtv, Bnd. 9, ISBN: 9783423263313

Aktueller Graphic Novel: Ein mieser Montag (2021)
Panini, Bnd. 9, ISBN 9783741625183

»Mein Gott. Er hat ihm tatsächlich den Kopf sauber abgeschlagen«, stöhnte Lesley.
Genau wie Nicholas es geschildert hatte.
»Und das«, sagte ich, »ist menschenunmöglich.«
»Warum? Du hast doch selbst schon mal erlebt,
wie ein Kopf abgetrennt wurde«, sagte Lesley.
»Ich war auch dabei, schon vergessen?«
»Das war ein Autounfall«, widersprach ich.
»Zwei Tonnen Metall, nicht ein Baseballschläger.«
»Ja, okay.« Lesley tippte auf den Monitor. »Aber du hast es ja gesehen.«
»Daran ist was faul.«
»Mit faul meinst du was anderes als nur den Mord? «

London. Jetzt. Mitten im Mordfall. Der Täter mordet brutal und auf inhumaner weise.
Augenzeugen: ein Geist, der den Mörder unheimlich findet.
Moment, Geist? Menschenunmöglich? Bloody hell!

In der fesselnden Erzählweise von Aaronovitch, ist man bei Constabler Peter Grant mitten im Geschehen! Peter ist nicht auf den Mund gefallen, mit seiner großartigen Portion Sarkasmus, Neugier und nicht entziehbarem Charme! Noch weitere spannende Charaktere ermitteln gemeinsam mit ihm, in einem lebendigen London der Jetztzeit. Zudem kommt noch die mystische Komponente obendrauf, wie die feine Kirsche auf der Sahnehaube oder der Baseballschläger im Gesicht – Urban-Fantasy vom allerfeinsten!

Bestseller Autor Ben Aaronovitch nimmt gekonnt seine Leser inmitten eines realen Londons, auf magische und packende Kriminalermittlungen. Die Täter sind meist erbarmungslos sowie bestialisch und dennoch tiefgründig wie eigentlich alle Charaktere von ihm.

Neben der Peter Grant Romanreihe, von der man nicht genug bekommen kann, gibt es glücklicherweise auch noch eine Graphic Novel Reihe. Diese spielt zwischen den Hauptromanen. Ben Aaronovitch begeistert und zählt zu einem der besten seines Fachs, allein in Deutschland verkauften sich seine ersten neun Bände Millionenfach!

Für mich persönlich auch doppelt so spannend, denn Peter Grant ist schwarz.
Sein ethnischer Hintergrund in Kombination mit seinem Beruf als Polizist in der Hauptrolle, ist in diesem Genre nicht so weit verbreitet. Und das Kabinett an verschiedenen andersartigen magischen Figuren
– you go bonkers!

Rasant. Mystisch. very british humor.

Klare Leseempfehlung und tolles Weihnachtsgeschenk!

Grüße aus dem Folly!
Eure Constabler Bärbl, i.A. Nightingale

 

Ben Aaronovitch Bücherreihe
Die Flüsse von London (2011) Bnd. 1
Aktueller Band: Die Silberkammer der Chancery Lane (2022)
dtv, Bnd. 9, ISBN: 9783423263313

Aktueller Graphic Novel: Ein mieser Montag (2021)
Panini, Bnd. 9, ISBN 9783741625183
»Mein Gott. Er hat ihm tatsächlich den Kopf sauber abgeschlagen«, stöhnte Lesley.
Genau wie Nicholas es geschildert hatte.
»Und das«, sagte ich, »ist menschenunmöglich.«
»Warum? Du hast doch selbst schon mal erlebt,
wie ein

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December Park

von am 1. August 2022 Kommentare deaktiviert für December Park

Ronald Malfi
DECEMBER PARK
Luzifer Verlag (28. Februar 2018)
Broschiert: ‎616 Seiten
ISBN-13: ‎978-3958353176

"Piper wurde ein Mann genannt der mit einem Mädchen davongerannt" (Cover).

Wenn man sich heute (2022) mit "Coming Of Age" à la Kings DIE LEICHE alias STAND BY ME (1982) oder Kings ES (1986) beschäftigt, dann kommt man an Malfis DECEMBER PARK (2018) eigentlich nicht vorbei.

Um es gleich hier und jetzt zu sagen: DECEMBER PARK ist für mich – neben McCammons BOY’S LIFE – mein bisheriges Lesehighlight für dieses Jahr 2022.

Ich selbst bin Jahrgang 1977, es fiel mir hier also recht leicht, "voll und ganz" in den jungen Protagonisten der Geschichte aufzugehen, … denn das Buch spielt um 1993, und handelt von einer Gruppe 15-jähriger Freunde, die in einer kleinen US-Küstengemeinde namens Harting Farms am Ufer der Chesapeake Bay aufwachsen. Tja, und 1993 war eben auch ich so um die 15 Jahre alt und lebte damals in Würzburg bzw. Rottendorf, also eben auch in einer "beschaulichen" Stadt und einem Vorortdorf.

Hinzu kommt, dass Malfis Roman (wie auch Kings DIE LEICHE) von dem Jungen Angelo in ICH-Form erzählt wird, … ein Umstand, den ich per se schonmal (wenn -wie hier- gut gemacht) absolut hinreissend finde.

Das Buch erzählt hier die Geschichte von (zunächst vier, dann) fünf Freunden, ihrem jugendlichen Miteinander und Leben sowie von deren Ermittlungen gegen einen unbekannten Kindesentführer und Mörder, welcher ihre Heimatstadt heimsucht (ein grausamer Täter, der von der Presse "der Piper" genannt wird).

Zu Beginn des Romans werden Angelo und seine besten Freunde Zeugen, wie die örtliche Polizei die Leiche eines Mädchens aus dem Wald (neben dem titelgebenden December Park) birgt. Angelo und seine Kumpel entdecken später Indizien zu dem toten Mädchen, also eine "Spur", und so kommt es, wie es kommen muss: Sie nehmen zusammen die Verfolgung des Mörders auf.

Die fünf Jugendlichen schwören sich – aus ihrer kindlichen und (beneidenswert) mit Leichtigkeit durchdrungenen Weltsicht heraus -, jener Schreckensherrschaft des Pipers ein Ende zu setzen. Doch was als mutiges Versprechen beginnt, entpuppt sich nicht nur als Odyssee in die Düsternis ihrer Heimatstadt und deren Bewohner, sondern auch als atmosphärischer Selbsterfahrungstrip, der vor allem Angelo nicht nur an seine Grenzen, sondern auch seiner Familie näher kommen lässt.

In der Dämmerung sind auf den Straßen von Harting Farms zunächst alle verdächtig, und jeder der Jungs könnte das nächste Opfer des Pipers sein. Der Leser fiebert von Anfang an, und dann durch etwa 600 Seiten hindurch, mit, … stets fragt man sich, ob jetzt "Der?" oder "Die?" der Täter sein könnte.

Es beginnt für den Leser ein spannender und berührender "Coming Of Age Krimi", der den Leser auf erstaunliche Weise 15 Jahre jung transformiert und echter Teil der tollen Jungs-Clique werden lässt.

Malfis Buch kann sich durchaus mit vergleichbaren Grössen aus dem Genre messen; freilich drängen sich Vergleiche zu Stephen Kings ES und zu Dan Simmons’ SOMMER DER NACHT auf. DECEMBER PARK ist jedoch frei von übernatürlichen Elementen, der Roman ist eben kein Horrorbuch, auch kein echter Thriller, … eher ein packender Krimi, der in der Gänze, insbesondere mit seinem düsteren Finale, nicht minder schaurig daher kommt.

Das Buch wurde 2014 von Medallion Press veröffentlicht, zunächst mit einer limitierten Hardcover-Sammlerausgabe von (eigentlich für Horror bekannten) Cemetery Dance Publications. Der Roman erhielt sodann den Beverly Hills Book Award für den "besten Spannungsroman". 2018 hat der Luzifer Verlag das Buch auf deutsch veröffentlicht, wofür ich sehr dankbar bin. Das Taschenbuch ist – so finde ich – sehr ansprechend gestaltet, mit schönem Cover und toller Textgestaltung.

DECEMBER PARK ist vermutlich Malfis persönlichster Roman, sein Magnum Opus, in das auch eigene Kindheitserinnerungen miteinflossen, bereits im Vorwort macht der Autor deutlich, dass in der Lebensphase des Schreiben sein Großvater gestorben ist. Womöglich findet man auch deswegen stellenweise eine solch echt berührende Tiefe in der Erzählung, die man sonst nicht so oft zu Lesen bekommt.

Auch wenn DECEMBER PARK per se keine "Phantastik" enthält, so ist der Titel dennoch ein durch und durch phantastisches Lesevergnügen, vergleichbar mit Kings DIE LEICHE, … für mich also ein echter Geheimtipp.

Und ich verabschiede mich gerne mit einem Augenzwinkern und den Worten:

"Bis später, Verräter."

"Bis dann, Pädo-Mann." (S. 595)

MITCH:

PS: Aus demselben LUZIFER-VERLAG noch ein weiterer "kleiner Tip", ein kultig trashiger 80er Jahre Coming-Of-Age-Horror: POLYBIUS – GAME OVER (ISBN: 978-3958355903). Wer – wie ich – damals stundenlang am Spielautomaten GOLDEN AXE und DOUBLE DRAGON gezockt hat, für den ist dieser Horrorthiller ein Muss!

PPS: Übrigens hier noch ein weiterer (diesmal) "großer Geheimtipp" aus dem FESTA-VERLAG, gleiches Genre aber mit einer ganz neuen Story: Jeff Strand mit WENN DAS BLUT IM SCHNEE GEFRIERT: In dem Buch jagt ein in Alaska lebender 14-jähriger einen fiesen Serienkiller, die Geschichte sprüht vor neuen Ideen, einem erfrischenden Plot und tollen Dialogen; der Roman ist auf deutsch leider nur als limitierte Sammlerexemplar erschienen und schon vergriffen, aber im Internet (bspw. bei ebay-kleinanzeigen usw.) durchaus (jedenfalls noch) gebraucht zu haben; … vermutlich wird es daher in Kürze zu WENN DAS BLUT IM SCHNEE GEFRIERT noch eine eigene Rezension von mir geben.

