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Klara und die Sonne

von am 11. August 2021 3 Kommentare

Kazuo Ishiguro
KLARA UND DIE SONNE. Roman.
Übersetzt von Barbara Schaden
(Klara and the Sun / 2021)
München, Blessing, 2021, 350 S.
ISBN 978-3-89667-693-1 / 24,00 Euro
Hardcover

Ein paar Jahre hat er sich Zeit gelassen, der Literatur-Nobelpreisträger von 2017, aber dann hat es Kazuo Ishiguro wieder gepackt und er musste seinen nächsten Science-Fiction-Roman schreiben. Herausgekommen ist dabei KLARA UND DIE SONNE, ein Roman in dem eine Androidin als „beste Freundin“ für eine Jugendliche herhalten muss und in dem sich wieder einmal die alte Frage stellt: sind Maschinen die besseren Menschen?
Ishiguro behandelt dieses Problem natürlich auf die ihm eigene Weise, die so gar nichts zu tun hat mit dem, was ein Genre-Autor daraus machen würde (bzw. schon hundertfach gemacht hat). Wer ALLES, WAS WIR GEBEN MUSSTEN (2005) gelesen hat, weiß, dass Ishiguros Kennzeichen vor allem die zurückgenommene Erzählerstimme ist, die langsam, leise und unbeirrbar mitprotokolliert.
Die Geschichte von Klara und ihrer menschlichen „Freundin“ Josie folgt dem klassischen Muster des (kybernetischen) Entwicklungsromans, von den ersten Eindrücken Klaras im Schaufenster des Geschäfts, in dem sie zum Verkauf steht, bis hin zur Erkenntnis, dass Menschen nicht immer meinen was sie sagen und letztendlich der Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit.
Etwas viel philosophischer Überbau – aber es ist ja auch das Buch eines Nobelpreisträgers.

Horst Illmer

Kazuo Ishiguro
KLARA UND DIE SONNE. Roman.
Übersetzt von Barbara Schaden
(Klara and the Sun / 2021)
München, Blessing, 2021, 350 S.
ISBN 978-3-89667-693-1 / 24,00 Euro
Hardcover

Ein paar Jahre hat er sich Zeit gelassen, der Literatur-Nobelpreisträger von 2017, aber dann hat es Kazuo Ishiguro wieder gepackt und er musste seinen nächsten Science-Fiction-Roman schreiben. Herausgekommen ist dabei KLARA UND DIE SONNE, ein Roman in dem eine Androidin als „beste Freundin“ für eine Jugendliche herhalten muss und in dem sich wieder einmal die alte Frage stellt: sind Maschinen die besseren Menschen?

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Feuerseelen

von am 4. August 2021 Kommentare deaktiviert für Feuerseelen

Annie Francé-Harrar
FEUERSEELEN.
Herausgegeben von Sandra Thoms
Hamburg, Plan 9, 2021, 180 Seiten,
ISBN 978-3-948700-29-4, 20 Euro
Hardcover

Ökologie als Thema in der Science Fiction? Zeitgeistgemäß in den 1980er erstmals aufgetaucht und derzeit groß in Mode – Falsch!
Bereits 1920 erschien der phantastische Roman FEUERSEELEN erstmals, in dem die 1886 geborene Münchenerin Annie Harrar (nach ihrer Heirat Annie Francé-Harrar) nicht nur eine technisch hochentwickelte Zivilisation der Zukunft beschreibt, sondern auch deren Untergang, hervorgerufen durch die ungezügelte Verschwendung von Ressourcen und die Zerstörung von Natur und Umwelt. Während bedeutend Einzelne dieses Problem erkennen und versuchen, ihre Zeitgenossen zu warnen, wollen die meisten von ihnen jedoch nicht von Luxus und Laster lassen. Sehenden Auges laufen sie in ihr Verderben …
Herausgegeben und überarbeitet von Sandra Thoms liegt FEUERSEELEN jetzt in der Reihe „Vergessene Sterne“ im Verlag Plan 9 in einer vorbildlich aufgemachten Ausgabe vor. Wie Thoms in ihrem Nachwort erläutert, wurde das Buch für heutige Leser sprachlich etwas modernisiert und dadurch seine Bedeutung und Originalität besser erkennbar.
Francé-Harrar war als Biologin ihrer Zeit weit voraus und entwickelte gemeinsam mit ihrem Ehemann Raoul Francé wegweisende Konzepte zur Kompostierung von Großstadtmüll. Als sie 1971 starb, hatte sie zudem fast fünfzig Bücher geschrieben, hunderte von Vorträgen gehalten und tausende von Artikeln veröffentlicht.
Und die deutsche Science Fiction um einen einzigartig visionären Roman bereichert.

Horst Illmer

Annie Francé-Harrar
FEUERSEELEN.
Herausgegeben von Sandra Thoms
Hamburg, Plan 9, 2021, 180 Seiten,
ISBN 978-3-948700-29-4, 20 Euro
Hardcover

Ökologie als Thema in der Science Fiction? Zeitgeistgemäß in den 1980er erstmals aufgetaucht und derzeit groß in Mode – Falsch!
Bereits 1920 erschien der phantastische Roman FEUERSEELEN erstmals, in dem die 1886 geborene Münchenerin Annie Harrar (nach ihrer Heirat Annie Francé-Harrar) nicht nur eine technisch hochentwickelte Zivilisation der Zukunft beschreibt, sondern auch deren Untergang,

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phantastisch! 83

von am 26. Juli 2021 Kommentare deaktiviert für phantastisch! 83

Klaus Bollhöfener (Hrsg.)
phantastisch!
Heft 83, Ausgabe 3/2021
Seit zwanzig Jahren das Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror
Stolberg, Atlantis, 2020, 88 Seiten / 6,50 €

Nicht fehlen darf an dieser Stelle natürlich der Hinweis auf die soeben erschienene Ausgabe 83 der ebenso unverzichtbaren wie hervorragenden Zeitschrift phantastisch! (Atlantis). Wieder einmal hat das „Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror“ seinen Maximalumfang (88 Seiten) ausgereizt und quillt trotzdem aus allen Nähten.
Drei Interviews (mit Kathleen Weise, Hardy Kettlitz und Karlheinz Steinmüller), zwei hervorragende Kurzgeschichten (von Aiki Mira und Rüdiger Schäfer), die Mitschrift eines Gesprächs zwischen David Falk und Timo Kümmel, mehrere Werkstattberichte, viele Buchbesprechungen, noch mehr Nachrichten und zehn Artikel streiten um die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser und es fällt schwer, einzelnes hervorzuheben.
Der Memoranda Verlag beispielsweise wird diesmal intensiv gewürdigt, ein übersehenes Kleinod aus P. K. Dicks Romanwerk wird kritisch begutachtet und die vielen Neu­ausgaben von George Orwells Hauptwerk 1984 liegen auf dem „Seziertisch“.
Das sollte erst mal reichen, um auch dem oder der letzten Zögernden den Mund wässrig zu machen.

Horst Illmer

Klaus Bollhöfener (Hrsg.)
phantastisch!
Heft 83, Ausgabe 3/2021
Seit zwanzig Jahren das Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror
Stolberg, Atlantis, 2020, 88 Seiten / 6,50 €

Nicht fehlen darf an dieser Stelle natürlich der Hinweis auf die soeben erschienene Ausgabe 83 der ebenso unverzichtbaren wie hervorragenden Zeitschrift phantastisch! (Atlantis). Wieder einmal hat das „Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror“ seinen Maximalumfang (88 Seiten) ausgereizt und quillt trotzdem aus allen Nähten.
Drei Interviews (mit Kathleen Weise,

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Shangri-La

von am 19. Juli 2021 Kommentare deaktiviert für Shangri-La

Mathieu Bablet (Text & Bilder)
SHANGRI-LA.
Übersetzt von Harald Sachse
(SHANGRI-LA / 2016)
Bielefeld, Splitter, 2021, 223 S.
ISBN 978-3-96792-065-9 / 39,80 Euro
Großformatiges Hardcover

Bei Splitter erschien soeben mit SHANGRI-LA von Mathieu Bablet (Wort & Bild) einer der eindrucksvollsten Comics der letzten Jahre.
Bablet, 1987 in Frankreich geboren und seit zehn Jahren im Geschäft, lässt sich in seinem bisherigen Opus Magnum alle Zeit der Welt und erzählt seine Geschichte einer zukünftigen Menschheit in liebevoller Detailversessenheit und großen Bildern. Seine Protagonisten leben in einer riesigen Raumstation, die ihre Kreise seit Jahrhunderten über einer unbewohnbar gewordenen Erde zieht, und führen dort, regiert von der Führungsetage von Tianzhu Enterprises, eines monopolistischen Konzerns, ein sorgloses Leben als Konsumenten vieler sinn- und nutzloser Luxusgüter – doch nicht alle sind damit zufrieden: Es formieren sich Widerstandsgruppen mit unterschiedlichen, und sich oftmals widersprechenden, Zielen.
Geschildert werden die Ereignisse aus der Sicht einer Handvoll Figuren, die sowohl für Tianzhu arbeiten (wie Scott und sein Bruder Virgil) als auch dagegen opponieren (wie der mysteriöse Rebellenführer „Mister Sunshine“). Sie alle haben gute Gründe für ihr Handeln, zweifeln manchmal an ihnen, wechseln die Seiten – und versuchen, mit ihrem Stück vom Kuchen so etwas wie ein „glückliches“ Leben zu führen.
Noch während Scott im Auftrag der Konzernleitung versucht, die Erzeugung einer Materie-Antimaterie-Singularität durch einen Haufen abtrünniger Physiker zu verhindern, eskaliert die Situation auf der Station …
Auf den ersten Blick sind es natürlich die wundervollen Bilder, mit denen Bablet seine Seiten füllt, die herausragende Kolorierung und das riesige Format, die Eindruck machen. Allerdings stehen sein worldbuilding und sein herausragendes storytelling seinen zeichnerischen Fähigkeiten keinesfalls nach. Eine so komplexe Geschichte auf über zweihundert Seiten zusammenzuhalten und am Ende alle Fäden zu einem stimmigen Ganzen zu verknüpfen, zeugen von echter Meisterschaft.
Bablets Geschichte ist stimmig durchkomponiert und nutzt alle Vorteile, die sich durch die Verbindung von Bild und Text anbieten.
Einfach Exzellent!

Horst Illmer

Mathieu Bablet (Text & Bilder)
SHANGRI-LA.
Übersetzt von Harald Sachse
(SHANGRI-LA / 2016)
Bielefeld, Splitter, 2021, 223 S.
ISBN 978-3-96792-065-9 / 39,80 Euro
Großformatiges Hardcover

Bei Splitter erschien soeben mit SHANGRI-LA von Mathieu Bablet (Wort & Bild) einer der eindrucksvollsten Comics der letzten Jahre.
Bablet, 1987 in Frankreich geboren und seit zehn Jahren im Geschäft, lässt sich in seinem bisherigen Opus Magnum alle Zeit der Welt und erzählt seine Geschichte einer zukünftigen Menschheit in liebevoller Detailversessenheit und großen Bildern.