Ronald Malfi
DECEMBER PARK
Luzifer Verlag (28. Februar 2018)
Broschiert: ‎616 Seiten
ISBN-13: ‎978-3958353176
"Piper wurde ein Mann genannt der mit einem Mädchen davongerannt" (Cover).
Wenn man sich heute (2022) mit "Coming Of Age" à la Kings DIE LEICHE alias STAND BY ME (1982) oder Kings ES (1986) beschäftigt, dann kommt man an Malfis DECEMBER PARK (2018) eigentlich nicht vorbei.
Um es gleich hier und jetzt zu

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Die Schattensammlerin

von am 27. Juli 2022 Kommentare deaktiviert für Die Schattensammlerin

T. S. Orgel
DIE SCHATTENSAMMLERIN – DICHTER UND DÄMONEN.
München, Heyne, 2022, 480 S.
ISBN 978-3-453-32179-3
Klappenbroschur, 16,00 Euro

Wenn wir uns in einigen Jahren an diese „verrückte“ Zeit zurückerinnern, werden wir auch sehr häufig einen akustischen „Flashback“ haben – denn die Pandemie-Zeit war auch eine Podcast-, Hörbuch- und Hörspiel-Zeit. Wen wundert’s also, dass auch die Orgel-Brüder Tom und Stephan dieses Medium ausprobierten. Wer schon einmal auf einer Lesung von T. S. Orgel war, weiß um deren Vortragskünste – was lag also näher als ein Hörspiel einzusprechen.

Das Ergebnis war 2021 DIE SCHATTENSAMMLERIN, ein historischer Krimi aus dem alten Frankfurt/M. der späten Goethe-Jahre. Auch wenn der Geheimrat damals eigentlich in Weimar zuhause war, seine Geburtsstadt war ihm doch stets wichtig geblieben. Als dort während eines Fastnachts-Festes aus einem Museumskeller ein ganz bestimmter Schädel gestohlen wird, lässt Johann Wolfgang von Goethe alle seine Beziehungen spielen, diesen Kultgegenstand wieder zu erlangen. Unerwartete Hilfe erfährt er dabei (wenngleich eher zufällig) durch die junge Millicent Wohl, eine Museumsangestellte, die Zeugin des Raubüberfalls war …

Die Niederschrift des Hörspiels ist jetzt unter dem Titel DIE SCHATTENSAMMLERIN – DICHTER UND DÄMONEN bei Heyne als Roman erschienen. Klassische Urban Fantasy aus Deutschland – das ist nicht ganz neu, aber herrlich frech erzählt und mit einer ganzen Schar interessanter Charaktere besetzt.

Und da Millicent Wohl am Ende eine ebenso freundliche wie dringliche Einladung nach Weimar überbracht wird, dürfen wir uns vermutlich auf eine Fortsetzung freuen.

Horst Illmer
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Die Schattensammlerin
im Webshop oder via e-mail im Laden bestellen

T. S. Orgel
DIE SCHATTENSAMMLERIN – DICHTER UND DÄMONEN.
München, Heyne, 2022, 480 S.
ISBN 978-3-453-32179-3
Klappenbroschur, 16,00 Euro

Wenn wir uns in einigen Jahren an diese „verrückte“ Zeit zurückerinnern, werden wir auch sehr häufig einen akustischen „Flashback“ haben – denn die Pandemie-Zeit war auch eine Podcast-, Hörbuch- und Hörspiel-Zeit. Wen wundert’s also, dass auch die Orgel-Brüder Tom und Stephan dieses Medium ausprobierten. Wer schon

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Dunkle Gewässer

von am 29. Juni 2022 Kommentare deaktiviert für Dunkle Gewässer

Joe R. Lansdale
DUNKLE GEWÄSSER
Heyne Verlag
Taschenbuch: ‎ 320 Seiten
ISBN-13: ‎978-3453676565

Gestern habe ich die letzte Seite in DUNKLE GEWÄSSER gelesen. Endlich mal wieder ein Buch, welches mit nur rund 300 Seiten auskommt und gleichzeitig eine spannende, bombastische und zugleich tiefgründige Geschichte erzählt.

Der Roman wird in Ich-Form von der jugendlichen Sue Ellen erzählt, die Mitte des 20. Jahrhunderts in den rauen Landen und Zeiten der Südstaaten der USA lebt. Sue Ellens Teenager-Clique besteht aus vier Freunden, nämlich Jinx (einem frechen und vorlauten schwarzen Mädchen), Terry (einem hübschen und wohlerzogenen Jungen aus etwas besserem Hause), sowie May Lynn (der blonden Dorfschönheit).

Das Vierergespann wird in diesem "Coming Of Age" Road-Krimi-Thriller gleich am Anfang dezimiert, weil die Leiche der jungen May Lynn aus dem Sabine River gezogen wird. Die drei Freunde Sue Ellen, Jinx und Terry nehmen dieses Schicksal zum Anlass, um der Armut und ihrem armseeligen und grausamen Leben dort zu entfliehen. Sie fassen einen Plan: Gemeinsam wollen sie die Asche von May Lynn in den Westen nach Hollywood bringen, ihre Reise soll auf dem Sabine River beginnen, mit einem Floss …

Klingt romantisch, wird aber zu einem heftigen Abenteuer mit weiteren Toten und einem waschechten (aber nicht rührseeligen!) Familiendrama, … nicht nur ein Geldfund, ein gieriger "Vater", Rassismus, und eine alkoholkranke Mutter machen die Reise beschwerlich, die Freunde entfliehen nämlich auch den Schatten der Vergangenheit, der gnadenlosen Natur und einem brutalen Monster in Menschengestalt.

Dabei ist DUNKLE GEWÄSSER genial erzählt. Jeder Charakter wird so echt und authentisch von Lansdale gezeichnet, vor allem das schwarze Mädchen Jinx und ihre Dialoge sind so trocken, gleichzietig lebendig und cool, dass ich stellenweise auch bei "krassen Szenen" echt loslachen musste.

Alles in allem bietet Lansdales Roman einen wirklich spannenden, rauen und ergreifenden "Roadtrip", besser gesagt "Rivertrip", der zudem mit einer würzigen und kurzweiligen Charakterstudie der dabei reifenden Heldinnen/Helden glänzt und beim Lesen das gute alte "Western-Feeling" aufkommen lässt.

"Hut ab, Herr Lansdale, DUNKLE GEWÄSSER wird nicht mein erstes Buch von Ihnen bleiben! (Ihr Roman "Die Wälder am Fluss" steht bereits in meinem Regal und wartet auf meine lesenden Augen …)".

MITCH

Joe R. Lansdale
DUNKLE GEWÄSSER
Heyne Verlag
Taschenbuch: ‎ 320 Seiten
ISBN-13: ‎978-3453676565
Gestern habe ich die letzte Seite in DUNKLE GEWÄSSER gelesen. Endlich mal wieder ein Buch, welches mit nur rund 300 Seiten auskommt und gleichzeitig eine spannende, bombastische und zugleich tiefgründige Geschichte erzählt.
Der Roman wird in Ich-Form von der jugendlichen Sue Ellen erzählt, die Mitte des 20. Jahrhunderts in den rauen Landen und

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BOY’S LIFE – Die Suche nach einem Mörder

von am 22. Juni 2022 1 Kommentar

Robert McCammon
BOY’S LIFE – Die Suche nach einem Mörder
Luzifer Verlag; 1. Edition (31. März 2020)
Broschiert: ‎ 582 Seiten
ISBN-13: ‎ 978-3958354869

BOY’S LIFE ist für mich eines der absoluten Highlights meiner letzten Lesejahre. Es gehört für mich zu den Büchern, die man sehr lange im Herzen behält.

Das englische Original "Boy’s Life" erschien bei Pocket Books im Jahr 1991 und gewann den "Bram Stoker Award (Beste Novelle)". Das Buch (es ist freilich keine Novelle, sondern ein waschechter Roman) erschien auf Deutsch schon 2004 unter dem Titel "Unschuld und Unheil" im Area-Verlag, 2004. Der Luzifer Verlag hat es im März 2020 sodann quasi mit dem Originaltitel neu veröffentlicht: Ein Buch mit 582 Seiten mitreissender und gruseliger Abenteuer im Leben eines zwölfjährigen Südstaaten-Jungen.

Robert McCammon erschuf mit BOY’S LIFE die perfekte Mischung aus einer berührenden "Coming Of Age"-Geschichte und einem grandiosen "Ich-Erzähler" sowie einer wohldosierten, unterschwelligen, und feinen Note "Phantastik, Mystik und Horror":

"Wie junge Wilde mischten wir uns töricht in Dinge ein,
an die sich niemand sonst heranwagte.
Die Wälder waren finster und dicht.
Dämonen ergriffen vor uns die Flucht.
Wir sahen unter Cola-Flaschen nach,
von wie weit her sie kamen.
Unsere Welten der Magie und des Staunens
ließen sich nie mit dem Auto erreichen.
Unsere Hunde liebten wir wie Brüder
und unsere Fahrräder waren Raumschiffe.
Wir waren zu den Sternen unterwegs,
mit regelmäßigen Flügen zum Mars und zurück.
Wir schwangen uns wie Tarzan an Schlingpflanzen
durch die Luft
und ließen Zorros scharfe Klinge aufblitzen.
Wir waren James Bond in seinem Aston,
wir waren Herkules ohne Ketten.
Wir schauten in die Zukunft
und sahen ein weit entferntes Land,
in dem unsere Eltern alterslos waren
und die Zeit aus Treibsand bestand.
Wir füllten unser Leben mit Leben an;
mit Lachen, abgeschürften Knien und Lärm.
Im Spiegel sehe ich einen erwachsenen Mann,
aber dieses Buch ist für die Jungs."
(McCammon im Vorwort zu BOY’S LIFE – Die Suche nach einem Mörder)

Wer COMING OF AGE wie Kings Novelle DIE LEICHE (STAND BY ME) gut findet, der wird (wie auch ich) BOY’S LIFE ganz und gar lieben!

In BOY’S LIFE erzählt uns der zwölfjährige Cory Mackenson ein Jahr seines aufregenden Lebens in dem Südstaatenort Zephyr der 60-er Jahre. Der rote Faden des Buches ist ein Mord am Anfang der Geschichte, dessen Zeuge Cory und sein Vater werden. Am Ende des Romans findet der rote Faden eine sehr gelungene Auflösung. Das Besondere in McCammons BOY’S LIFE sind jedoch nicht die Umstände des Mordes, sondern das "Zwischendrin": Denn die Geschichte enthält so viele tolle, spannende, gruselige und phantastische Abenteuer zwischen der eigentlichen Haupthandlung, dass man als Leser wirklich ins Staunen gerät. Ich habe hier wirklich extrem nostalgische Gefühle entwickelt und konnte mich tief in meine eigene herrliche Zeit der Wunder (so mit 10-13 Jahren) zurückversetzen.

Und genau das ist die Stärke von solch "magischen" Coming Of Age Büchern (wie bspw. auch Kings ES). Sie führen uns zurück in eine Zeit, in der Zauber für uns noch möglich waren, sie schenken uns ein Erleben, dass wir im Erwachsenenalltag vergessen haben. Und wenn dann noch die richtige Dosis "Krimi", "Thriller", "Horror", "Abenteuer" oder "Phantastik" mit dabei ist, dann ist es für mich perfekt.

Ja, … ganz genau! … BOY’S LIFE ist für mich perfekt gelungen.

Danke an Robert McCammon (der ja eigentlich als Horror-Autor bekannt ist) und Danke an den Luzifer Verlag. Es sind solche "mutigen" Verlage, die es uns ermöglich, dass wir in Deutschland solche wunderbaren Perlen haben und lesen dürfen.

Und ausnahmsweise darf Robert McCammon folgendes ausführliches Schlusswort bekommen, einfach weil es so ganz und gar treffend und so gut ist:

"Ich wollte meine Erinnerungen auf Papier bannen, wo ich sie festhalten kann. Denn ihr müsst wissen, dass ich wirklich an Magie glaube. Ich bin in einer magischen Zeit in einem magischen Ort unter Zauberern geboren worden und aufgewachsen. Oh, die meisten anderen merkten nicht, dass wir in diesem Netz der Magie lebten und durch Silberfäden namens Umstände und Zufall verbunden waren. Aber ich wusste es von Anfang an. Im Alter von zwölf Jahren war mir die Welt eine Laterna magica, in deren grünem Geisterlicht ich die Vergangenheit und Gegenwart sah und Blicke in die Zukunft stahl. Ihr wahrscheinlich auch; ihr erinnert euch nur nicht mehr daran.
Denn ich glaube Folgendes: Uns allen ist Magie am Anfang unseres Lebens vertraut. Wir kommen voller Wirbelstürme, Waldbrände und Kometen auf die Welt. Wir werden mit der Fähigkeit geboren, mit Vögeln zu singen und Wolken zu lesen und unsere Zukunft in Sandkörnern zu sehen. Aber dann wird uns die Magie aus der Seele wegerzogen. Sie wird uns rausgepredigt, rausgeohrfeigt, rausgewaschen und rausgekämmt. Uns werden Grenzen gesetzt und man sagt uns, verantwortungsbewusst zu sein. Wir werden angewiesen, uns unserem Alter entsprechend zu verhalten. Endlich erwachsen zu werden, um Himmels willen. Und wisst ihr, warum man uns das sagt? Weil die Menschen, die uns das sagten, Angst vor unserer Wildheit und Jugend hatten, und weil die Magie, die wir kannten, sie sich schämen ließ und traurig machte. Denn sie hatten zugelassen, die Magie in sich selbst verdorren zu lassen. Wenn man sich erst mal so weit davon entfernt hat, kann man allerdings nicht wirklich wieder zurückfinden. Du kannst ein paar Sekunden davon erleben. Sekundenlanges Wissen und Erinnern. Wenn Kinobesuchern die Tränen kommen, dann liegt es daran, dass dieser goldene Teich der Magie im dunklen Filmtheater berührt wird, ganz kurz. Dann treten sie wieder hinaus in den harten Sonnenschein der Logik und des Verstandes und der Zauber vertrocknet erneut und in ihnen bleibt ein bisschen traurige Sehnsucht zurück, die sie sich nicht erklären können. Wenn ein Lied eine Erinnerung weckt, wenn Staubpartikel in einem Lichtstreifen tanzen und deine Aufmerksamkeit von der Welt ablenken, wenn du nachts in der Ferne einen Zug vorbeirauschen hörst und dich fragst, wohin er wohl fährt, verlässt du das, was du bist und wo du bist. Für einen winzigen Sekundenbruchteil betrittst du das Reich der Magie. Das ist es, was ich glaube."
(McCammon im Vorwort zu BOY’S LIFE – Die Suche nach einem Mörder)

Mehr gibt es nicht zu sagen, … ausser vielleicht: Buch bei Gerd bestellen und unbedingt Lesen!

MITCH

PS: Man muss schon im Internet extrem engagiert recherchieren, um eine für sich selbst gute und passende Liste von solchen mit Phantastik, Horror oder Abenteuer garnierten "Coming Of Age" Büchern erstellen zu können. Denn im Genre "Coming Of Age" tummelt sich doch so Einiges. Als kleines "Schmankerl" hier meine persönlichen Leseempfehlungen zu dem Mischgenre. Die von mir vorgeschlagenen Titel sind alle auf deutsch erschienen, ein paar davon sind vergriffen, aber (derzeit noch) im Handel gebraucht zu bekommen (die Liste ist alphabetisch sortiert):

(-> Ich würde mich über Eure Kommentare – insbesondere zu weiteren Empfehlungen und Tipps zu dem vorgestellten Mischgenre – sehr freuen!)

Meine Tipps zu Coming-Of-Age mit Horror/Thriller/Krimi/Fantastik:

  1. Alice mit DER GEIST VON LUCY GALLOWS
  2. Annas mit DER HOCHSITZ
  3. Barry mit TAGE OHNE ENDE
  4. Bradbury mit DAS BÖSE KOMMT AUF LEISEN SOHLEN
  5. Burke  mit TIMMY QUINN Bd. 1
  6. Card mit ENDERS SPIEL
  7. Carcaterra mit SLEEPERS
  8. Carey mit DIE BERUFENE
  9. Cesare mit CLOWN IM MAISFELD
  10. Dashner mit DIE AUSERWÄHLTEN – MAZE RUNNER
  11. De La Pena mit SUPERMAN DAWNBREAKER
  12. De Larrabeiti DIE BORRIBLES
  13. Dorn mit 21 DUNKLE BEGLEITER
  14. Eggers mit DIE MITTERNACHTSTÜR
  15. Finn mit WEISSER SCHRECKEN
  16. Gaiman mit DER OZEAN
  17. Golding mit HERR DER FLIEGEN
  18. Hanika mit HEXENWERK
  19. Hendrix mit DER EXORZISMUS DER GRETCHEN LANG
  20. Hill mit GUNPOWDER
  21. Human mit APOCALYPSE NOW NOW
  22. Ishiguro mit ALLES, WAS WIR GEBEN MUSSTEN
  23. Janz mit KINDER DES BÖSEN
  24. Joyce mit GEFÄHRTIN DER NACHT
  25. Keene mit LEICHENFRESSER
  26. King mit DIE LEICHE
  27. King mit ES
  28. Kiste mit DIE ROSTJUNGFERN
  29. Koontz DEVOTED
  30. Laimo mit DEAD SOULS
  31. Landsdale mit DIE WÄLDER AM FLUSS
  32. Landsdale mit DUNKLE GEWÄSSER
  33. Landsdale mit EIN FEINER DUNKLER RISS
  34. Laymon mit DER RIPPER
  35. Laymon mit DIE SHOW
  36. Levin mit REFUGIUM
  37. Lindqvist mit SO FINSTER DIE NACHT
  38. Malfi mit DECEMBER PARK
  39. McBean mit DER SCHMERZ DES ERWACHENS
  40. McCammon mit BOY’S LIFE
  41. McDaniels mit THE UPRISING
  42. Mellick III mit QUICKSAND HOUSE
  43. Mohra mit TURNTABLE
  44. Moran mit RIPTIDE PARK
  45. Mulhauser mit SWEETGIRL
  46. Ravan mit HINTER DEM DRAUßEN
  47. Ryan mit DAS LIED DES BLUTES (Bd. 1)
  48. Schultz mit HILFERUF NACH MITTERNACHT
  49. Simmons mit SOMMER DER NACHT (Elm Haven)
  50. Strand mit WENN DAS BLUT IM SCHNEE GEFRIERT
  51. Taylor mit DIE SCHULD
  52. Thiele mit DIE PFLICHT
  53. Tietz mit APFELDIEBE
  54. Voss mit WASSER
  55. Walton mit IN EINER ANDEREN WELT
  56. Wells mit ICH BIN KEIN SERIENKILLER
  57. Wheeler mit CURSED DIE AUSERWÄHLTE
  58. York mit THE GIRL

Robert McCammon
BOY’S LIFE – Die Suche nach einem Mörder
Luzifer Verlag; 1. Edition (31. März 2020)
Broschiert: ‎ 582 Seiten
ISBN-13: ‎ 978-3958354869
BOY’S LIFE ist für mich eines der absoluten Highlights meiner letzten Lesejahre. Es gehört für mich zu den Büchern, die man sehr lange im Herzen behält.
Das englische Original "Boy’s Life" erschien bei Pocket Books im Jahr 1991 und gewann den "Bram

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Zerbrechliche Dinge: Geschichten und Wunder

von am 15. Juni 2022 Kommentare deaktiviert für Zerbrechliche Dinge: Geschichten und Wunder

Neil Gaiman
ZERBRECHLICHE DINGE: Geschichten und Wunder
Eichborn; 1. Aufl. 2019 Edition (29. März 2019)
Taschenbuch: ‎ 416 Seiten
ISBN-13: ‎ 978-3847906551

Die Sammlung von Erzählungen in ZERBRECHLICHE DINGE habe ich mir gekauft, weil Neil Gaiman freilich als Garant für gute Stories gilt und weil die Geschichtensammlung den Titel "Eine Studie in Smaragdgrün" enthält, in der mein guter Freund Sherlock Holmes ermittelt.

ZERBRECHLICHE DINGE (im Original: "Fragile Things – Short Fictions & Wonders") erschien bereits 2006. Die hier von Eichborn 2019 veröffentlichte Kurzgeschichtensammlung enthält Prosa und Lyrik aus mehr als 10 Jahren Gaiman (1995 bis 2006). Im Gegensatz zur deutschen Erstveröffentlichung bei Klett-Cotta im Jahre 2010 sind alle 23 Geschichten, acht Gedichte und auch das längere Vorwort der englischen Originalausgabe enthalten.

Neil Richard Gaiman (am 10. November 1960 in Portchester geboren) ist ein recht bekannter britischer Autor zahlreicher Science-Fiction- und Fantasygeschichten, Comics und Drehbücher. Zu seinen bekanntesten Werken dürften das Jugendbuch Coraline, die Serie Sandman und mehrfach ausgezeichnete Bücher wie American Gods (2002), Anansi Boys (2006), The Graveyard Book (2008) und der Roman Der Ozean am Ende der Straße (2013) zählen. Im Jahr 2019 wurde Neil Gaiman für sein Lebenswerk sogar in die Science Fiction and Fantasy Hall of Fame aufgenommen.