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Sträters Gutenachtgeschichten

von am 14. Juli 2021 1 Kommentar

Torsten Sträter
STRÄTERS GUTENACHTGESCHICHTEN – DIE GESAMMELTEN HORROR-STORYS.
Berlin, Ullstein, 2021, 505 Seiten
ISBN 978-3-548-06454-3, Paperback, 14,00 Euro

Bei manchen Bestsellern weiß man ja später dann nicht mehr, ob sie nur den Zeitumständen oder tatsächlich der Qualität des Geschriebenen zu verdanken sind.
Jedenfalls schaffte es der im April 2021 bei Ullstein erschienene Band STRÄTERS GUTENACHTGESCHICHTEN – DIE GESAMMELTEN HORROR-STORYS des vor allem als Comedian bekannt gewordenen Torsten Sträter kurzfristig auf die vorderen Plätze der SPIEGEL-Bestsellerliste.
Insgesamt 27 mal nimmt uns Sträter mit in die dunklen Ecken des Ruhrgebiets, in eine Zeit als es noch Telefonzellen und Kaugummiautomaten gab, als Nokia noch den Mobilfunkmarkt beherrschte und Vampire, Werwölfe und Gespenster bei weitem nicht so gruselig waren wie die Kinder der alleinerziehenden Nachbarin oder Dortmunder Kripobeamte, die sich für FBI-Agenten hielten …
Wie Sträter selbst in seinem Vorwort schreibt, entstanden die Geschichten Anfang des Jahrtausends mehr aus Langeweile als aus „Berufung“, waren seiner Vorliebe für Stephen King geschuldet und wurden in einem Kleinverlag als Taschenbücher verlegt. In leicht überarbeiteter Form liegen die Stories nun wieder vor – und tatsächlich merkt man ihnen ihr Alter kaum an. Ob das nun an den Zeitumständen, der Qualität des Geschriebenen, oder aber, wie ebenfalls von Sträter kolportiert, der konsequenten Befolgung der Empfehlungen die Mr. King in seinem Schreibratgeber DAS LEBEN UND DAS SCHREIBEN gibt liegt, sei dahingestellt. Jedenfalls kann Torsten Sträter nicht nur „lustig“, sondern auch „schaurig“!

Horst Illmer

Torsten Sträter
STRÄTERS GUTENACHTGESCHICHTEN – DIE GESAMMELTEN HORROR-STORYS.
Berlin, Ullstein, 2021, 505 Seiten
ISBN 978-3-548-06454-3, Paperback, 14,00 Euro

Bei manchen Bestsellern weiß man ja später dann nicht mehr, ob sie nur den Zeitumständen oder tatsächlich der Qualität des Geschriebenen zu verdanken sind.
Jedenfalls schaffte es der im April 2021 bei Ullstein erschienene Band STRÄTERS GUTENACHTGESCHICHTEN – DIE GESAMMELTEN HORROR-STORYS des vor allem als Comedian bekannt gewordenen Torsten Sträter kurzfristig auf die vorderen Plätze der SPIEGEL-Bestsellerliste.

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Das grosse Werk der Zeit

von am 7. Juli 2021 Kommentare deaktiviert für Das grosse Werk der Zeit

John Crowley
DAS GROSSE WERK DER ZEIT.
Übersetzt von Joachim Körber
(Great Work of Time / 1989)
Altefähr, Wandler Verlag, 2021, 144 S.
ISBN 978-3-948825-02-7 / 13,90 Euro

Der amerikanische Schriftsteller John Crowley, der demnächst Achtzig wird, war, trotz einiger sehr erfolgreicher Romane, die vor nun auch schon wieder vierzig Jahren erschienen, in Deutschland immer ein Geheimtipp. Das liegt unter anderem daran, dass sein Gesamtwerk vergleichsweise schmal ist und neben seinen wenigen Romanen kaum Kurzgeschichten von ihm übersetzt wurden – das liegt aber auch daran, dass er auf stilistisch höchstem Niveau verzwickt-komplexe Plots erzählt.
Das mag nicht jede/r!
In den letzten Jahren sind dann zwei Bücher von ihm bei Golkonda erschienen, jetzt hat der noch junge Wandler Verlag das Wagnis unternommen und mit DAS GROSSE WERK DER ZEIT eine (mit dem World Fantasy Award ausgezeichnete) Novelle veröffentlicht.
Die Zeit, das Reisen in ihr und die paradoxen Welten, die dadurch entstehen (können), gehören seit ihren Anfängen zum Grundbestand der Science Fiction, und trotz einer nicht mehr zählbaren Menge an Büchern, die sich damit beschäftigen, ist das Thema noch lange nicht erschöpfend behandelt. Auch John Crowley gelingt es, spannend erzählt und mit den erwartbaren Dreh- und Wendungen, unsere Beziehung zur „vierten“ Dimension in neuem Licht erstrahlen zu lassen.
Auf wie verwickelte Weise Zeit, Geschichte und Geschichten ineinander fließen und verschmelzen, mäandernd sich umkreisen und dann wieder konkrete Konturen erkennen lassen, zeigt sich in DAS GROSSE WERK DER ZEIT an einem (für mich) überraschenden Detail: Eine der (realen) Hauptfiguren der Erzählung ist der englische Politiker und Geschäftsmann Cecil Rhodes, dessen Leben in Afrika mehrere (fiktive) Wendungen erfährt, deren Auswirkungen Crowley durchspielt – und gleichzeitig lese ich 2021 in den Nachrichten darüber, dass Rhodes prominenter Gegenstand diverser Protestaktionen ist, die sich gegen seine anhaltende Wertschätzung im British Empire richten, obwohl er zu den wichtigsten Vertretern des Kolonialismus gehört.
Wie das alles zusammengehört, kann ich im Rahmen dieser Besprechung nicht weiter ausführen, aber mit diesem Beispiel habe ich hoffentlich dem einen oder der anderen LeserIn den Mund ein wenig wässrig gemacht. Wer klug konzipierte und politisch anspruchsvolle Science Fiction mag, wird von Crowleys Meisterwerk sicherlich genauso begeistert sein wie der Unterzeichnende

Horst Illmer

John Crowley
DAS GROSSE WERK DER ZEIT.
Übersetzt von Joachim Körber
(Great Work of Time / 1989)
Altefähr, Wandler Verlag, 2021, 144 S.
ISBN 978-3-948825-02-7 / 13,90 Euro

Der amerikanische Schriftsteller John Crowley, der demnächst Achtzig wird, war, trotz einiger sehr erfolgreicher Romane, die vor nun auch schon wieder vierzig Jahren erschienen, in Deutschland immer ein Geheimtipp. Das liegt unter anderem daran, dass sein Gesamtwerk vergleichsweise schmal ist und neben seinen wenigen Romanen kaum Kurzgeschichten von ihm übersetzt wurden – das liegt aber auch daran,

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Die Gefährlichkeit der Dinge

von am 5. Juli 2021 Kommentare deaktiviert für Die Gefährlichkeit der Dinge

Arno Strobel
DIE GEFÄHRLICHKEIT DER DINGE.
Kurze Geschichten.
Frankfurt, Fischer, 2018, 196 S.
Fischer TaschenBibliothek
ISBN 978-3-596-52222-4 / 12,00 Euro

„Da, damit Du mal auf andere Gedanken kommst.“
Ein guter Freund hatte mich auf eine Geschichtensammlung aufmerksam gemacht, die, obwohl schon vor einiger Zeit erschienen, von mir bisher unbeachtet geblieben war.
Das Büchlein (anders kann man diesen kleinen Handschmeichler kaum nennen) ist etwa halb so groß wie ein normales Taschenbuch, hat einen festen Einband mit drei bunten, auf Nadeln gespießten Schmetterlingen darauf, und trägt den etwas hintersinnigen Titel DIE GEFÄHRLICHKEIT DER DINGE.
Der Autor, Arno Strobel, ist bekannt für eine Reihe gutlaufender Psycho-Thriller; hier hat er auf nicht einmal 200 dieser winzigen Seiten gleich 35 „kurze Geschichten“ zusammengetragen.
Was ich erwartet habe, kann ich jetzt gar nicht mehr sagen, was ich bekommen habe, hat mich jedoch tatsächlich überrascht und begeistert.
Strobel ist auf jeden Fall ein Meister in dieser kurzen Form. Seine „Geschichten“ sind oftmals nicht einmal „richtige“ Kurzgeschichten, sondern eher „Schnappschüsse“ (wie wir das in den analogen Zeiten der Fotografie nannten; aber bitte nicht mit den heutigen „Selfies“ verwechseln). In ihnen erzählt Strobel, mal aus der Ich-Perspektive, mal von außen betrachtet, ganz kleine Ereignisse, wie sie uns allen praktisch jeden Tag passieren können – und doch gibt es immer einen Schwenk, eine Wendung, ein Ereignis, der/die/das überrascht, entsetzt, traurig macht oder zum Nachdenken einlädt.
Die Protagonisten tragen Namen wie Dieter, Edda, Max, Karin oder Benjamin, sie haben Berufe, sind Eltern oder Kinder von Kindern oder Eltern, tun sich mal schwer, mal leicht mit ihrem bisherigen Schicksal, doch alle sind am Ende der jeweiligen „kurzen Geschichte“ andere Menschen als zu Beginn.
Ich will jetzt nicht behaupten, dass es mir als Leser genauso erging, aber zumindest das Versprechen meines Freundes wurde erfüllt:
Ich bin 35 Mal auf andere Gedanken gekommen.

Horst Illmer

Arno Strobel
DIE GEFÄHRLICHKEIT DER DINGE.
Kurze Geschichten.
Frankfurt, Fischer, 2018, 196 S.
Fischer TaschenBibliothek
ISBN 978-3-596-52222-4 / 12,00 Euro

„Da, damit Du mal auf andere Gedanken kommst.“
Ein guter Freund hatte mich auf eine Geschichtensammlung aufmerksam gemacht, die, obwohl schon vor einiger Zeit erschienen, von mir bisher unbeachtet geblieben war.
Das Büchlein (anders kann man diesen kleinen Handschmeichler kaum nennen) ist etwa halb so groß wie ein normales Taschenbuch, hat einen festen Einband mit drei bunten,

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The Postman from Space: The Biker Bandits

von am 23. Juni 2021 Kommentare deaktiviert für The Postman from Space: The Biker Bandits

Guillaume Perreault (Text & Bilder)
THE POSTMAN FROM SPACE – THE BIKER BANDITS.
Translated by Francois Bui
(Le facteur de l’espace 2: Les Pilleurs à moteurs / 2019)
New York, Holliday House, 2021, 154 S.
ISBN 978-0-8234-4520-2

Unser Freund Bob, der Weltraumpostbote, hat Gefallen gefunden an den aufregenden Seiten seines Berufs – da empfindet er es fast schon als Affront, als er eines schönen Morgens nur einen einzigen Brief erhält, den er einem „Mr. King“ auf dem Nachbarplaneten zustellen soll.
Und, fast hätte es der Boss vergessen, außerdem muss er noch einen Neuling mitnehmen und einlernen. Ohne Widerrede! Denn der Boss weiß genau, dass Bob lieber alleine unterwegs ist. So ist das Verhältnis zwischen Bob und Marcelle (yep, auch noch ein weiblicher Trainee!) zuerst ein wenig angespannt. Dann aber sagt sich der erfahrene Bob: „Nur ein Brief, nur ein Tag, was soll da schon schiefgehen …?“

Natürlich alles!!!

Auch in seinem zweiten Abenteuer mit dem POSTMAN FROM SPACE versteht es der Kanadier Guillaume Perreault auf Schönste, gleichzeitig alle Erwartungen zu erfüllen, die sich nach der Lektüre des ersten Bandes eingestellt haben, und dann doch auch wieder ein Ideenfeuerwerk abzubrennen, das die Leserschaft freudig überrascht. Bis dieser vermaledeite Brief endlich bei „Mr. King“ angekommen ist, braucht es mehr als nur einen Blick ins „Handbuch des perfekten Zustellers“ und diverse Sprünge über den eigenen Schatten …

Große Unterhaltung, garantiert.

Horst Illmer

Guillaume Perreault (Text & Bilder)
THE POSTMAN FROM SPACE – THE BIKER BANDITS.
Translated by Francois Bui
(Le facteur de l’espace 2: Les Pilleurs à moteurs / 2019)
New York, Holliday House, 2021, 154 S.
ISBN 978-0-8234-4520-2

Unser Freund Bob, der Weltraumpostbote, hat Gefallen gefunden an den aufregenden Seiten seines Berufs – da empfindet er es fast schon als Affront, als er eines schönen Morgens nur einen einzigen Brief erhält, den er einem „Mr.

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Ray Bradbury – Poet des Raketenzeitalters

von am 14. Juni 2021 2 Kommentare

Hardy Kettlitz
RAY BRADBURY – POET DES RAKETENZEITALTERS.
Mit Beiträgen von Ekkehard Redlin, Erik Simon, Jewgeni Lukin sowie einer Bibliografie von Joachim Körber
Berlin, Memoranda, 2021, 423 Seiten
ISBN 978-3-948616-54-0 / Klappenbroschur / 22,90 Euro
SF-Personality Band 24

Der Amerikaner Ray Bradbury (1920–2012) gehört zu den wenigen Schriftstellern seiner Generation, die nicht nur bei den Fans der Science Fiction, der Fantasy und des gepflegten Horrors bleibenden Eindruck hinterlassen haben, sondern auch die Krimileser und das Mainstream-Publikum ansprachen. Werke wie DIE MARSCHRONIKEN oder FAHRENHEIT 451 führen längst ein Eigenleben und sind aus der Weltliteratur nicht mehr wegzudenken.

Zu seinen Lebzeiten schrieb Bradbury nicht nur an die fünfhundert Kurzgeschichten und zehn Romane, sondern auch jede Menge Film-Drehbücher, Theaterstücke, Gedichte, Essays, Comics und Hörspiele. Im 24. Band der Reihe „SF Personality“ bringt Hardy Kettlitz diesen Wust nun in (chronologische) Ordnung.

Neben einer ausführlichen biografischen Übersicht gibt es Erläuterungen zu allen Romanen und zu über vierhundertfünfzig Stories, durchgehend mit den Entstehungsdaten und (soweit vorhanden) den Angaben zur deutschen Übersetzung. Vielen Einträgen beigestellt sind Cover-Abbildungen der Magazine und Bücher, in denen die jeweiligen Texte erstmals erschienen, darunter sogar einige ganz frühe Fanzines aus den 1930er Jahren.

Natürlich gibt es eine Bibliografie der in deutscher Sprache erschienenen Bücher Bradburys, dazu noch drei Essays, die sich mit der Bradbury-Rezeption im ehemaligen Ostblock auseinandersetzen sowie ein Register. Auf über 400 Seiten wird so in RAY BRADBURY – POET DES RAKETENZEITALTERS ein langes und produktives Schriftstellerleben konzentriert erschlossen.

Nicht nur für Bradbury-Fans ein echter Gewinn.

Horst Illmer

Hardy Kettlitz
RAY BRADBURY – POET DES RAKETENZEITALTERS.
Mit Beiträgen von Ekkehard Redlin, Erik Simon, Jewgeni Lukin sowie einer Bibliografie von Joachim Körber
Berlin, Memoranda, 2021, 423 Seiten
ISBN 978-3-948616-54-0 / Klappenbroschur / 22,90 Euro
SF-Personality Band 24

Der Amerikaner Ray Bradbury (1920–2012) gehört zu den wenigen Schriftstellern seiner Generation, die nicht nur bei den Fans der Science Fiction, der Fantasy und des gepflegten Horrors bleibenden Eindruck hinterlassen haben, sondern auch die Krimileser und das Mainstream-Publikum ansprachen.

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Ein Modernes Utopia

von am 24. Mai 2021 Kommentare deaktiviert für Ein Modernes Utopia

H. G. Wells
EIN MODERNES UTOPIA.
Ü: Joachim Körber, Illustrationen: E. J. Sullivan
(A Modern Utopia / 1905)
Kehrig, Joachim Körber Verlag (Edition Phantasia), 2021, 294 S.
ISBN 978-3-937897-59-2 / 18,90 Euro
Phantasia Paperback Science Fiction 1015

Kennen Sie die UTOPIA von Thomas Morus? Oder Platons STAAT? Den RÜCKBLICK von Edward Bellamy? Die SONNENSTADT von Tommaso Campanella?
Macht nichts. Brauchen Sie auch nicht mehr nachzuholen, denn nachdem Sie EIN MODERNES UTOPIA von H. G. Wells gelesen haben, sind Ihnen die Unzulänglichkeiten seiner Vorläufer bekannt – und vor allem: Sie wissen dann, dass und wie es besser geht!

Angeregt von der Lektüre einer Vielzahl älterer Staatsromane, aufgebracht durch die Fehler zeitgenössischer Politik und im festen Glauben, eine in sich stimmige und überzeugende utopische Alternative generieren zu können, setzte sich Wells zu Beginn des 20. Jahrhunderts hin und schrieb eine „moderne“ Utopie.
Erstmals kritisiert hier ein Autor nicht nur die „Fehler“, die nach seiner Meinung den Vorläufern zu Eigen sind, sondern setzt seine Erkenntnisse auch um und schreibt tatsächlich etwas ganz Neues. Dem Statischen, das den „alten“ Utopien anhaftet, setzt Wells die Dynamik und Veränderlichkeit entgegen, welche ein funktionierendes reales Staatswesen ausmachen.
Betrachtet man z. B. das platonische Ideal oder die originale INSEL UTOPIA, so wollte dort wohl niemand wirklich leben. Das MODERNE UTOPIA der Wells’schen Vorstellung dagegen wirkt auch über einhundert Jahre nach seiner Erfindung noch einladend: Hier herrschen echte Gleichberechtigung der Geschlechter wie der Völker und Religionen. Es gibt praktisch nur noch „grüne“ Energie, ökologische Umweltgestaltung und ein bedingungsloses Grundeinkommen. Niemand isst mehr Fleisch und jeder arbeitet nur so viel wie es seinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Angeführt wird dieser Staat von einem „Orden“ von idealistischen, „Samurai“ genannten, Staatsbeamten.
Einige „utopische“ Konventionen hat Wells beibehalten: Es gibt den Besucher (bzw. hier zwei Besucher) von außerhalb, die neue Gesellschaft wird Schritt für Schritt entdeckt, ein oder mehrere „Führer“ begleiten diese Entdeckungen mit hilfreichen Erklärungen – und die Rahmenhandlung bleibt eine solche: ein Rahmen für die Vorstellungen des Autors.

Bei der Leserin, beim Leser sollte also eine gesunde Neugier vorhanden sein auf den Weltentwurf eines der klügsten und wichtigsten Autoren des letzten Jahrhunderts, der mit seinen Werken nicht nur der Science Fiction aus der Wiege half, sondern auch die Sozialwissenschaften und die Futurologie mitbegründet hat.

Horst Illmer

H. G. Wells
EIN MODERNES UTOPIA.
Ü: Joachim Körber, Illustrationen: E. J. Sullivan
(A Modern Utopia / 1905)
Kehrig, Joachim Körber Verlag (Edition Phantasia), 2021, 294 S.
ISBN 978-3-937897-59-2 / 18,90 Euro
Phantasia Paperback Science Fiction 1015

Kennen Sie die UTOPIA von Thomas Morus? Oder Platons STAAT? Den RÜCKBLICK von Edward Bellamy? Die SONNENSTADT von Tommaso Campanella?
Macht nichts. Brauchen Sie auch nicht mehr nachzuholen, denn nachdem Sie EIN MODERNES UTOPIA von H.

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Die schwarze Grippe

von am 10. Mai 2021 4 Kommentare

Joachim Körber (Hrsg.)
DIE SCHWARZE GRIPPE.
Das kleine Corona-Weltuntergangs-Lesebuch.
Übersetzt von Joachim Körber
Kehrig, Joachim Körber Verlag, 2021, 224 S.
ISBN 978-3-937897-62-2 / 15,90 Euro
Phantasia Paperback Science Fiction 1016 / Klappenbroschur

Schwarzer Humor ist ja grundsätzlich ein Pluspunkt, den ich einem Autor oder Herausgeber gutschreibe, umso mehr als es in unserer gramgetrübten Gegenwart eines nicht unerheblichen Mutes bedarf, damit öffentlich zu werden. Dank also an Joachim Körber, der gleichermaßen als Verleger, Herausgeber und Übersetzer verantwortlich ist für das „kleine Corona-Weltuntergangs-Lesebuch“, das im Mai 2021 unter dem Titel DIE SCHWARZE GRIPPE als Phantasia Paperback erschienen ist.
Enthalten sind in dieser „Reiseapotheke des Grauens“ elf sowohl klassische als auch moderne Antidots gegen Weltschmerz und Langeweile. Das beginnt mit einer Pest-Phantasie von Friedrich Schiller aus dem Jahr 1782 (ja, auch unsere deutschen Klassiker konnten „schaurig“ sein, wenn sie wollten), danach folgen der wie immer unverzichtbare Edgar A. Poe, der große Jack London und der hier nicht erwartete Edgar Wallace, bevor Körber phantastische Geschichten von aktuellen, aber bei uns leider noch viel zu wenig bekannten Autoren wie Richard Kadrey, Greg Egan und Tananarive Due präsentiert.
Zweihundert Seiten auf denen sich Tod, Verzweiflung, Seuchen und Apokalypsen darum balgen, wer der Menschheit auf möglichst grausige Weise den Garaus machen darf – und wir sind immer noch da, diesen Streit genüsslich zu verfolgen.
Wie gesagt: Schwarzer Humor ist ein Pluspunkt!

Horst Illmer

Joachim Körber (Hrsg.)
DIE SCHWARZE GRIPPE.
Das kleine Corona-Weltuntergangs-Lesebuch.
Übersetzt von Joachim Körber
Kehrig, Joachim Körber Verlag, 2021, 224 S.
ISBN 978-3-937897-62-2 / 15,90 Euro
Phantasia Paperback Science Fiction 1016 / Klappenbroschur

Schwarzer Humor ist ja grundsätzlich ein Pluspunkt, den ich einem Autor oder Herausgeber gutschreibe, umso mehr als es in unserer gramgetrübten Gegenwart eines nicht unerheblichen Mutes bedarf, damit öffentlich zu werden. Dank also an Joachim Körber, der gleichermaßen als Verleger,

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Will Eisner – Graphic Novel Godfather

von am 14. April 2021 Kommentare deaktiviert für Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Alexander Braun
WILL EISNER – GRAPHIC NOVEL GODFATHER.
Berlin, Avant Verlag, 2021, 384 Seiten
ISBN 978-3-96445-050-0 / 39,00 Euro
Großformatiges Hardcover

Die Kunstform des sequenziellen Erzählens – allgemein als „Comic“ bekannt – entwickelte ihre Massenwirksamkeit Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts parallel zum Siegeszug der Zeitungen und Zeitschriften, in denen sie von Beginn an Teil der Erfolgsgeschichte waren. Als in den 1930er Jahren daraus die eigenständige Form der Comic-Hefte entstand, gehörte Will Eisner (1917–2005) zu den „Paten“ (engl. „Godfather“) dieser zuerst ungeliebten Ableger der später so genannten „neunten Kunst“. Und als 1978 mit A CONTRACT WITH GOD (dt. als EIN VERTRAG MIT GOTT) die erste „Graphic Novel“ als Buch in einem Literaturverlag den Anspruch erhob, ernstzunehmende Literatur darzustellen, hob derselbe Will Eisner damit ein seither immer wirkmächtigeres und beliebteres Genre aus der Taufe.