Der Umfang seiner Geschichten in ZERBRECHLICHE DINGE bewegt sich zwischen einer Seite und knapp 60 Seiten, die Stories lassen sich daher allesamt gut am Abend vor dem Einschlafen lesen. Die Erzählungen und Gedichte machen wieder einmal deutlich, dass Gaiman ein ausgesprochen guter Stilist ist, der recht wunderbar schreiben kann, was Dank der sehr guten Leistung der Übersetzer unterstrichen wird.

Aber Achtung: Zu sehen ist bei ZERBRECHLICHE DINGE, dass der Inhalt Gaimans Erzählungen mit dem stilistischen Niveau des Autors mitunter nicht immer mitzieht. Gaiman besticht zwar auch hier meist durch brillanten Stil und traumhaft skurrile Atmosphäre (a la Sandman), die er für den Leser in ZERBRECHLICHE DINGE "herbeizaubert", jedoch sind andererseits der Plot und das Ende der Geschichten (jedenfalls für mich) oft nicht so herausragend, wie es Gaimans Stil eigentlich fordern müsste.

In ZERBRECHLICHE DINGE passen das Niveau von Plot einerseits (oft mittelmäßig) und Stil andererseits (meist grandios) nicht immer zusammen. Freilich gibt es hier auch richtig gute Geschichten, wie die Story “Eine Studie in Smaragdgrün”, welche den Meisterdetektiv Holmes bei seinen Ermittlungen in einer Parallelwelt a la Lovecraft zeigt.

Unter dem Strich kann ich (mit Abstrichen) ZERBRECHLICHE DINGE durchaus empfehlen, es ist kein Meisterwerk, jedoch gute Unterhaltung, vor allem Fans von Sprache und Stil (für die auch ein "unrunder" Plot kein Problem ist) kommen hier auf ihre Kosten.

MITCH

Neil Gaiman
ZERBRECHLICHE DINGE: Geschichten und Wunder
Eichborn; 1. Aufl. 2019 Edition (29. März 2019)
Taschenbuch: ‎ 416 Seiten
ISBN-13: ‎ 978-3847906551
Die Sammlung von Erzählungen in ZERBRECHLICHE DINGE habe ich mir gekauft, weil Neil Gaiman freilich als Garant für gute Stories gilt und weil die Geschichtensammlung den Titel "Eine Studie in Smaragdgrün" enthält, in der mein guter Freund Sherlock Holmes ermittelt.
ZERBRECHLICHE DINGE (im Original:

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Lightwood

von am 27. April 2022 Kommentare deaktiviert für Lightwood

Steph Post
Lightwood
Polar, Stuttgart 2022, 439 Seiten

Judah Cannon hat den Kopf für seine kriminelle, zudem kriminell undankbare Familie hingehalten und seine Zeit im Florida State Prison abgesessen. Als er nachhause zurückkehrt, dauert es nicht lange, bis er im Bett seiner besten Freundin Ramey aus Schulzeiten landet – und wieder in die üblen Machenschaften seines brutalen Vaters Sherwood Cannon verstickt wird. Dabei würde Judah sein Leben gern ändern. Doch das ist nicht so leicht, und diesmal legen sich die berüchtigten Cannons auch noch mit den Falschen an. Und damit ist jetzt gar nicht mal so sehr der schwächelnde Scorpions-Motorcycle-Club gemeint, den die Cannons bei einem Überfall um eine Menge Geld erleichtern. Nein, viel mehr geht es um die bibeltreue Psychopathin Schwester Tulah, die alle Ungläubigen und Undankbaren mit Hitze, Feuer und Schlangen heimsucht, die ihre unheiligen Geschäfte stören …

„Lightwood“ kommt als ein solides Stück Country Noir aus Florida daher, ohne gleich der beste Krimi des Jahres zu sein. Eher ein kurzweiliges, handwerklich gut inszeniertes Buch für Zwischendurch als für die Favoritenliste, aber dagegen gibt es ja nichts zu sagen, schon gar nicht in diesen Zeiten. Außerdem freut es Crime-Fans, mit Steph Post eine interessante weibliche Stimme des Florida-Noir auf Deutsch kennenzulernen. Post lebt mit ihrem Mann selbst im ländlichen Norden der Region, auf Twitter posted sie Fotos von Adlern, Eulen oder sich und ihren Hühnern. Kollege Brian Panowich sagte sogar einmal, dass Steph Posts Krimis für die Arbeiterklasse Floridas das täten, was Daniel Woodrell oder Ron Rash für andere US-Territorien geleistet haben. Um das zu beurteilen, braucht es noch ein paar Bücher mehr, aber „Lightwood“ ist ja z. B. der Auftakt einer Trilogie.

Christian Endres

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Steph Post
Lightwood
Polar, Stuttgart 2022, 439 Seiten

Judah Cannon hat den Kopf für seine kriminelle, zudem kriminell undankbare Familie hingehalten und seine Zeit im Florida State Prison abgesessen. Als er nachhause zurückkehrt, dauert es nicht lange, bis er im Bett seiner besten Freundin Ramey aus Schulzeiten landet – und wieder in die üblen Machenschaften seines brutalen Vaters Sherwood Cannon verstickt wird. Dabei würde

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Cold Detective

von am 11. April 2022 Kommentare deaktiviert für Cold Detective

John McMahon
Cold Detective
Piper, München 2022, 396 Seiten

P. T. Marsh ist einer der fähigsten Ermittler im Städtchen Mason Falls, Georgia – aber ist er auch ein guter Polizist? Nach dem Unfalltod seiner Frau und seines kleinen Sohnes würde Paul da wohl selbst nicht mehr drauf wetten. Er trinkt zu viel, hört die Stimme seiner Bulldogge Purvis in seinem Kopf und verprügelt mitten in der Nacht den gewalttätigen Freund einer Stripperin. Trotz allem muss Marsh jetzt den gefährlichsten Fall seiner Karriere lösen. Er beginnt mit der verbrannten Leiche eines afroamerikanischen Predigersohns und zu vielen Verdächtigen. Schließlich kommt Marsh sogar einer okkulten Verschwörung auf die Spur …

Webefilmer John McMahon wirft zu viel in seinen Südstaaten-Cop-Krimi und auf seinen Ich-Erzähler. Doch er kommt damit durch, da sein spannender Erstling richtige Pageturner-Qualitäten entwickelt. Wahrscheinlich landete das Buch deshalb 2020 bei den Edgar Awards der Mystery Writers of America auf der Shortlist für das beste Debüt, wo am Ende allerdings „Miracle Creek“ von Angie Kim gewann. Auf Englisch hat Mr. McMahon nach „The Good Detective“ (wie der erste Band im Original heißt) mit „The Evil Men Do“ und „A Good Kill“ seine Serie um P. T. Marsh bereits erfolgreich fortgesetzt.

Christian Endres

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John McMahon
Cold Detective
Piper, München 2022, 396 Seiten

P. T. Marsh ist einer der fähigsten Ermittler im Städtchen Mason Falls, Georgia – aber ist er auch ein guter Polizist? Nach dem Unfalltod seiner Frau und seines kleinen Sohnes würde Paul da wohl selbst nicht mehr drauf wetten. Er trinkt zu viel, hört die Stimme seiner Bulldogge Purvis in seinem Kopf und verprügelt mitten

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Bobby March Forever

von am 4. April 2022 Kommentare deaktiviert für Bobby March Forever

Alan Parks
Bobby March Forever
Heyne Hardcore, München 2021, 16 Seiten

Der Schotte Alan Parks, der im Musik-Business früher All Saints und andere Acts betreute, kam durch seinen Kumpel John Niven zum Schreiben. „Bobby March Forever“ ist nun schon Parks dritter Hardboiled-Krimi über das Glasgow der frühen 70er-Jahre und seinen Cop Henry McCoy. Diesmal sucht die ganze Stadt ein verschwundenes, wahrscheinlich entführtes Mädchen – nur McCoy wird von einem Erzrivalen bei der Polizei kaltgestellt. Also sucht unser Protagonist ein anderes Mädel, das in Schwierigkeiten stecken könnte, hilft seinem Gangsterboss-Freund aus Kindheitstagen und ermittelt im Mord an Bobby March.

Der fiktive Musiker, der mit Iggy und Syd high wurde und als begnadeter Studiogitarrist für die Stones spielte, fällt natürlich genau in Parks Hoheitsgebiet. Doch auch sonst erweckt der Schotte das Glasgow der 70er wieder voller Schatten und Stimmung zum Leben, obwohl er im dritten Band einen ungewöhnlich heißen Sommer beschreibt und Detectice Zufall ein, zwei Mal nachhelfen muss. Die Ermittlungen und Verstrickungen von McCoy haben trotzdem wieder einem super Flow, und ungefähr ab der Mitte wird der Stoff richtig finster und rechtfertigt das Hardcore im Logo. Die „Hank McCoy“-Serie ist und bleibt eine sichere Nummer, man freut sich auf jeden neuen Band in der Übersetzung von Conny Lösch.

Witziges Easter Egg für Follower dieses Blogs und Fans des Tartan-Noir: Alan Parks erweist sogar Liam McIlvanneys Roman „Ein frommer Mörder“ seine Referenz und verortet die Antihelden McCoy und McCormack damit im selben historischen Krimi-Universum.

Christian Endres

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Alan Parks
Bobby March Forever
Heyne Hardcore, München 2021, 16 Seiten

Der Schotte Alan Parks, der im Musik-Business früher All Saints und andere Acts betreute, kam durch seinen Kumpel John Niven zum Schreiben. „Bobby March Forever“ ist nun schon Parks dritter Hardboiled-Krimi über das Glasgow der frühen 70er-Jahre und seinen Cop Henry McCoy. Diesmal sucht die ganze Stadt ein verschwundenes, wahrscheinlich entführtes Mädchen

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Der grillende Killer

von am 30. März 2022 Kommentare deaktiviert für Der grillende Killer

Chang Kuo-Li
Der grillende Killer
Knaur, München 2022, 320 Seiten

Chang Kuo-Li ist Romancier, Dichter, Linguist, Historiker, Militärexperte und Food-Kritiker. Dem Roman „Der grillende Killer“ merkt man die vielen Interessengebiete und Kompetenzbereiche seines 1955 geborenen Autors definitiv an – meistens, wenn auch nicht immer im Positiven. Der Fokus der Geschichte liegt allerdings klar auf zwei Hauptfiguren: Dem erfahrenen Kommissar Wu aus Taipeh, der sich zwei Wochen vor seiner Pensionierung mit deutlich zu vielen Leichen aus dem Umfeld von Militär und Marine herumschlagen muss; und dem international arbeitenden Elitescharfschützen Alex Li, der zwischen seinen Aufträgen einen kleinen Reis-Schnell-Imbiss im italienischen Küstendorf Manarola betreibt und der plötzlich um die halbe Welt flüchten muss, als er nach Erledigung eines Jobs selbst ins Visier genommen wird …

Ein salopper Titel wie „Der grillende Killer“ lässt es schon vermuten, dafür braucht man keinen Sherlock Holmes: Dieser asiatische Krimi hat Humor, und das durchaus von der guten, bissigen Sorte. Gerade die Kapitel um Kommissar Wu sind in dieser Hinsicht sehr fein und unterhaltsam zu lesen. Weniger humorvoll geht es zu, wenn sich Kuo-Li mit seinem methodischen Scharschützen befasst, dafür lassen einen diese Passagen oftmals an die John Rain-Bücher von Barry Eisler denken. Überhaupt erinnert die internationale Mainstream-Tauglichkeit stets an Eisler und andere Erfolgsautoren aus der Ecke des eher militärischen Thrillers. Wahrscheinlich werden der vielseitige Chang Kuo-Li, der pfiffige Kommissar Wu und der grillende Sniper am Jahresende auf keiner Top-Liste landen, kurzweiligen Lesespaß bieten sie hinter einem coolen Cover trotzdem.