Deshalb ist der Titel von Alexander Brauns Biografie WILL EISNER – GRAPHIC NOVEL GODFATHER gut gewählt. In diesem durchgängig bebilderten, riesenformatigen, kiloschweren Prachtband wird Eisner anhand seiner Werke porträtiert. Braun beschreibt Eisners außergewöhnlichen Lebensweg in zwölf Kapiteln, die von seinen frühesten Versuchen als Comiczeichner über die ersten Erfolge, die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die anschließende Arbeit für die US-Army, bis hin zum gefeierten Comeback und der späten Beschäftigung mit den jüdischen Wurzeln reichen.

Dazu gibt es ein ausführliches Interview mit Eisners Freund und Verleger Denis Kitchen sowie ein Kurzporträt von Eisner Gattin Ann, ein Werkverzeichnis und eine Auswahlbibliografie.

Das fast 400 Seiten umfassende Kompendium dient gleichzeitig als Katalog zu einer derzeit in Dortmund stattfindenden Ausstellung, die dann (hoffentlich) im nächsten Jahr zum Internationalen Comic Salon nach Erlangen wandert. Sicherlich gehört ein Besuch dort zu den Pflichtveranstaltungen für Alle, die sich für Comics interessieren – die Zeit bis dahin aber kann man sich nicht schöner vertreiben als mit dem Blättern, Stöbern und Schmökern in WILL EISNER – GRAPHIC NOVEL GODFATHER!

Horst Illmer

Alexander Braun
WILL EISNER – GRAPHIC NOVEL GODFATHER.
Berlin, Avant Verlag, 2021, 384 Seiten
ISBN 978-3-96445-050-0 / 39,00 Euro
Großformatiges Hardcover

Die Kunstform des sequenziellen Erzählens – allgemein als „Comic“ bekannt – entwickelte ihre Massenwirksamkeit Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts parallel zum Siegeszug der Zeitungen und Zeitschriften, in denen sie von Beginn an Teil der Erfolgsgeschichte waren. Als in den 1930er Jahren daraus die eigenständige Form der Comic-Hefte entstand, gehörte Will Eisner (1917–2005) zu den „Paten“ (engl.

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Der letzte Mensch

von am 29. März 2021 Kommentare deaktiviert für Der letzte Mensch

Mary Shelley
DER LETZTE MENSCH. Roman.
Übersetzt von Irina Philippi
Nachworte von Rebekka Rohleder & Dietmar Dath
(THE LAST MAN / 1826)
Ditzingen, Reclam, 2021, 585 S.
ISBN 978-3-15-011328-8 / 26,00 Euro

Brauchen wir jetzt wirklich noch eine apokalyptische Geschichte, in der es darum geht, dass die Menschheit von einer Seuche dahingerafft wird? Bevor wir darauf antworten, sollten wir doch erst einmal klären, wovon tatsächlich die Rede ist.

Im Reclam Verlag ist zum Jahresbeginn die Übersetzung von Mary Shelleys (1797–1850) Roman »Der letzte Mensch« erschienen. Ein Buch, das erstmals 1826, also vor fast zweihundert Jahren, das Licht der Welt erblickte. Ein Buch, das (immer noch) in einer Zukunft gegen Ende des 21. Jahrhunderts spielt. Ein Buch, das so verstörend auf seine Zeitgenossen wirkte, dass es jahrzehntelang keine Nachauflagen gab. Ein Science-Fiction-Roman, der auch in Deutschland erst Anfang der 1980er Jahre erstmals (und dann nur stark gekürzt) veröffentlicht wurde.

Shelley erzählt hier die Lebensgeschichte von Lionel Verney, der in einer weit entfernten Zukunft aus einfachsten Verhältnissen aufsteigt und als Gefährte zweier bedeutender Männer die Welt kennen lernt. Und gerade als er glaubt, alles erreicht zu haben (Familienglück und Wohlstand), bricht eine tödliche Seuche aus und löscht nach und nach nicht nur die Zivilisation, sondern auch jedes menschliche Leben aus.

Dieser grobe Rahmen umfasst jedoch ein bis in kleinste Details aufs genaueste beobachtetes und beschriebenes Zeitbild, ein „Sittengemälde“, für dessen Betrachtung man sich etwas Zeit nehmen sollte – der Erkenntnisgewinn wiegt weit mehr.

Dieses gut geschriebene, engagierte und auf mehreren Ebenen interpretierbare Buch liegt jetzt erstmals in der ihm gemäßen Form vor: von Irina Philippi gut und komplett übersetzt und ausführlich kommentiert, von Rebekka Rohleder mit einem engagierten Nachwort versehen und abschließend von Dietmar Dath in einem brillanten Essay historisch-kritisch mit unserer Gegenwart verknüpft: „Mary Shelleys großes Buch […] gehört in die Schule, zu der die Moderne das ganze menschliche Leben gemacht hat“ (S. 585).

Somit kann die Eingangsfrage also beantwortet werden. Es braucht sicherlich keine weiteren x-beliebigen Katastrophenromane – aber dieses literarische Meisterwerk in einer exquisiten Ausgabe in die Hand nehmen zu können: das brauchte es schon.

Horst Illmer

Mary Shelley
DER LETZTE MENSCH. Roman.
Übersetzt von Irina Philippi
Nachworte von Rebekka Rohleder & Dietmar Dath
(THE LAST MAN / 1826)
Ditzingen, Reclam, 2021, 585 S.
ISBN 978-3-15-011328-8 / 26,00 Euro

Brauchen wir jetzt wirklich noch eine apokalyptische Geschichte, in der es darum geht, dass die Menschheit von einer Seuche dahingerafft wird? Bevor wir darauf antworten, sollten wir doch erst einmal klären, wovon tatsächlich die Rede ist.

Im Reclam Verlag ist zum Jahresbeginn die Übersetzung von Mary Shelleys (1797–1850) Roman »Der letzte Mensch« erschienen.

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Der Tag, an dem mein Vater die Zeit anhielt

von am 24. März 2021 Kommentare deaktiviert für Der Tag, an dem mein Vater die Zeit anhielt

Erika Swyler
DER TAG, AN DEM MEIN VATER DIE ZEIT ANHIELT. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
(LIGHT FROM OTHER STARS / 2019)
München, Limes, 2020, 446 S.
ISBN 978-3-8090-2708-9 / 20,00 Euro

Alle paar Jahre schafft es ein spektakuläres Ereignis aus dem Bereich der Weltraumforschung in die Abendnachrichten und – für ein paar Wochen – ins öffentliche Bewusstsein. Derzeit ist es eine Häufung von Marsmissionen, inklusive der ausgiebig gefeierten Landung einer Sonde, sowie deren vom Mars übermittelten Bilder und Töne (!), die es den nationalen Regierungen und Raumfahrtagenturen gestattet, die riesigen Summen zu rechtfertigen, die in solche Missionen gesteckt werden.

Ein weiterer Effekt solcher Ereignisse ist, dass dadurch immer wieder junge Menschen für den Weltraum und den Flug zu den Sternen begeistert werden. Und hin und wieder schreiben diese Menschen dann Romane wie DER TAG, AN DEM MEIN VATER DIE ZEIT ANHIELT, mit dem die New Yorker Autorin Erika Swyler in diesem Winter für Furore bei den deutschen Science-Fiction-Fans sorgt.

Eine vierköpfige Besatzung fliegt mit der »Chawla« zu einem terraformten Planeten, um dort einen ersten Brückenkopf für eine eventuell später erfolgende Besiedlung zu errichten. Nun beschreibt Swyler aber nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, das abenteuerliche Leben auf diesem Außenposten der Menschheit, sondern bleibt ganz nahe bei ihren Protagonisten (zwei Frauen und zwei Männer) und ihren Erfahrungen und Erinnerungen während des jahrelangen Fluges. Zugleich schiebt sich – aus guten Gründen, wie sich herausstellt – ein schicksalhaftes Geschehen aus der Jugend eines Besatzungsmitglieds in die in naher Zukunft angesiedelte Haupthandlung.

Swyler greift geschickt in die große Kiste mit Science-Fiction-Plots und verwendet diese, um ihren Figuren Tiefe und Konturen zu verleihen. Wichtig sind für sie mehr die Verhaltensweisen der Menschen als die Beschreibung zukünftiger Technik oder actionreicher Geschehnisse. Die (SF-)Literatur des 21. Jahrhunderts hat die Beschränkungen des Genres hinter sich gelassen und versucht, alle Leserschichten anzusprechen und zu begeistern.
Und in ihren besten Momenten gelingt ihr das schon sehr gut.

Horst Illmer

Erika Swyler
DER TAG, AN DEM MEIN VATER DIE ZEIT ANHIELT. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
(LIGHT FROM OTHER STARS / 2019)
München, Limes, 2020, 446 S.
ISBN 978-3-8090-2708-9 / 20,00 Euro

Alle paar Jahre schafft es ein spektakuläres Ereignis aus dem Bereich der Weltraumforschung in die Abendnachrichten und – für ein paar Wochen – ins öffentliche Bewusstsein. Derzeit ist es eine Häufung von Marsmissionen, inklusive der ausgiebig gefeierten Landung einer Sonde,

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1984 Punkt 4

von am 15. März 2021 Kommentare deaktiviert für 1984 Punkt 4

Philip Kerr
1984.4
Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn
Mit einem Nachwort von Christiane Steen
(1984.4 / 2012)
Hamburg, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Februar 2021, 320 S.
ISBN 978-3-499-21857-6

Eine echte Überraschung hat das „Orwell-Jahr“ 2021 dann doch auch zu bieten:
Einen richtigen Science-Fiction-Roman des leider viel zu früh verstorbenen schottischen Bestsellerautors Philip Kerr (1956–2018), der vor allem mit seinen Berlin-Krimis um den Privatermittler Bernie Gunther und seiner Jugend-Fantasy-Reihe DIE KINDER DES DSCHINN bekannt ist. Bereits im Jahr 2015 übergab er seiner deutschen Lektorin Christiane Steen das Manuskript von „1984.4“. Damals wurde nichts aus diesem Projekt, da andere Dinge (wie die letztlich tödliche Erkrankung des Autors) wichtiger waren.
Steen hat den Roman nun bei Rowohlt-Rotfuchs (passend zur gleichzeitig dort erschienenen Neuübersetzung von „1984) als posthume Welt-Erstveröffentlichung im Hardcover herausgegeben.
Auf knappen 320 Seiten erzählt Kerr hier eine düstere, im Jahr 2034 angesiedelte Coming-of-Age-Geschichte, die zwar auf George Orwells Grundideen zurückgreift, daraus jedoch eine völlig eigenständige Welt entwickelt. Dort wird nicht mehr gegen andere Nationen gekämpft, sondern gegen die alten Menschen, die nicht „freiwillig“ aus dem Leben (und dem Sozialsystem) scheiden wollen.
Ob uns Heutigen diese neue Version von „1984.4“ jedoch „besser mundet“ als das Winston-Smith-England des originalen „1984“ darf/muss jede/r Leser/in selbst kosten.

Horst Illmer

Philip Kerr
1984.4
Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn
Mit einem Nachwort von Christiane Steen
(1984.4 / 2012)
Hamburg, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Februar 2021, 320 S.
ISBN 978-3-499-21857-6

Eine echte Überraschung hat das „Orwell-Jahr“ 2021 dann doch auch zu bieten:
Einen richtigen Science-Fiction-Roman des leider viel zu früh verstorbenen schottischen Bestsellerautors Philip Kerr (1956–2018), der vor allem mit seinen Berlin-Krimis um den Privatermittler Bernie Gunther und seiner Jugend-Fantasy-Reihe DIE KINDER DES DSCHINN bekannt ist.

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Der Netzwerk-Effekt

von am 8. März 2021 Kommentare deaktiviert für Der Netzwerk-Effekt

Martha Wells
DER NETZWERK-EFFEKT
Übersetzt von Frank Böhmert
(Network Effect / 2020)
München, Heyne, 2021, 480 Seiten
ISBN 978-3-453-32123-6

Merkwürdige Zeiten sind das, wenn eine der (völlig zu Recht) beliebtesten Figuren aus einem aktuellen Science-Fiction-Roman ein geläuterter „Killerbot“ ist (also eine Kampfmaschine, die ursprünglich mal dafür gedacht war, auf Befehl alles zu zerstören was als Ziel genannt wurde).

Doch genau darum geht es in den Geschichten von Martha Wells, von denen die ersten vier vor einiger Zeit unter dem Titel TAGEBUCH EINES KILLERBOTS bei Heyne erschienen. Jetzt ist mit DER NETZWERK-EFFEKT das erste Killerbot-Abenteuer in Romanlänge in den Buch­handlungen – und auch nach fast 500 Seiten will man einfach immer weiter lesen. Denn diese Killerbot-Einheit ist einfach – ja, sorry! – „knuddelig“.

Es macht unglaublichen Spaß mit dabei zu sein, wenn Killerbot damit Probleme hat, nach einer gefährlichen Rettungsmission und einem nur knapp vermiedenen „Totalschaden“, den Handlungsfaden der TV-Serie Zeitpatrouille Orion wieder aufzunehmen („wozu es eigentlich nicht viel brauchte“, S. 459) und dann langsam die Erkenntnis dämmert, dass sich neben Menschen auch ein Fifo („fieses Forschungsschiff“) für soziale Interaktionen eignet.

Da verschlägt es selbst Killerbot (für ganze 2,2 Sekunden) die Sprache!

Horst Illmer

Martha Wells
DER NETZWERK-EFFEKT
Übersetzt von Frank Böhmert
(Network Effect / 2020)
München, Heyne, 2021, 480 Seiten
ISBN 978-3-453-32123-6

Merkwürdige Zeiten sind das, wenn eine der (völlig zu Recht) beliebtesten Figuren aus einem aktuellen Science-Fiction-Roman ein geläuterter „Killerbot“ ist (also eine Kampfmaschine, die ursprünglich mal dafür gedacht war, auf Befehl alles zu zerstören was als Ziel genannt wurde).

Doch genau darum geht es in den Geschichten von Martha Wells, von denen die ersten vier vor einiger Zeit unter dem Titel TAGEBUCH EINES KILLERBOTS bei Heyne erschienen.

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Die große Stille & Geteilt durch Null

von am 15. Februar 2021 Kommentare deaktiviert für Die große Stille & Geteilt durch Null

Ted Chiang
DIE GROSSE STILLE.
Erzählungen 1990 bis 2020. Band 1.
Übersetzt von molosovsky, Jacob Schmidt & Karen Will
(EXHALATION / 2019)
München, Golkonda, 2020, 390 S.
ISBN 978-3-96509-035-4 / 24,00 Euro

GETEILT DURCH NULL.
Erzählungen 1990 bis 2020. Band 2.
Übersetzt von molosovsky & Karen Will
(STORY OF YOUR LIFE & OTHERS / 2016)
München, Golkonda, 2020, 360 S.
ISBN 978-3-96509-037-8 / 24,00 Euro

Der 1967 geborene amerikanische Autor Ted Chiang gilt als einer der wichtigsten Erzähler der Gegenwart, was sich unter anderem auch an der Prominenz seiner Bewunderer ablesen lässt. Wer sonst kann schon mit einem Lob von Barack Obama auf dem Buchrücken Werbung machen. In den letzten zwanzig Jahren veröffentlichte Chiang zwar nur 17 Geschichten, für die er allerdings dutzende von Preisen abräumte und unter anderem je vier Mal den HUGO Award und den Nebula Award verliehen bekam.
Weltberühmt wurde er 2016 durch die Verfilmung seiner Kurzgeschichte „The Story of Your Life“ durch Denis Villeneuve, die unter dem Titel ARRIVAL in die Kinos kam.

Der glücklicherweise reanimierte Golkonda Verlag lieferte mit DIE GROSSE STILLE und GETEILT DURCH NULL Ende 2020 endlich die lange angekündigte und dringend erwartete Gesamtausgabe aller dieser „Erzählungen 1990 bis 2020“ in zwei Hardcoverbänden mit zusammen 750 Seiten aus.
Gegenüber der seit Jahren vergriffenen (ebenfalls zweibändigen) Taschenbuchausgabe wurde die Reihenfolge der Erzählungen verändert, es kamen als deutsche Erstveröffentlichung vier neue Geschichten hinzu und im Anhang findet man jetzt kurze Anmerkungen des Autors zu seinen Texten.

Inhaltlich und stilistisch sind Ted Chiangs Stories literarische Meisterwerke, in denen sich die gesamte Weite des menschlichen Lebens wiederfinden lässt – und glücklicherweise hat der Autor überhaupt keine Berührungsängste gegenüber der phantastischen Erzählweise (heutzutage besser als Science Fiction bekannt).

Diese zwei Bücher sollten ab sofort zum unverzichtbaren Grundbestand einer jeden – und sei sie noch so kleinen – Science-Fiction-Sammlung gehören.

Horst Illmer

Ted Chiang
DIE GROSSE STILLE.
Erzählungen 1990 bis 2020. Band 1.
Übersetzt von molosovsky, Jacob Schmidt & Karen Will
(EXHALATION / 2019)
München, Golkonda, 2020, 390 S.
ISBN 978-3-96509-035-4 / 24,00 Euro

GETEILT DURCH NULL.
Erzählungen 1990 bis 2020. Band 2.
Übersetzt von molosovsky & Karen Will
(STORY OF YOUR LIFE & OTHERS / 2016)
München, Golkonda, 2020, 360 S.
ISBN 978-3-96509-037-8 / 24,00 Euro

Der 1967 geborene amerikanische Autor Ted Chiang gilt als einer der wichtigsten Erzähler der Gegenwart,

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Die Mitternachtsbibliothek

von am 4. Februar 2021 Kommentare deaktiviert für Die Mitternachtsbibliothek

Matt Haig
DIE MITTERNACHTSBIBLIOTHEK. Roman.
Übersetzt von Sabine Hübner
(The Midnight Library / 2020)
München, Droemer Knaur, 2021, 318 S.
ISBN 978-3-426-28256-4 /20,00 Euro
Hardcover

Eigentlich kann man sich beim Thema Selbstmord ja nur in die Nesseln setzen. Trotzdem (oder gerade deswegen) hat sich der Engländer Matt Haig in seinem neuesten Roman DIE MITTERNACHTSBIBLIOTHEK damit auseinander gesetzt. Und es gelingt Haig, der seit seinem Bestseller ICH UND DIE MENSCHEN von 2014 bei vielen Lesern als „Wohlfühl“-Schriftsteller gilt, einfühlsam und unprätentiös dieses schwierige Feld anzugehen.
Nachdem sich seine Protagonistin Nora Seed aus lauter Verzweiflung entschlossen hat, ihrem Leben ein Ende zu machen, entdeckt sie auf ihrem Weg ins Jenseits eine riesige Bibliothek, in der es immerfort Mitternacht ist. Die Unmenge an Büchern dort haben nur ein Thema: All die Leben, die Nora nicht gelebt hat! Also beginnt sie zu lesen – und immer häufiger taucht die Frage auf, ob es wirklich ein besseres Leben gibt, als jenes, welches wir tatsächlich leben?
In Haigs „Mitternachtsbibliothek“ herrscht eine traumhaft schöne Stimmung und am Ende ist nur eines sicher: „Man weiß nie, wie es ausgeht“ (S. 318).
Ein Buch zum Wohlfühlen.

Horst Illmer

Matt Haig
DIE MITTERNACHTSBIBLIOTHEK. Roman.
Übersetzt von Sabine Hübner
(The Midnight Library / 2020)
München, Droemer Knaur, 2021, 318 S.
ISBN 978-3-426-28256-4 /20,00 Euro
Hardcover

Eigentlich kann man sich beim Thema Selbstmord ja nur in die Nesseln setzen. Trotzdem (oder gerade deswegen) hat sich der Engländer Matt Haig in seinem neuesten Roman DIE MITTERNACHTSBIBLIOTHEK damit auseinander gesetzt. Und es gelingt Haig, der seit seinem Bestseller ICH UND DIE MENSCHEN von 2014 bei vielen Lesern als „Wohlfühl“-Schriftsteller gilt,

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Adventskalender 2020 T-13 "Qualityland 2.0"

von am 11. Dezember 2020 Kommentare deaktiviert für Adventskalender 2020 T-13 "Qualityland 2.0"

Marc-Uwe Kling
QUALITYLAND 2.0 – Kikis Geheimnis.
Ungekürzte Autoren-Lesung
Hamburg, HörbuchHamburg, 2020, 8 CDs, 586 Minuten
ISBN 978-3-95713-215-4
&
QUALITYLAND 2.0 – Kikis Geheimnis.
Berlin, Ullstein, 2020, 430 S.
ISBN 978-3-550-20102-8

Von QUALITYLAND, dem ersten Science-Fiction-Roman Marc-Uwe Klings, war ich regelrecht begeistert, allerdings hätte es für mich keiner Fortsetzung bedurft – wer richtet sich schon gerne häuslich in einer dystopischen Welt ein?

Nun überrascht es aber auch nicht wirklich bei einem Autor, der vier Bücher über ein sprechendes Känguru geschrieben hat, dass er seinem Erfolgsrezept treu bleibt: Vor Kurzem erschien nun also QUALITYLAND 2.0, die nahtlose Weiterführung der Geschichte von Peter Arbeitsloser und Kiki Unbekannt, inklusive diverser Wiederbegegnungen mit (mehr oder weniger) beliebten Nebenfiguren und der Einführung neuer Schurken.

Diesmal geht es (siehe Untertitel) vor allem um die Herkunftsgeschichte Kikis, deren Erforschung sich als Überlebensnotwendig für Kiki und Peter erweist, ist doch ein kaltblütiger Killer-Avatar hinter der sympathischen Anarcho-Hackerin und ihrem On/Off-Beziehungspartner Peter her. Allerdings ergeben sich unerwartete Hilfsmöglichkeiten durch die Unterstützung bisheriger Antagonisten – und so manche „asoziale“ Aktion endet mit einer positiven Überraschung …

Die Geschichte gibt es als Buch (diesmal nur eine Version) und als vom Autor eingelesenes Hörbuch (aufgrund von Klings Vortragskünsten in jedem Fall die vorzüglichere Fassung).

Um es mal so zu formulieren: Wem auch der vierte Känguru-Band noch Spaß gemacht hat, wird hier sicherlich nicht enttäuscht.