Christian Endres

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Chang Kuo-Li
Der grillende Killer
Knaur, München 2022, 320 Seiten

Chang Kuo-Li ist Romancier, Dichter, Linguist, Historiker, Militärexperte und Food-Kritiker. Dem Roman „Der grillende Killer“ merkt man die vielen Interessengebiete und Kompetenzbereiche seines 1955 geborenen Autors definitiv an – meistens, wenn auch nicht immer im Positiven. Der Fokus der Geschichte liegt allerdings klar auf zwei Hauptfiguren: Dem erfahrenen Kommissar Wu aus Taipeh, der

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Die Chemie des Todes

von am 28. Februar 2022 Kommentare deaktiviert für Die Chemie des Todes

Simon Beckett
DIE CHEMIE DES TODES: David Hunters 1. Fall
Andree Hesse (Übersetzer)
Rowohlt
Taschenbuch: ‎ 430 Seiten
ISBN: ‎ 978-3499241970

"Sally Palmer war nackt und auch im hellen Sonnenlicht nicht mehr zu erkennen. Ihr Körper war durch und durch von Ungeziefer befallen, das unter ihrer Haut brodelte und aus Mund und Nase und anderen, unnatürlichen Körperöffnungen hervorquoll." (S. 9)

Es waren nicht diese schaurigen Sätze im Anfang des Buchs, die mich vor etwa 10 Jahren zu diesem außergewöhnlichen Roman führten. Es war schlichtweg das Thema: Aufklärung von Verbrechen anhand der Leichenbegutachtung. Zu jener Zeit lagen auf meinem eigenen Schreibtisch nicht wenige Rechtsfälle von Opfern, die durch Unfall oder Behandlungsfehler getötet worden waren. Auch für mich galt es damals, zu ermitteln, ob und wer für den Tod der Opfer zur Rechenschaft gezogen werden kann, ich selbst musste hier prüfen, wer vor Gericht dafür "bluten" muss.

Daher weckte Becketts DIE CHEMIE DES TODES mit seinem speziellen (und zu jener Zeit neuartigen) Ermittler David Hunter mein Interesse; Hunter ist nämlich forensischer Anthropologe. Ihr müsst wissen, es gibt drei gerichtliche Wissenschaften vom Menschen, zum einen die Rechtsmedizin, dann die forensische Zahnmedizin und eben die forensische Anthropologie. Letztere beschäftigt sich vor allem mit stark verwesten Leichen und Skeletten und genau hier bewegt sich der Ermittler Hunter.

Hunter erzählt seine Geschichte bravourös in Ich-Form, so dass ich (der Leser) also wieder mit dabei sein darf. Ich gehe also mit ihm und neben ihm, erlebe und sehe, was er sieht. Ich bin sein Watson, sein Buddy, und auf jeder Seite denke ich scharf nach, … denn ich bin Hunters Kollege, der Mitch, und ich werde den Fall lösen!

Alles beginnt damit, dass mein Kollege Hunter traumatisiert von einem Schicksalsschlag aus London in das kleine Dorf Manham umsiedelt, um dort seiner Vergangenheit entfliehen zu können. Hunter wird Assistent des dortigen Landarztes Maitland. Eines Tages wird die Leiche einer Dorfbewohnerin am Rand des Sumpfes gefunden. Die Leiche ist bereits zu stark verwest, um festzustellen, wer die Tote ist. Der Dorfpolizist holt also meinen Kollegen "und mich" zum Leichenort. Es stinkt. Überall Maden und Fliegen. Wir identifizieren dennoch die Leiche als die der Dorfbewohnerin Sally, die seit etwa zehn Tagen tot sein muss, … es ist grausam: Der Mörder hat ihr Schwanenflügel in den Rücken gesteckt!

Und so beginnt eine rasante und wendungsreiche Ermittlung für Hunter, und so auch für mich. Ich erfahre viel über die Anthropologie und zugleich über die Abgründe menschlichen Denkens und Tun. Die Geschichte wird mit jeder Seite spannender und am Ende bin ich platt, … und ich weiß, dass ich ein verdammt gutes Buch lesen durfte; schade zwar, dass es zu Ende ging; zum Glück gibt es aber heute noch weitere Fälle von David Hunter (aktuell sechs Fälle in sechs Büchern).

Für mich ist die David Hunter Reihe (jedes Buch ist in sich abgeschlossen) uneingeschränkt empfehlenswert und gehört für mich absolut zu meinen Lieblingen.

Hier die David Hunter-Thriller in der richtigen Reihenfolge:

  1. Die Chemie des Todes (2006)
  2. Kalte Asche
  3. Leichenblässe (2009)
  4. Verwesung (2010)
  5. Totenfang (2016)
  6. Die ewigen Toten (2019)

Übrigens, die Idee zu den David-Hunter-Büchern, speziell zu DIE CHEMIE DES TODES, kam Beckett, als er die Gelegenheit hatte, für einen Magazinartikel die Body Farm in Tennessee zu besuchen; dies sind Gelände, auf denen wissenschaftliche Studien zu postmortalen Veränderungen an Menschen, also über Verwesungsprozesse von Leichen, an freier Luft erfolgen können. Schon erstaunlich, wie etwas so morbides als Muse für etwas so lebendig Geschriebenes dienen kann.

MITCH

Simon Beckett
DIE CHEMIE DES TODES: David Hunters 1. Fall
Andree Hesse (Übersetzer)
Rowohlt
Taschenbuch: ‎ 430 Seiten
ISBN: ‎ 978-3499241970
"Sally Palmer war nackt und auch im hellen Sonnenlicht nicht mehr zu erkennen. Ihr Körper war durch und durch von Ungeziefer befallen, das unter ihrer Haut brodelte und aus Mund und Nase und anderen, unnatürlichen Körperöffnungen hervorquoll." (S. 9)
Es waren nicht diese schaurigen Sätze im

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Drag Cop

von am 23. Februar 2022 Kommentare deaktiviert für Drag Cop

Candas Jane Dorsey
Drag Cop
Suhrkamp, Berlin 2021, 251 Seiten

Candas Jane Dorsey, Jahrgang 1952, arbeitete schon als Autorin, Herausgeberin, Verlegerin, Aktivistin und Anwältin. Ende der 1980er war sie eine der Gründerinnen des Kollektivs SF Canada. Für ihren Science-Fiction-Roman „Black Wine“ von 1997 wurde sie mit dem James Tiptree Jr. Award, dem Crawford Award und dem Prix Aurora Award ausgezeichnet. Jetzt liegt ihr Krimi „The Adventures of Isabel: A Postmodern Mystery, By the Numbers“ von 2020 als „Drag Cop“ in der Übersetzung von Conny Lösch auf Deutsch erschienen. Titel und Cover der deutschsprachigen Ausgabe, die Herausgeber Thomas Wörtche in seiner stets beachtenswerten Krimi-Reihe aufgenommen hat, meinen es etwas zu gut und wollen es etwas zu sehr, aber sei’s drum (der Originaltitel und die Kapitelüberschriften stammen übrigens alle aus dem Gedicht „The Adventures of Isabel“ von Ogden Nash, außerdem zitiert Dorsey an einer Stelle Fantastik-Größe R. A. Lafferty). „Drag Cop“, in dem eine pansexuelle Ex-Sozialarbeiterin und Ich-Erzählerin, ihr Kater und ihre in vielen Fällen queeren Freunde in einem Mordfall ermitteln, ist ein sympathisch blubbernder Detektivkrimi mit ein paar witzigen Meta-Allüren. Dass man sich von der Stimmung her ständig an Kinky Friedmans herrliche Detektivromane erinnert fühlt, hat nichts mit der Bedeutung von dessen Vornamen zu tun.

Christian Endres

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Candas Jane Dorsey
Drag Cop
Suhrkamp, Berlin 2021, 251 Seiten

Candas Jane Dorsey, Jahrgang 1952, arbeitete schon als Autorin, Herausgeberin, Verlegerin, Aktivistin und Anwältin. Ende der 1980er war sie eine der Gründerinnen des Kollektivs SF Canada. Für ihren Science-Fiction-Roman „Black Wine“ von 1997 wurde sie mit dem James Tiptree Jr. Award, dem Crawford Award und dem Prix Aurora Award ausgezeichnet. Jetzt liegt ihr

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Sherlock Holmes

von am 2. Februar 2022 1 Kommentar

Arthur Conan Doyle
Sherlock Holmes – Sämtliche Werke in 3 Bänden (Die Erzählungen I, Die Erzählungen II, Die Romane) 
Marion Herbert (Übersetzer), Heike Holtsch (Übersetzer), Christel Kröning (Übersetzer)
Anaconda Verlag (25. Oktober 2021)
ISBN: 978-3730610275

ARTHUR CONAN DOYLE: SHERLOCK HOLMES

Ende Oktober 2021 erschien im Anaconda Verlag eine neue und hübsche Gesamtausgabe von Arthur Conan Doyles "Sherlock Holmes".

Keine Romanfiguren haben mir über die Jahre soviel Freude und Vergnügen bereitet, wie Sherlock Holmes und sein Freund Dr. Watson. Zuzugeben ist, dass ich – obwohl ich noch nie in Großbritannien gewesen bin – eine recht starke Faszination für das England "von damals" hege, denn nicht umsonst habe ich sämtliche Detektivgeschichten von Arthur Conan Doyle mehrmals und nicht wenige Romane von Agatha Christie (obwohl hier ja oft ein Belgier in England unterwegs ist) verschlungen.