Horst Illmer

Marc-Uwe Kling
QUALITYLAND 2.0 – Kikis Geheimnis.
Ungekürzte Autoren-Lesung
Hamburg, HörbuchHamburg, 2020, 8 CDs, 586 Minuten
ISBN 978-3-95713-215-4
&
QUALITYLAND 2.0 – Kikis Geheimnis.
Berlin, Ullstein, 2020, 430 S.
ISBN 978-3-550-20102-8

Von QUALITYLAND, dem ersten Science-Fiction-Roman Marc-Uwe Klings, war ich regelrecht begeistert, allerdings hätte es für mich keiner Fortsetzung bedurft – wer richtet sich schon gerne häuslich in einer dystopischen Welt ein?

Nun überrascht es aber auch nicht wirklich bei einem Autor,

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Adventskalender 2020 T-14 "Little Bird"

von am 10. Dezember 2020 Kommentare deaktiviert für Adventskalender 2020 T-14 "Little Bird"

Darcy Van Poelgeest (Text), Ian Bertram (Bilder) & Matt Hollingsworth (Farben)
LITTLE BIRD – Buch Eins: DER KAMPF UM ELDER’S HOPE
Übersetzung: Peter Schadt
(Little Bird / 2019/20)
Ludwigsburg, cross cult, 2020, 200 Seiten
ISBN 978-3-966582-10-0, 35,00 Euro
Großformatiges Hardcover mit laminiertem Einband

Vorstellen möchte ich heute einen, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, sensationell guten Comic:
Gemeint ist damit LITTLE BIRD – Buch Eins: DER KAMPF UM ELDER’S HOPE, geschrieben von Darcy Van Poelgeest, gezeichnet von Ian Bertram und koloriert von Matt Hollingsworth, der in den USA als fünfteilige Miniserie veröffentlicht wurde (in Frankreich und Kanada erschien gleich das Album) und in diesem Jahr den EISNER AWARD als beste „limited Series“ gewonnen hat.

Der monumentale Hardcoverband, den cross cult soeben veröffentlicht hat, übertrifft die Originalausgaben sowohl im Format als auch in der Ausstattung – und wird dem Gesamtkunstwerk, das LITTLE BIRD darstellt, damit durchaus gerecht.
Die Geschichte kreist um das kleine Mädchen Little Bird, das von seiner Mutter auserwählt wurde, den Widerstand der letzten kanadischen Ureinwohner gegen ein menschenverachtendes, diktatorisches Regime von christlichen Gotteskriegern anzuführen, das ganz Nordamerika beherrschen will. Da Little Birds Familie über gewisse Fähigkeiten (je nach Betrachtungsweise Magie oder Mutation) verfügt, ist dieses Unterfangen nicht ganz so hoffnungslos, wie es auf den ersten Blick erscheint …

Was den Comic für mich jedoch weit über das Gewohnte und Erwartete hinaushebt, sind die Bilder, mit denen Bertram und Hollingsworth das Geschehen darstellen. In Bildgestaltung, Farbgebung und Seitenaufbau erinnert LITTLE BIRD an Moebius und Druillet, in Dynamik und Detailfreude an Geoff Darrow, jedoch zeigen die Künstler durchgängig einen eigenständigen „look“ und den Willen, über ihre Vorbilder hinauszugehen.
Beeindruckend!

Horst Illmer

Darcy Van Poelgeest (Text), Ian Bertram (Bilder) & Matt Hollingsworth (Farben)
LITTLE BIRD – Buch Eins: DER KAMPF UM ELDER’S HOPE
Übersetzung: Peter Schadt
(Little Bird / 2019/20)
Ludwigsburg, cross cult, 2020, 200 Seiten
ISBN 978-3-966582-10-0, 35,00 Euro
Großformatiges Hardcover mit laminiertem Einband

Vorstellen möchte ich heute einen, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, sensationell guten Comic:
Gemeint ist damit LITTLE BIRD – Buch Eins: DER KAMPF UM ELDER’S HOPE, geschrieben von Darcy Van Poelgeest,

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Masterpieces of Fantasy Art

von am 23. November 2020 Kommentare deaktiviert für Masterpieces of Fantasy Art

Dian Hanson
MASTERPIECES OF FANTASY ART.
Mit einem Vorwort von Boris Vallejo
Mehrsprachige Originalausgabe: Englisch, Deutsch, Französisch
Köln, Taschen, 2020, 532 S.
ISBN 978-3-8365-7210-1
Hardcover, Leineneinband mit Schutzumschlag, 29 x 39,5 cm, 7,43 kg
Die Erstausgabe ist auf 7500 nummerierte Exemplare limitiert

Bildbände, neudeutsch gerne „Artbook“ genannt, gibt es wie Sand am Meer, aber das neueste „Taschen-Buch“ MASTERPIECES OF FANTASY ART einfach nur als Bildband zu bezeichnen, wäre in etwa so als würde man die alte VHS-Version von 2001: A SPACE ODYSSEY auf einem 60 cm-Röhrenbildschirm geschaut mit einem Besuch der restaurierten Originalfassung in einem IMAX-Kino vergleichen. Nicht nur das Format und das Gewicht sprengen jeden Rahmen, auch die Abbildungs- und Verarbeitungsqualität geht weit über alles hinaus, was ich bisher in Artbooks und den Ausstellungskatalogen diverser Museen gesehen habe.
Die Reproduktionen gewinnen sowohl durch die Größe (bis zu 55 x 36 cm bei einer Doppelseite) wie durch das hier angewandte aufwändige Farbdruckverfahren an Tiefenschärfe und Frische und übertreffen in den meisten Fällen selbst die hochwertigsten Bildbände, die zu vielen der in diesem Buch enthaltenen Künstler ja schon existieren.
Den Inhalt von MASTERPIECES OF FANTASY ART beschreibt die Verlagswerbung zutreffend als „farbenfrohe Mischung aus Mythos, Muskeln und sexy Jungfrauen“, deren Ursprung (neben einigen Malern und Illustratoren aus der Zeit des Jugendstils) durchaus zu Recht in den Titelbildern der Pulp-Magazine der 1920er Jahre gesehen wird.
Und so beginnt die große Show mit den Umschlagillustrationen von Weird Tales und Amazing Stories, mit Frank Paul und Virgil Finlay, mit Beispielen früher Fantasy- und Science-Fiction-Bücher. Hierzu, wie dann auch bei all den einzeln vorgestellten KünstlerInnen, gibt es dreisprachige Essays der Herausgeberin Dian Hanson, die von großer Kenntnis über die Personen und Liebe zum Genre und seiner Bildästhetik zeugen.
Den Hauptteil bildet dann die Vorstellung der zwölf wichtigsten Malerinnen und Illustratoren der „Fantasy Art“, (alphabetisch) beginnend mit Julie Bell, hin zu Druillet, Frank Frazetta, H. R. Giger, Moebius und schließlich Michael Whelan. Jedes Kapitel beginnt mit einer auf Büttenkarton handmontierten Farbtafel (ein Detail, das man den Kunstbüchern der vorletzten Jahrhundertwende abgeschaut hat, über das man sich genauso freut wie über die Fadenheftung, das Lesebändchen und das kräftige blaue Leinen des Einbandes) und endet mit einer einfarbigen Federzeichnung.
Es folgen noch die Biografien von 99 weiteren „Fantasy Artists“ inklusive vieler aussagekräftiger Bildbeispiele – und dann endet dieser Rundgang durch das „Museum unserer liebgewordenen Traumbilder“ damit, dass die Rückseite des Schutzumschlags das Motiv der großen Moebius-Ausstellung aus dem letzten Jahr ohne jede störende Beschriftung zeigt.
Bei diesem Meisterstück der Fantasy-Kunst stimmt einfach jedes Detail.

Horst Illmer

Dian Hanson
MASTERPIECES OF FANTASY ART.
Mit einem Vorwort von Boris Vallejo
Mehrsprachige Originalausgabe: Englisch, Deutsch, Französisch
Köln, Taschen, 2020, 532 S.
ISBN 978-3-8365-7210-1
Hardcover, Leineneinband mit Schutzumschlag, 29 x 39,5 cm, 7,43 kg
Die Erstausgabe ist auf 7500 nummerierte Exemplare limitiert

Bildbände, neudeutsch gerne „Artbook“ genannt, gibt es wie Sand am Meer, aber das neueste „Taschen-Buch“ MASTERPIECES OF FANTASY ART einfach nur als Bildband zu bezeichnen, wäre in etwa so als würde man die alte VHS-Version von 2001: A SPACE ODYSSEY auf einem 60 cm-Röhrenbildschirm geschaut mit einem Besuch der restaurierten Originalfassung in einem IMAX-Kino vergleichen.

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Science Fiction Jahr 2020

von am 22. November 2020 3 Kommentare

Melanie Wylutzki & Hardy Kettlitz (Hrsg.)
DAS SCIENCE FICTION JAHR 2020.
Berlin, Hirnkost, 2020, 607 Seiten
ISBN 978-3-948675-49-3 / 28,00 Euro
Klappenbroschur

Diesmal rechtzeitig und wohl ohne allzu großen Stress für den Hirnkost Verlag und die Herausgeber Melanie Wylutzki und Hardy Kettlitz erschien soeben DAS SCIENCE FICTION JAHR 2020.
Der Inhalt: Die gewohnte „volle Dröhnung“ zum abgelaufenen Jahr mit ALLEM was man/frau über Science Fiction wissen wollte/sollte. Das zentrale Thema der siebzehn, den Statistikteil begleitenden Essays (u. a. von Judith C. Vogt, Silke Brandt, Lena Richter, Bernhard Kempen, Karlheinz Steinmüller und Hartmut Kasper) ist in diesem Jahr „Diversität, Queerness und Gender“ (mit einem kleinen Abstecher in Richtung der aktuellen „Katastrophen“).
Ansonsten ist es einfach schön, dass, trotz aller Schwierigkeiten in den vergangenen Jahren, dieses „Aushängeschild der deutschen SF-Kritik“ wieder im „Regelbetrieb“ läuft.

Horst Illmer

Melanie Wylutzki & Hardy Kettlitz (Hrsg.)
DAS SCIENCE FICTION JAHR 2020.
Berlin, Hirnkost, 2020, 607 Seiten
ISBN 978-3-948675-49-3 / 28,00 Euro
Klappenbroschur

Diesmal rechtzeitig und wohl ohne allzu großen Stress für den Hirnkost Verlag und die Herausgeber Melanie Wylutzki und Hardy Kettlitz erschien soeben DAS SCIENCE FICTION JAHR 2020.
Der Inhalt: Die gewohnte „volle Dröhnung“ zum abgelaufenen Jahr mit ALLEM was man/frau über Science Fiction wissen wollte/sollte. Das zentrale Thema der siebzehn, den Statistikteil begleitenden Essays (u.