Jedenfalls sind mir Sherlock Holmes und Dr. Watson einfach die Liebsten, ja, die beiden sind für mich "die Besten". Doyle erschuf im Jahre 1886 dieses außergewöhnliche Duo, welches mir über die Jahre sehr an mein Leserherz gewachsen ist. Hinzu kommt, dass ich (wie schon öfter erwähnt) richtig gute Ich-Erzähler liebe, und in Doyles "Sherlock Holmes" ist Erzähler der meisten Geschichten eben der praktisch veranlagte, bodenständige und sehr liebenswerte Dr. Watson, dem dabei die Rolle des Chronisten zufällt.

Es ist die Freundschaft dieser beiden ungleichen Protagonisten, es sind die so guten Geschichten mit so genialen Auflösungen, es ist der Charme von Dr. Watson, es ist der so facettenreiche und eiserne (und dabei licht- und schattenhafte) Charakter von Holmes und es ist zu guter Letzt diese einmalige "London-Atmosphäre", die Doyle in seinen Kurzgeschichten und Romanen zaubert. Wenn man mich fragt, so ist Sherlock Holmes (ein Stück weit) sogar ein Protagonist der Gattung "Phantastik", denn gleich einem "Superhelden" löst Holmes sogar die unmöglichen Fälle, seine "Superkraft" ist die der Deduktion, die Kraft der ungewöhnlichen Schlussfolgerungen.

Fazit: Die Gesamtausgabe vom Anaconda Verlag bestellen und lesen, lesen, lesen … Nicht umsonst basieren hunderte von späteren Ablegern in Belletristik, Comic, Hörspiel und Film auf den Romanfiguren von Holmes und Dr. Watson, beide dürften also (völlig zu Recht) das bekannteste Ermittlerduo auf diesem Planeten sein.

MITCH

Arthur Conan Doyle
Sherlock Holmes – Sämtliche Werke in 3 Bänden (Die Erzählungen I, Die Erzählungen II, Die Romane) 
Marion Herbert (Übersetzer), Heike Holtsch (Übersetzer), Christel Kröning (Übersetzer)
Anaconda Verlag (25. Oktober 2021)
ISBN: 978-3730610275
ARTHUR CONAN DOYLE: SHERLOCK HOLMES
Ende Oktober 2021 erschien im Anaconda Verlag eine neue und hübsche Gesamtausgabe von Arthur Conan Doyles "Sherlock Holmes".
Keine Romanfiguren haben mir über die Jahre soviel Freude

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Der Nullpunkt und Die Goldenen 150

von am 25. Dezember 2021 3 Kommentare

Vorwort von Gerd
In der Weihnachtszeit schreibe ich oft laaaange Beiträge. Manchmal ist es Gejammer, manchmal Dankbarkeit und ab und an auch irgendetwas völlig anderes. Diesmal ist es noch anders. Ich überlasse das Wort nämlich MITCH, der seit in etwa diesem Jahr unsere Seite mit seinen Rezis bereichert. Dieser Elan und seine authentische Herangehensweise sind eine große Bereicherung. Sein teils nicht ganz unstrittiger, sehr persönlicher Blickwinkel weist immer wieder neue Wege und Richtungen. Jetzt hat sich MITCH an etwas sehr umfassendes gewagt, das den "normalen" Rahmen unserer Beiträge bei weitem sprengt. Genau wie meine gewohnten Worte zur Weihnachtszeit. Deswegen könnt ihr in diesem Jahr seine Gedanken zur Phantastik lesen. Nehmt euch auch diesmal Zeit. Der Artikel und die dazugehörige Liste sind zwar wiederum sehr subjektiv, aber genau das hat auch mir so viel Spaß bereitet. Titel zu finden, an die ich niemals gedacht hätte, andere zu vermissen. Ich selbst würde es nie wagen, eine solche Liste zu erstellen, genau wegen möglicher Lücken oder Geschmäcker. MITCH hat es gewagt und ich mag das Ergebnis und bewundere sein Selbstvertrauen. Lasst euch inspirieren…

Kurd Laßwitz
Bis zum absoluten Nullpunkt des Seins
Paperback. Mai 2017 – 156 Seiten; ebooknews press-Verlag
ISBN: 978-3944953533

EINLEITUNG: "150" JAHRE NACH DEM NULLPUNKT

Heute habe ich die Zahl 150 im Blick:

Denn vor 150 Jahren, im Jahr 1871, startete mit Kurd Laßwitz geschriebener Zukunftserzählung BIS ZUM NULLPUNKT DES SEINS, dem Gründungsdokument der deutschen Science Fiction, die moderne deutsche Science-Fiction. Die "150" hat also keine geringe Bedeutung.

Man möge sich vor Augen führen, dass Laßwitz‘ BIS ZUM NULLPUNKT DES SEINS aus einer Zeit stammt, in welcher Sherlock Holmes gerade einmal Teenager gewesen ist. Gleichwohl finden wir darin Internet, Schnellrestaurants, Überbevölkerung, Agrarsteppen, Psychopharmaka, Individualflugverkehr, Zukunftsluftkrieg, Energieversorgung, Bitcoin, Klimabeeinflussung, Frauenemanzipation, Raumfahrt u.v.m.. Folglich beinhaltet Laßwitz‘ Kurzgeschichte mehr an Science Fiction, als das gesamte Werk eines Jules Verne.

Auch so manch weise Worte sind in BIS ZUM NULLPUNKT DES SEINS verborgen:

"Die Nüchternen sind die allerschlimmsten Fanatiker; wenn sie sich auf die `nüchterne Überlegung´ berufen, so lügen sie. Ihre innerste Gemütslage ist eben fremd und abgeneigt den warmen Empfindungen einer ideal fühlenden Seele, die das Leben erfaßt, wie es sein soll, und nicht zergliedert, wie es ist.", vgl. Laßwitz, Traumkristalle, Moewig Verlag 1981, Bis zum Nullpunkt des Seins, S. 209.

Selbst wenn solche Gedanken schon 150 Jahre "alt" sind, können wir uns jetzt durchaus fragen, inwieweit und zu welchem Preis wir in unserer "neuen" Zeit einst uns wichtige (innen) empfundene Ideale heute einer (äußeren) nüchternen Notwendigkeit opfern?!

Und wer nach der Lektüre von BIS ZUM NULLPUNKT DES SEINS noch tiefer in den Ursprung deutscher SF gehen will, der mag sich – wie einst Jules Vernes Professor Lidenbrock – in den Mittelpunkt dessen vorwagen mit dem Titel …

Detlef Münch
150 Jahre Kurd Laßwitz´ Nullpunkt der deutschen Science Fiction am 21. Juni 1871
Taschenbuch: ‎ 224 Seiten
synergenVerlag (23. April 2021)
ISBN: ‎ 978-3946366508

An dieser Stelle ist es obligatorisch, Herrn Laßwitz ein paar gewichtige Worte nachzurufen, und zwar durch Herrn Dath:

"Laßwitz gehört zu den hellsichtigsten Wegbereitern der SF, zu den Menschen, die vor rund zweihundert Jahren eine neue Kunstform, eine neue Denkmaschine bauten, mehr: ein Kulturprinzip, das imstande war, iterativ weitere derartige Maschinen hervorzubringen oder sie in seine Dienste zu nehmen"vgl. Dietmar Dath, Niegeschichte, 2. Aufl., S. 175.

Und last but not least sage ich:

"Jedenfalls können wir heute, Ende des Jahres 2021, mit einer (doch recht tiefen) Verbeugung Richtung Herrn Laßwitz deutsche Science-Fiction feiern, heute, 150 Jahre nach dem Nullpunkt."

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Vorwort von Gerd
In der Weihnachtszeit schreibe ich oft laaaange Beiträge. Manchmal ist es Gejammer, manchmal Dankbarkeit und ab und an auch irgendetwas völlig anderes. Diesmal ist es noch anders. Ich überlasse das Wort nämlich MITCH, der seit in etwa diesem Jahr unsere Seite mit seinen Rezis bereichert. Dieser Elan und seine authentische Herangehensweise sind eine große Bereicherung. Sein teils nicht

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Saubermann

von am 1. November 2021 1 Kommentar

Ken Bruen
Saubermann
Polar, Stuttgart 2021, 224 Seiten
ISBN 978-3-948392-28-4

Die „Jack Taylor“-Romane des irischen Krimi-Könners Ken Bruen, seit 2001 im Umlauf, gehören eigentlich zur Grundausstattung. Noch vor seinem ins Fernsehen vorgestoßenen Detektiv schuf Bruen, dieser Meister des finsteren, zynischen und coolen Hardboiled von der Insel, die Serie um Detective Sergeant Brant, Chief Inspector Roberts und Constable Falls. Der Film „Blitz – Cop-Killer vs. Killer-Cop“ mit dem schnellen und furiosen Transporter Jason Statham basiert auf den Brant-Romanen, ohne dass das jetzt als Qualitätssiegel gewertet werden soll.

Bei Polar kamen schon ein paar der Brant-Bücher heraus, mit „Saubermann“ liegt nun sogar der allererste auf Deutsch vor. Der Roman, 1998 erstmals veröffentlicht und mit allerhand Anspielungen auf Police-Procedural-Pionier Ed McBain gespickt, ist ein brachiales, fieses Vergnügen, Bruen wie man ihn kennt und liebt (vorausgesetzt, die Wellenlänge stimmt). Brant walzt als der Schandfleck der Londoner Polizei durch Dienst und Leben, korrupt, brutal, nur einer eigenen schrägen Logik verpflichtet. Ein Antiheld auf Talfahrt in die Hölle. Er und sein Chef Roberts, beste Feinde, brauchen einen Saubermann-Fall, einen großen Fisch, der alle Verfehlungen vergessen macht. Zur Auswahl stehen ein Serienkiller, der die englische Cricket-Nationalmannschaft dezimiert, und eine Gruppe selbsternannter Rächer, die Kriminelle aufknüpfen und anzünden …

„Jack Taylor fliegt raus“ wäre ein guter Start in Ken Bruens Schaffen, ebenso die pulpige Fisher/Petrakos-Trilogie von ihm und Jason Starr. Und ja, „Saubermann“, dieser gewalttätige, düstere Gruß aus den 90ern, taugt auch fürs Kennenlernen. Allerdings erinnert einen diese willkommene Veröffentlichung auch schmerzhaft daran, dass noch so einige Bruens, sogar ein paar Jack Taylors, nicht ins Deutsche übersetzt wurden. Aber immerhin geht es nun mit Brant und Roberts weiter. Oder los. Je nachdem.