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Pandemie

von am 11. November 2020 Kommentare deaktiviert für Pandemie

Hans Jürgen Kugler & René Moreau (Hrsg.)
PANDEMIE. Geschichten zur Zeitenwende.
Mit vielen Illustrationen
Berlin, Hirnkost, 2020, 466 Seiten
ISBN 978-3-948675-59-2
Hardcover

Das Schreiben von Kurzgeschichten will nicht nur gelernt, sondern auch geübt sein. Da macht es sich so langsam bemerkbar, dass es in den letzten Jahren (und verstärkt in 2020) doch immer mehr Möglichkeiten gerade für deutschsprachige Autoren und Autorinnen gab, diese Kunst auszuüben.
Allein im Hirnkost Verlag liegt jetzt mit PANDEMIE bereits die zweite Anthologie mit ausschließlich neuen Geschichten vor – und was für ein gigantisches Buch ist das geworden!
War schon DER GRÜNE PLANET, ebenfalls von Hans Jürgen Kugler und René Moreau herausgegeben, ein spektakulär gemachtes Buchobjekt, so übertrifft PANDEMIE sowohl an Gewicht wie an Ausstattung fast alles, was in den letzten siebzig Jahren in Deutschland an Science-Fiction-Anthologien erschienen ist. Das fadengeheftet Hardcover ist auf schwerem Hochglanzpapier gedruckt, um nicht nur den über dreißig Stories gerecht zu werden, sondern vor allem den Künstlern (Uli Bendick, Mario Franke, Jan Hoffmann, David Steage und Michael Vogt) und den fast vierzig (!) Grafiken, die aus dem über 460 Seiten umfassenden Sammelband ein echtes Artbook machen.
Das alles darf natürlich nicht den Blick verstellen auf die Stories, bei denen es sich oftmals um die bisher besten und engagiertesten Texte der jeweiligen Autor*innen handelt. (Eine Aufzählung würde den Rahmen sprengen, genannt seien beispielhaft nur Armin Möhle, Werner Zillig, Michael Siefener, Monika Niehaus und Christian Endres.)
Wenn wir dem Drecks-Virus sonst schon nur mit Weh und Klage begegnen können, so verdanken wir Corona jetzt wenigstens diese geile Anthologie.
PANDEMIE – GESCHICHTEN ZUR ZEITENWENDE ist ein MUSS in diesem Herbst!

Horst Illmer

Hans Jürgen Kugler & René Moreau (Hrsg.)
PANDEMIE. Geschichten zur Zeitenwende.
Mit vielen Illustrationen
Berlin, Hirnkost, 2020, 466 Seiten
ISBN 978-3-948675-59-2
Hardcover

Das Schreiben von Kurzgeschichten will nicht nur gelernt, sondern auch geübt sein. Da macht es sich so langsam bemerkbar, dass es in den letzten Jahren (und verstärkt in 2020) doch immer mehr Möglichkeiten gerade für deutschsprachige Autoren und Autorinnen gab, diese Kunst auszuüben.
Allein im Hirnkost Verlag liegt jetzt mit PANDEMIE bereits die zweite Anthologie mit ausschließlich neuen Geschichten vor – und was für ein gigantisches Buch ist das geworden!

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Einstein

von am 4. November 2020 Kommentare deaktiviert für Einstein

Torben Kuhlmann (Text & Bilder)
Einstein. Die fantastische Reise einer Maus durch Raum und Zeit.
Zürich, NordSüd, 2020, o. S. (128 S.)
ISBN 978-3-314-10529-6 / 22,00 Euro
Großformatiges Hardcover

Ganz großes Kopf-Kino bietet die inzwischen vierte bebilderte „alternative Weltgeschichte der Mäuse-Erfindungen“ von Torben Kuhlmann, die unter dem Titel EINSTEIN im NordSüd Verlag erschienen ist. Diesmal können wir „die fantastische Reise einer Maus durch Raum und Zeit“ mit verfolgen – und erneut zeigt sich, dass die uns Menschen bisher geläufige Geschichtsschreibung durchaus einige „Ergänzungen“ aus dem Blickwinkel der kleinen Nager verträgt.
Nach den Büchern über LINDBERGH, ARMSTRONG und EDISON, die historische Ereignisse „neu“ erzählen, wendet sich Kuhlmann in EINSTEIN erstmals der „echten“ Science Fiction zu und lässt seine vierpfotigen Helden weit über das Menschen bisher Mögliche hinausgreifen und einige Dinge erfinden, zu denen Alberte Einstein zwar die Grundlagen schuf, aber die Menschheit noch lange nicht reif ist …

Horst Illmer

Torben Kuhlmann (Text & Bilder)
Einstein. Die fantastische Reise einer Maus durch Raum und Zeit.
Zürich, NordSüd, 2020, o. S. (128 S.)
ISBN 978-3-314-10529-6 / 22,00 Euro
Großformatiges Hardcover

Ganz großes Kopf-Kino bietet die inzwischen vierte bebilderte „alternative Weltgeschichte der Mäuse-Erfindungen“ von Torben Kuhlmann, die unter dem Titel EINSTEIN im NordSüd Verlag erschienen ist. Diesmal können wir „die fantastische Reise einer Maus durch Raum und Zeit“ mit verfolgen – und erneut zeigt sich, dass die uns Menschen bisher geläufige Geschichtsschreibung durchaus einige „Ergänzungen“ aus dem Blickwinkel der kleinen Nager verträgt.

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The History of EC Comics

von am 26. Oktober 2020 Kommentare deaktiviert für The History of EC Comics

Grant Geissman
THE HISTORY OF EC COMICS.
Originalausgabe
Köln, Taschen, 2020, 600 S.
ISBN 978-3-8365-4976-9
Hardcover, Leineneinband mit Schutzumschlag, 29 x 39,5 cm, 6 kg
Die Erstausgabe ist auf 5000 nummerierte Exemplare limitiert.

Der Comic-Book-Verleger Bill Gaines hatte es wirklich nicht leicht in seinem Leben: Sein Vater M. C. Gaines, der EC 1933 gegründet hatte, hielt ihn lange Zeit für einen Versager – und als er es dann allen gezeigt hatte, hielt ihn Friedrich Wertheimer für die Verkörperung alles Bösen und schob ihm die Verantwortung zu für die Verwahrlosung der amerikanischen Jugend. Dabei wollte Bill doch immer nur eines: Die besten Comics der Welt produzieren.
Und für einen kurzen Zeitraum gelang ihm dies auch!
Gemeinsam mit Künstlern wie Harvey Kurtzman, Al Williamson, Frank Frazetta und Wally Wood machte Bill Gaines, nachdem er 1947 Chef wurde, aus EC (zuerst für Educational Comics, dann für Entertaining Comics), dem ersten „richtigen“ Comic-Verlag Amerikas, den führenden und richtungsweisenden Publikumsverlag für „Bilderheftchen“.
Wie es soweit kam und das weitere Schicksal von Gaines und EC erzählt der Comic-Book-Historiker Grant Geissman im Verlauf der 600 Riesenseiten von THE HISTORY OF EC COMICS.
In Format und Ausstattung vom Taschen Verlag an die bereits erschienen Reverenztitel über DC und Marvel angepasst, gelingt es diesem von den Fans heiß ersehnten Monumentalwerk sogar, seine beiden Vorläufer noch zu übertreffen: Aufgrund des Umstandes, dass EC seine Produktion 1956 einstellen musste, war es möglich am Ende des Buches eine über 100 Seiten umfassende Bild-Bibliografie aufzunehmen die zurecht den Titel „EC’s Complete Covers 1942–1956“ trägt!
So sieht es also aus, wenn Fan-Träume wahr werden.

Horst Illmer

Grant Geissman
THE HISTORY OF EC COMICS.
Originalausgabe
Köln, Taschen, 2020, 600 S.
ISBN 978-3-8365-4976-9
Hardcover, Leineneinband mit Schutzumschlag, 29 x 39,5 cm, 6 kg
Die Erstausgabe ist auf 5000 nummerierte Exemplare limitiert.

Der Comic-Book-Verleger Bill Gaines hatte es wirklich nicht leicht in seinem Leben: Sein Vater M. C. Gaines, der EC 1933 gegründet hatte, hielt ihn lange Zeit für einen Versager – und als er es dann allen gezeigt hatte, hielt ihn Friedrich Wertheimer für die Verkörperung alles Bösen und schob ihm die Verantwortung zu für die Verwahrlosung der amerikanischen Jugend.

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Harry Harrison

von am 19. Oktober 2020 Kommentare deaktiviert für Harry Harrison

Hardy Kettlitz & Christian Hoffmann
HARRY HARRISON – WELTENBUMMLER UND WITZBOLD.
Originalausgabe
Berlin, Memoranda, 2020, 301 S.
ISBN 978-3-948616-40-3 / 18,90 Euro
SF Personality Band 28
Klappenbroschur

Wer das Glück hatte, den in den USA geborenen, sich aber auf der ganzen Welt zuhause fühlenden Autor und Comiczeichner Harry Harrison (1925–2012) einmal auf einer Convention zu begeg­nen, und die Chancen standen gut, der lernte einen klugen, humorvollen, sprachgewanden und sehr eigenwilligen Charakter kennen, der stets einen bleibenden Eindruck hinterließ.
Allen diesen menschlichen Besonderheiten gerecht wird der neueste Band der Reihe SF Personality, den Hardy Kettlitz und Christian Hoffmann soeben unter dem Titel HARRY HARRISON – WELTENBUMMLER UND WITZBOLD im Memoranda Verlag veröffentlichten. Neben Bibliografie, Biografie und ausführlicher Werkbesprechung enthält der Band auf seinen 300 Seiten auch noch ein bisher unveröffentlichtes Interview, das Arno Behrend 1999 mit Harrison in Dortmund führte, sowie einen Essay von John Clute.
Ein herzerwärmendes Erinnerungsbuch.

Horst Illmer

Hardy Kettlitz & Christian Hoffmann
HARRY HARRISON – WELTENBUMMLER UND WITZBOLD.
Originalausgabe
Berlin, Memoranda, 2020, 301 S.
ISBN 978-3-948616-40-3 / 18,90 Euro
SF Personality Band 28
Klappenbroschur

Wer das Glück hatte, den in den USA geborenen, sich aber auf der ganzen Welt zuhause fühlenden Autor und Comiczeichner Harry Harrison (1925–2012) einmal auf einer Convention zu begeg­nen, und die Chancen standen gut, der lernte einen klugen, humorvollen, sprachgewanden und sehr eigenwilligen Charakter kennen,

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Infinitum

von am 14. Oktober 2020 Kommentare deaktiviert für Infinitum

Christopher Paolini
INFINITUM – DIE EWIGKEIT DER STERNE. Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Barbara Häusler, Anke Kreutzer, Eberhard Kreutzer und Katharina Naumann
(TO SLEEP IN A SEA OF STARS / 2020)
München, Knaur, 2020, 960 Seiten
ISBN 978-3-426-22736-7 / 24,00 Euro
Hardcover

Gleich vier Übersetzer*innen benötigte es, damit das neue Buch von Bestseller-Autor Christopher Paolini rechtzeitig zur weltweit gleichzeitig erfolgenden Veröffentlichung am 15. September 2020 fertig war. Natürlich kann man von einem Autor wie Paolini, der viele tausend Seiten mit der Geschichte eines Jungen und seines Drachen gefüllt hat, nicht erwarten, dass er einen „kurzen“ Science-Fiction-Roman schreibt. Also sind zumindest die 960 Seiten Umfang von INFINITUM – DIE EWIGKEIT DER STERNE keine Überraschung. Ganz anders sieht es da schon damit aus, dass der Roman wohl als Einzelband konzipiert ist – und natürlich auch damit, dass Paolini das ihm eigentlich „fremde“ Genre der Space Opera bedient. Obwohl, „große Oper“ war sein ERAGON-Zyklus ja auch.
In INFINITUM, dessen Originaltitel TO SLEEP IN A SEA OF STARS den Verlagsverantwortlichen wohl zu viel verraten hätte (oder auf Deutsch zu kitschig gewesen wäre), erzählt Paolini die Entwicklungsgeschichte einer jungen Frau namens Kira, die bei der Erforschung eines neuentdeckten Planeten auf ein Alien-Artefakt stößt. Und das, nachdem die Menschheit jahrhundertelang in den Kosmos vorgestoßen ist, ohne je anderes Leben zu finden. Damit ist das exotische Umfeld abgesteckt, in dem die nachfolgenden, dramatischen Ereignisse von unserer Heldin und ihren Freunden alles abfordern, was eine spannende Geschichte ausmacht …
Das aufwändig mit Illustrationen und Lesebändchen gestaltete Hardcover enthält nicht nur Kartenmaterial und ein Glossar, sondern auch ein mehrseitiges Nachwort des Autors, in dem er erzählt, warum er fast zehn Jahre für die Niederschrift dieses Buches benötigte. Und er legt ein paar „Brotkrumen“ aus, die Lust auf einen nochmaligen Lesedurchgang machen.