Christian Endres

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Ken Bruen
Saubermann
Polar, Stuttgart 2021, 224 Seiten
ISBN 978-3-948392-28-4

Die „Jack Taylor“-Romane des irischen Krimi-Könners Ken Bruen, seit 2001 im Umlauf, gehören eigentlich zur Grundausstattung. Noch vor seinem ins Fernsehen vorgestoßenen Detektiv schuf Bruen, dieser Meister des finsteren, zynischen und coolen Hardboiled von der Insel, die Serie um Detective Sergeant Brant, Chief Inspector Roberts und Constable Falls. Der Film „Blitz – Cop-Killer vs. Killer-Cop“

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Die Tote mit der roten Strähne

von am 6. Oktober 2021 Kommentare deaktiviert für Die Tote mit der roten Strähne

Kathleen Kent
Die Tote mit der roten Strähne
Suhrkamp, Berlin 2021, 365 Seiten
ISBN 978-3-518-47170-8

Den literarischen Empfehlungen der eigenen Lieblingsautoren zu folgen, führt oft zu interessanten anderen Kreativen und Büchern. Nehmen wir dieses Beispiel. Über Kathleen Kents Krimi „Die Tote mit der roten Strähne“ sagt und blurbt der texanische Kulterzähler, Alleskönner und Krimimeister Joe R. Lansdale: „Ich liebe dieses Buch! Betty ist meine Heldin. Klug, entschlossen, absolut einzigartig.“

Erfunden hat sie die 1953 geborene Kathleen Kent, die sich mit historischen Romanen einen Namen als Bestseller-Autorin machte. Ihr erster lupenreiner Hardboiled-Roman dreht sich um Betty Rhyzyk, Sprössling einer Brooklyner Polizistenfamilie mit polnischen Wurzeln. Allen internen und externen Widerständen zum Trotz, wird die große, taffe rothaarige „Amazone“ (um den Roman mal zu zitieren) selbst ein Cop. Am Ende landet sie aber im texanischen Dallas, wo sie als lesbische Polizistin nicht weniger aushalten muss. Dass ein Einsatz gegen ein mexikanisches Kartell völlig aus dem Ruder läuft, plötzlich überall Leichen/Leichenteile auftauchen und ein gefährlicher Irrer Betty ins Visier nimmt, macht’s kein bisschen leichter …

„Die Tote mit der roten Strähne“ ist solider und allemal unterhaltsamer Hardboiled-Cop-Stoff. Und obwohl es im letzten Drittel dann doch ein bisschen zu trashig zugeht, würde man sicher weitere Fälle von Betty Rhyzyk lesen, sollte Herausgeber Thomas Wörtche sie in seiner stets beachtenswerten Krimi-Reihe bei Suhrkamp bringen.

Christian Endres

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Kathleen Kent
Die Tote mit der roten Strähne
Suhrkamp, Berlin 2021, 365 Seiten
ISBN 978-3-518-47170-8

Den literarischen Empfehlungen der eigenen Lieblingsautoren zu folgen, führt oft zu interessanten anderen Kreativen und Büchern. Nehmen wir dieses Beispiel. Über Kathleen Kents Krimi „Die Tote mit der roten Strähne“ sagt und blurbt der texanische Kulterzähler, Alleskönner und Krimimeister Joe R. Lansdale: „Ich liebe dieses Buch! Betty ist meine

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Ein frommer Mörder

von am 22. September 2021 Kommentare deaktiviert für Ein frommer Mörder

Liam McIlvanney
Ein frommer Mörder
Heyne, München 2021, 448 Seiten
ISBN 978-3-453-44093-7

Im Jahr 1968 muss das alte Glasgow immer mehr den modernen Hochhäusern und Sozialsiedlungen weichen. Überall stehen Wohnungen leer und wird abgerissen. Die Polizei jagt außerdem den Quäker, einen Serienkiller, der Frauen in seinem frömmlerischen Wahn vergewaltigt und ermordet. Doch auch nach einem Jahr, drei Leichen sowie 50.000 Aussagen und Hinweisen aus der Bevölkerung haben die Polizisten keinen Durchbruch zu vermelden. Nun soll der aus den Highlands stammende Sonderermittler Duncan McCormack die damals teuerste Untersuchung in der Geschichte der schottischen Polizei prüfen, was ihm den Hass seiner Kollegen sichert. Gleichzeitig kommt ein Safeknacker dem Quäker-Fall nach einem erfolgreichen Bruch näher, als ihm lieb ist …

„Ein frommer Mörder“ ist ein ganz feiner Schottenkrimi, der vom realen Fall des Serienmörders Bible John inspiriert wurde – aber das ist noch nicht alles. Denn Liam McIlvanney, der in Neuseeland als Autor und Professor für Schottland-Studien arbeitet, ist der Sohn von William McIlvanney (1936–2015): Jenem schottischen Crime-Autor, der in den 1970ern mit seinen „Laidlaw“-Romanen den Tartan Noir bzw. den schottischen Hardboiled-Krimi begründete und den Weg für Bestsellerautor Ian Rankin und Co. ebnete. Und für „Ein frommer Mörder“, dessen deutscher Titel eine hübsche Alternative für „The Quaker“ darstellt, gewann Liam McIlvanney 2018 zurecht den schottischen Krimipreis, der inzwischen nach seinem Vater benannt ist.

Ian Rankin, das der Vollständigkeit halber, hat übrigens just den vierten nie vollendeten Laidlaw-Roman über den ersten Fall des legendären Ermittlers von McIlvaney Sr. zu Ende geschrieben, der im September als „The Dark Remains“ auf Englisch erschienen ist. Am Namen McIlvanney kommt man gerade wieder mal nicht vorbei, wenn man Krimis von der Insel schätzt.

Christian Endres

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Liam McIlvanney
Ein frommer Mörder
Heyne, München 2021, 448 Seiten
ISBN 978-3-453-44093-7

Im Jahr 1968 muss das alte Glasgow immer mehr den modernen Hochhäusern und Sozialsiedlungen weichen. Überall stehen Wohnungen leer und wird abgerissen. Die Polizei jagt außerdem den Quäker, einen Serienkiller, der Frauen in seinem frömmlerischen Wahn vergewaltigt und ermordet. Doch auch nach einem Jahr, drei Leichen sowie 50.000 Aussagen und Hinweisen aus

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Sherlock Holmes und die Tigerin von Eschnapur

von am 20. September 2021 2 Kommentare

Christian Endres
SHERLOCK HOLMES UND DIE TIGERIN VON ESCHNAPUR.
Illustrationen: Timo Kümmel
Stolberg, Atlantis, 2021, 240 S.
ISBN 978-3-86402-777-2 / 17,90 Euro
Hardcover

Nachdem Christian Endres in bisher zwei Büchern, die den Doyle-Helden Sherlock Holmes zum Protagonisten erkoren hatten, ausgiebig gezeigt hat, dass er dieser Figur sowohl in der kurzen Prosaform (2009 in der Story-Sammlung SHERLOCK HOLMES UND DAS UHRWERK DES TODES) als auch auf Romanlänge (SHERLOCK HOLMES UND DIE TANZENDEN DRACHEN, 2015) gerecht werden kann, darf die geneigte Leserschaft sich weitere sechs Jahre später erneut unter die Fittiche dieses äußerst talentierten Geschichtenerzählers begeben.

Seit der einzigartige Edgar Allan Poe vor fast zweihundert Jahren erstmals seinen C. Auguste Dupin als Ermittler auftreten ließ, wissen wir, dass es gerade die Kurzgeschichte ist, die sich für die Darstellung spannender Kriminalfälle und deren Lösung hervorragend eignet. Diese etwas in Vergessenheit geratene Tatsache wieder ins Bewusstsein der Leserinnen und Leser gerufen zu haben, ist nicht das kleinste Verdienst von Endres.

In seiner soeben erschienenen Kurzgeschichtensammlung SHERLOCK HOLMES UND DIE TIGERIN VON ESCHNAPUR zieht er erneut alle Register und bittet den englischen Meisterdetektiv Holmes und seinen treuen Freund und Chronisten Dr. Watson zum Tanz.

Die Herausforderungen, denen sich das dynamische Duo stellen muss, reichen von weltbewegenden (da das Empire für die Briten ja „die Welt“ darstellt) Bedrohungen durch uraltes Geheimwissen hin zu Problemen mit exotischen Tieren, geheimnisvollen Todesfällen ohne erkennbare Ursachen und den Schwierigkeiten, die durch Langeweile oder Überarbeitung entstehen. Außerdem darf Holmes hin und wieder über seinen eigenen Schatten springen und sich mit „Klienten“ abgeben, denen er normalerweise die Tür gewiesen hätte, bzw. die ihn gar nicht zur Hilfe gerufen haben. Und dann muss er in „Unten am Fluss“, der anrührendsten Geschichte des Bandes, auch noch schweren Herzens Abschied nehmen von einem alten Weggefährten.

Das Buch enthält 15 Erzählungen, 24 Short-Short-Stories, ein Vorwort sowie einen Anhang mit kurzen Notizen des Autors zur Entstehungsgeschichte (plus einen „Hidden Track“). Für die sehr stimmige Umschlaggestaltung, die Innenausstattung und die diversen Illustrationen zeichnet Timo Kümmel verantwortlich.

Wer Holmes und Watson und Endres (oder auch nur einen davon) mag, sollte sich getrost über SHERLOCK HOLMES UND DIE TIGERIN VON ESCHNAPUR hermachen – es bietet nicht nur Reisen in exotische Länder, fantastische Unterhaltung und schwarzhumorige Kabinettstückchen, sondern auch genügend Düsternis und Nebel um selbst Holmes-Puristen zufrieden zu stellen.

Horst Illmer
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Sherlock Holmes und die Tigerin von Eschnapur
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Christian Endres
SHERLOCK HOLMES UND DIE TIGERIN VON ESCHNAPUR.
Illustrationen: Timo Kümmel
Stolberg, Atlantis, 2021, 240 S.
ISBN 978-3-86402-777-2 / 17,90 Euro
Hardcover

Nachdem Christian Endres in bisher zwei Büchern, die den Doyle-Helden Sherlock Holmes zum Protagonisten erkoren hatten, ausgiebig gezeigt hat, dass er dieser Figur sowohl in der kurzen Prosaform (2009 in der Story-Sammlung SHERLOCK HOLMES UND DAS UHRWERK DES TODES) als auch auf

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Verlorener Horizont

von am 16. August 2021 Kommentare deaktiviert für Verlorener Horizont

Jede Bestellung zählt in diesen Zeiten, und deshalb kann man es gar nicht oft genug sagen: Ihr könnt in Hermkes Romanboutique nicht nur Comics oder Bücher aus den Genres Science-Fiction, Fantasy und Horror bestellen, sondern auch alle anderen Arten von Literatur. Daher gibt es nun immer mal einen Buchtipp von außerhalb des Genres zur Inspiration.

Pascal Dessaint
Verlorener Horizont
Polar, Stuttgart 2021, 222 Seiten
ISBN 978-3-948392-32-1

„Verlorener Horizont“ von Pascal Dessaint ist ein echtes Sommerbuch, durchzogen von einer wunderbaren Leichtigkeit und düsterem Humor, aber auch schrecklich-schöner Melancholie. Die junge Lehrerin Lucille haust an einem Strand bei Calais im Norden Frankreichs, das immer wieder wegen seines provisorischen Migrantenlagers und der Zustände im „Dschungel von Calais“ in die Schlagzeilen gerät. Lucille, die dort unterrichtet hat, lebt nun mit dem alten Entenjäger Anatole und dem Schwerverbrecher Loïk in zwei Wohnwagen und einer alten Frittenbude. Ihr Leben als verschrobene, gezeichnete Außenseiter inmitten der prächtigen Natur, die von den Gezeiten beherrscht wird, beschreibt Dessaint mit all seiner literarischen Begabung – und allerhand Referenzen an den französischen Schauspieler Jean Gabin.

Dieser Roman des 1964 geborenen Dessaint ist von einem „klassischen Krimi“ lange so weit entfernt, wie es nur geht. „Verlorener Horizont“, von Ronald Voullié und Beate Braumann ins Deutsche übertragen, konzentriert sich auf die Charaktere, deren Schicksale und auf die Gesellschaft, die zugleich als Kulisse und als Katalysator dient. Monsieur Dessaint sieht und durchschaut die Menschen. Das Verbrechen und die Finsternis kommen in seiner Geschichte mit der menschlichen Unberechenbarkeit, Impulsivität und Fehlbarkeit, die im Alltag lauert. In dieser Hinsicht ist das Ganze also Noir in seiner reinsten, düstersten Form. Pascal Dessaints grandios geschriebener, kurzer Roman über verlorene Horizonte und ruinierte Perspektiven, dessen Sätze und Szenen dreifach wiegen und nachklingen, bietet 200 der lesenswertesten Seiten, die man sich in diesem Sommer zu Gemüte führen kann.

Christian Endres

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Jede Bestellung zählt in diesen Zeiten, und deshalb kann man es gar nicht oft genug sagen: Ihr könnt in Hermkes Romanboutique nicht nur Comics oder Bücher aus den Genres Science-Fiction, Fantasy und Horror bestellen, sondern auch alle anderen Arten von Literatur. Daher gibt es nun immer mal einen Buchtipp von außerhalb des Genres zur Inspiration.
Pascal Dessaint
Verlorener Horizont
Polar, Stuttgart 2021, 222

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Sherlock Holmes und die Tigerin von Eschnapur

von am 27. Juli 2021 1 Kommentar

Christian Endres
Sherlock Holmes und die Tigerin von Eschnapur
Stolberg, Atlantis, 2021, 241 Seiten / 17,90 €

…ist der Titel des brandneuen Buches von Kurd-Laßwitz-Preisträger und Local Hero Christian Endres, mit dem er seine Tradition der phantastischen Abenteuer von Arthur Conan Doyles Detektiv fortsetzt.

Der neue Band ist wieder toll aufgemacht. Hardcover mit Lesebändchen. Das gelungene Titelbild, der vierfarbige Vorsatz und die Innenillustrationen stammen von Timo Kümmel. Neben Vorwort, Kurzbiographie des Autors und Anhang befinden sich zwischen den Buchdeckeln 15 "normale" Stories plus einige seiner Twitterstories im Ultrakurzformat. Als Ergänzung zur letzten Geschichte, die "eine Meta-Einstimmung auf den Fantasy-Roman "Sherlock Holmes und die tanzenden Drachen"" bietet, gibt es am Ende des Buches auch noch eine passende Leseprobe.

Natürlich haben wir sowohl den Roman "Sherlock Holmes und die tanzenden Drachen" als auch den ersten Holmes Storyband "Sherlock Holmes und das Uhrwerk des Todes" vorrätig.

Die "Tigerin von Eschnapur" liegt seit heute 20 mal in signierter Version vor. Ihr solltet euch also sputen…

Christian Endres
Sherlock Holmes und die Tigerin von Eschnapur
Stolberg, Atlantis, 2021, 241 Seiten / 17,90 €

…ist der Titel des brandneuen Buches von Kurd-Laßwitz-Preisträger und Local Hero Christian Endres, mit dem er seine Tradition der phantastischen Abenteuer von Arthur Conan Doyles Detektiv fortsetzt.
Der neue Band ist wieder toll aufgemacht. Hardcover mit Lesebändchen. Das gelungene Titelbild, der vierfarbige Vorsatz und

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Der heilige King Kong

von am 28. Juni 2021 Kommentare deaktiviert für Der heilige King Kong

Jede Bestellung zählt in diesen Zeiten, und deshalb kann man es gar nicht oft genug sagen: Ihr könnt in Hermkes Romanboutique nicht nur Comics oder Bücher aus den Genres Science-Fiction, Fantasy und Horror bestellen, sondern auch alle anderen Arten von Literatur. Daher gibt es nun immer mal einen Buchtipp von außerhalb des Genres zur Inspiration.

James McBride
Der heilige King Kong
btb, München, 445 Seiten
ISBN 978-3-442-75924-8

James McBride schrieb das autobiografische Buch „Die Farbe von Wasser“, den von Spike Lee verfilmten Roman „Das Wunder von St. Anna“ und den Weird Western „Das verrückte Tagebuch des Henry Shackleford“, der von Netflix und Ethan Hawke als Miniserie „The Good Lord Bird“ adaptiert wurde. Mr. McBrides neuer Roman heißt „Der heilige King Kong“, und ob man dieses Jahr einen fabulierfreudigeren Krimi-Schmöker finden wird, bleibt abzuwarten.

Das Buch dreht sich um einen Melting Pot in Brooklyn, der aus einer multinationalen Sozialsiedlung, einer schwarzen Baptistengemeinde und einem Schmugglerhafen besteht. Ende der 1960er wird Heroin zum Problem, doch bei McBride steckt selbst hinter dem größten Dealer eine bittersüße Geschichte und tolle Figur. Genauso wie hinter dem versoffenen Diakon Sportcoat, der am liebsten selbstgebrannten King Kong zuckelt und den Geist seiner Frau sieht, oder dem einsamen Mafia-Schmuggler Tommy Elefante alias Der Elefant. Die historische Verpackung und die köstlichen Abschweifungen machen diesen wunderbar wortgewandten und üppigen Krimi des 1957 geborenen Amerikaners nur noch charmanter, seine Beobachtungen zu Rassismus und urbanem Zusammenleben nicht weniger treffend.

National Book Award-Gewinner James McBride ist ein Meistererzähler, der einem das Gefühl gibt, dass am Ende alles gut werden kann, obwohl und gerade weil wir alle nur Menschen sind.

Christian Endres

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James McBride
Der heilige King Kong
btb, München,

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Tote ohne Namen

von am 21. Juni 2021 Kommentare deaktiviert für Tote ohne Namen

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Louisa Luna
Tote ohne Namen
Suhrkamp, Berlin 2021, 445 Seiten
ISBN 978-3-518-47135-7

„Tote ohne Namen“ ist der zweite Romankrimi über die taffe Privatdetektivin Alice Vega und ihren Freund Max Caplan, jedoch das erste Buch der Serie, das auf Deutsch veröffentlicht wird. Macht nichts: Autorin Louisa Luna sorgt dafür, dass man diese beiden Figuren und ihre Beziehung schnell zu fassen kriegt. Was die Chemie zwischen den Ermittlern angeht, erinnert „Tote ohne Namen“ in seinen besten Momenten an die großartigen „Kenzie & Gennaro“-Romane von Dennis Lehane. Das Setting an der amerikanisch-mexikanischen Grenze, mit korrupten Polizisten, skrupellosen Menschenhändlern und brutalen Kartellgangstern, lässt einen dagegen eher an Don Winslow denken. Aber die 1977 in San Francisco geborene Luna zeigt schnell, dass sie ihre eigene Alchemie, ihren eigenen Rhythmus und Stil hat, während Vega und Cap in einem Fall von verschleppten mexikanischen Mädchen ermitteln müssen. Lee Child und Donald Ray Pollock, die Luna tolle Blurbs auf den Einband diktierten, hat sie damit überzeugt, und als deutschsprachiger Krimi-Fan wird man sich die Namen Louisa Luna und Alice Vega definitiv merken.

Christian Endres

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Louisa Luna
Tote ohne Namen
Suhrkamp, Berlin 2021,

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Weiter Himmel

von am 2. Juni 2021 Kommentare deaktiviert für Weiter Himmel

Jede Bestellung zählt in diesen Zeiten, und deshalb kann man es gar nicht oft genug sagen: Ihr könnt in Hermkes Romanboutique nicht nur Comics oder Bücher aus den Genres Science-Fiction, Fantasy und Horror bestellen, sondern auch alle anderen Arten von Literatur. Daher gibt es nun immer mal einen Buchtipp von außerhalb des Genres zur Inspiration.

Kate Atkinson
Weiter Himmel
DuMont, Kölnt 2021, 476 Seiten
ISBN 978-3-8321-8001-0

„Weiter Himmel“ ist Kate Atkinsons fünfter Roman-Krimi über ihren Ermittler Jackson Brodie, der unter dem Titel „Case Histories“ eine BBC-Fernsehserie erhalten hat. Der Vorgängerband wurde 2012 zudem mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Im neuesten Buch, das man problemlos ohne die Vorgänger lesen könnte, stolpert der in die Jahre kommende Privatdetektiv in einen hässlichen Fall von modernem Mädchenhandel hinter schöner Fassade – eine Verschwörung zwischen alten Schandtaten, anhaltender Korruption und neuem Horror.

Das könnte man als grundsoliden britischen Krimi betrachten, der viele Ecken und Aspekte des gegenwärtigen Brexit-Großbritanniens aufgreift, und das wäre schon gut genug. Doch Kate Atkinson zu lesen bedeutet, einer Meisterin bei der Arbeit zusehen zu dürfen. Die Konstruktion, der Stil, die Charaktere, der Humor – das alles ist überdurchschnittlich, wenn man genau hinsieht. Da geht es dann auch klar, dass die 1951 geborene Engländerin den Zufall hinter den verknüpften Schicksalen ihrer Protagonisten so am Limit ausfährt wie einen perfekt eingestellten Boliden in der Kurve.

Christian Endres

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Kate Atkinson
Weiter Himmel
DuMont, Kölnt 2021, 476

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