Horst Illmer

Christopher Paolini
INFINITUM – DIE EWIGKEIT DER STERNE. Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Barbara Häusler, Anke Kreutzer, Eberhard Kreutzer und Katharina Naumann
(TO SLEEP IN A SEA OF STARS / 2020)
München, Knaur, 2020, 960 Seiten
ISBN 978-3-426-22736-7 / 24,00 Euro
Hardcover

Gleich vier Übersetzer*innen benötigte es, damit das neue Buch von Bestseller-Autor Christopher Paolini rechtzeitig zur weltweit gleichzeitig erfolgenden Veröffentlichung am 15. September 2020 fertig war. Natürlich kann man von einem Autor wie Paolini,

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Olympos

von am 6. Oktober 2020 Kommentare deaktiviert für Olympos

Dan Simmons
OLYMPOS. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Peter Robert
(OLYMPOS / 2005)
München, Heyne, 2020, 1040 S.
ISBN 978-3-453-32048-2 / 16,99 Euro

Singe uns, o Musensohn, die Abenteuer von Achilles, Helena, Hektor, Odysseus – und von Dr. phil. Thomas Hockenberry.
Im zwei Jahre nach ILIUM erstveröffentlichten OLYMPOS führt Dan Simmons seinen wahrhaft epischen Entwurf einer alternativen Geschichte fort. Nahtlos schließt er an die Ereignisse an, die sich nach dem schicksalhaften Eingreifen des „Scholikers“ Hockenberry in den Ablauf der „Original“-ILIAS-Handlung entwickelten.
Simmons zerfasert zuerst den Ablauf der Erzählung noch mehr, eröffnet weitere „Nebenkriegsschauplätze“ und führt sogar noch eine neue Hauptperson ein, bevor er, immerhin dreihundert Seiten vor dem Ende des Buches, beginnt, die Fäden wieder aufzunehmen und zu verknüpfen. Mag es auch beim Lesen manchmal zu ernsten Zweifeln kommen – schlussendlich schafft es der Autor doch, ein überzeugendes und begeisterndes Gesamtbild zu wirken.
Die antiken Götter- und Heldensagen bildeten seit jeher einen Fundus, aus dem sich die Geschichtenerzähler aller folgenden Epochen gerne bedienten, allerdings nur wenige mit einer ähnlichen Meisterschaft wie Dan Simmons.
ILIUM und OLYMPOS bilden zusammen einen fast zweitausend Seiten umfassenden Roman, der durchgängig spannend bleibt, farbenfroh, humorvoll und stilsicher zu unterhalten weiß, und mit einer einmaligen Lektüre noch lange nicht ausgeschöpft ist. Wer Lust dazu hat, kann bei weiteren Durchgängen zum Beispiel den vielen offenen und verborgenen Zitaten aus der Weltliteratur nachspüren, die Parallelen zwischen Homer, James Joyce und Dan Simmons untersuchen, sich mit dem Unterschied zwischen „Scholastiker“ und „Verfasser von Scholien“ beschäftigen, oder die Plausibilität der wissenschaftlichen Erklärungen der Quantenteleportation erforschen.
Aber einmal Lesen macht auch schon froh.

Horst Illmer

Dan Simmons
OLYMPOS. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Peter Robert
(OLYMPOS / 2005)
München, Heyne, 2020, 1040 S.
ISBN 978-3-453-32048-2 / 16,99 Euro

Singe uns, o Musensohn, die Abenteuer von Achilles, Helena, Hektor, Odysseus – und von Dr. phil. Thomas Hockenberry.
Im zwei Jahre nach ILIUM erstveröffentlichten OLYMPOS führt Dan Simmons seinen wahrhaft epischen Entwurf einer alternativen Geschichte fort. Nahtlos schließt er an die Ereignisse an, die sich nach dem schicksalhaften Eingreifen des „Scholikers“ Hockenberry in den Ablauf der „Original“-ILIAS-Handlung entwickelten.

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Ilium

von am 5. Oktober 2020 Kommentare deaktiviert für Ilium

Dan Simmons
ILIUM. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Peter Robert
(ILIUM / 2003)
München, Heyne, 2019, 880 S.
ISBN 978-3-453-32047-5 / 16,99 Euro

Wer sich einmal mit dem Werk von Dan Simmons beschäftigt hat, weiß, dass der Amerikaner ein Faible für die europäische, vor allem die englische, Literatur hat. Schon in seinem meisterhaften HYPERION/ENDYMION-Zyklus waren neben dem allgegenwärtigen Dichter John Keats weitere literarische Bezüge eingewoben. Dieses Stilelement hat er in ILIUM in den Mittelpunkt gerückt.
Das Buch beginnt mehr als tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung auf der großen Ebene vor der Stadt Ilium, die uns Heutigen besser als Troja bekannt ist. Die Geschichte setzt ein im neunten Jahr der Stadtbelagerung durch das Griechenheer. Sie beginnt mit den blutigen Kämpfen der edlen Helden und den willkürlich scheinenden Eingriffen der Götter – ganz so wie Homer uns dies in seinem großen Buch erzählt.
Ganz so?
Nein! NEIN!
Denn diese Geschichte erzählt uns Professor Thomas Hockenberry, der im 20. Jahrhundert (christlicher Zeitrechnung) als Historiker an der University of Indiana lehrte und dort auch verstarb. Die Götter selbst haben Hockenberry nach Jahrtausenden wiederbelebt, zu sich auf den Mars geholt, wo sie auf dem Olympos-Vulkan ihr Domizil errichtet haben. Von dort aus senden sie ihn als Beobachter und Berichterstatter zurück auf die antiken Schlachtfelder, wo er eventuelle Abweichungen vom homerischen Epos registrieren soll – aber das ist nur eine der kleineren Überraschungen, die uns der Autor bereitet.
Simmons wirbelt auf den folgenden fast 900 Seiten so viel historischen und literarischen Staub auf, dass man als Leser oftmals glaubt, an seinen Grenzen angelangt zu sein. Doch dann bläst immer wieder ein frischer, erzähltaktisch glänzend platzierter Wind diesen Staub von unserer Wahrnehmung und fügt einige der losen Enden zu einem neuen, spannenden Faden zusammen. Diesen Fäden folgt man, gefesselt an das Weberschiffchen des großen Erzählers,
fast willenlos von einem Knoten zum nächsten, wechselt dort auf einen neuen Strang, gewinnt Erkenntnisse, die das Muster langsam deutlicher werden lassen – und sitzt am Ende vor einem grandiosen Panaroma-Teppich der phantastischen Literatur.
Die verwendeten Garne wurden in den Werkstätten von Shakespeare & Co. hergestellt, gefärbt von den Wells-Werken und in der Zeit verloren und wiedergefunden von Proust & Swann. Den Rahmen lieferten die großen Wissenschaftler und Erzähler der Moderne, die Spannung übernahmen die Mythenschöpfer der Antike und über allem wacht der musengeküsste Geist eines literarischen Meisterwebers.
Ganz zum Schluss, wenn man wieder ein wenig zu Atem gekommen ist, wenn man sich langsam aus diesem herrlichen Werk löst, erkennt man, in welche Falle der Autor Simmons seine Leserschaft gelockt hat. Es geht uns ähnlich wie Hockenberry, der auf der letzten Seite mit einem Kollegen fachsimpelt:

„Wir wussten immer was als Nächstes passieren würde. Welcher Mensch oder Gott was tun würde.“
„Ja, ich weiß.“
„Wissen Sie, was in Ihrer neuen Welt als Nächstes passiert?“
„Keine Ahnung. Aber es wird verdammt interessant sein, es herauszufinden.“

Horst Illmer

Dan Simmons
ILIUM. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Peter Robert
(ILIUM / 2003)
München, Heyne, 2019, 880 S.
ISBN 978-3-453-32047-5 / 16,99 Euro

Wer sich einmal mit dem Werk von Dan Simmons beschäftigt hat, weiß, dass der Amerikaner ein Faible für die europäische, vor allem die englische, Literatur hat. Schon in seinem meisterhaften HYPERION/ENDYMION-Zyklus waren neben dem allgegenwärtigen Dichter John Keats weitere literarische Bezüge eingewoben. Dieses Stilelement hat er in ILIUM in den Mittelpunkt gerückt.

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NOVA. Science-Fiction 29

von am 21. September 2020 Kommentare deaktiviert für NOVA. Science-Fiction 29

Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
NOVA. Science-Fiction. Ausgabe 29
Editorial von Michael Haitel
Illustriert von Lothar Bauer u.v.a.
Winnert, p. machinery, 2020, 220 Seiten
Kartoniert
ISBN 978-3-95765-205-8 / 16,90 Euro

Mit einem absoluten Hingucker als Titelbild präsentiert sich in diesem September die Ausgabe 29 von NOVA Science-Fiction, dem von Michael K. Iwoleit & Michael Haitel herausgegebenen Paperback-Magazin.
Wie gewohnt gibt es Kurzgeschichten und Sachtexte, Illustrationen und ein Editorial. Ebenfalls wie gewohnt steht bei NOVA eindeutig das geschriebene Wort im Mittelpunkt, die Illustrationen bleiben genau das – und der Sekundärteil (den Thomas Sieber betreut) nimmt inzwischen ein gutes Viertel des Platzes ein.
Die aktuelle, über 200 Seiten starke Nummer beschäftigt sich diesmal schwerpunktmäßig mit der „Simulationshypothese“ (WELT AM DRAHT, UBIK, MATRIX usw.), bringt zwei Nachrufe auf Syd Mead und Mike Resnick, beginnt mit einem launigen Vorwort des Verlegers und punktet ansonsten mit elf sehr lesenswerten Stories, unter anderem von Uwe Post, Frank Hebben, Tino Falke, Martin Wambsganß und dem allgegenwärtigen Norbert Stöbe.
Die durchweg guten Illus stammen von Gerd Frey, Christian Günther, Christine Schlicht und Si-yü Steuber.

Horst Illmer

Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
NOVA. Science-Fiction. Ausgabe 29
Editorial von Michael Haitel
Illustriert von Lothar Bauer u.v.a.
Winnert, p. machinery, 2020, 220 Seiten
Kartoniert
ISBN 978-3-95765-205-8 / 16,90 Euro

Mit einem absoluten Hingucker als Titelbild präsentiert sich in diesem September die Ausgabe 29 von NOVA Science-Fiction, dem von Michael K. Iwoleit & Michael Haitel herausgegebenen Paperback-Magazin.
Wie gewohnt gibt es Kurzgeschichten und Sachtexte, Illustrationen und ein Editorial. Ebenfalls wie gewohnt steht bei NOVA eindeutig das geschriebene Wort im Mittelpunkt,

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Treiben lassen

von am 14. September 2020 Kommentare deaktiviert für Treiben lassen

Peter Van den Ende
TREIBEN LASSEN.
(Zwerfeling / 2019)
Stuttgart, Aladin, 2020, ca. 100 Seiten
ISBN: 978-3-8489-0191-3
Großformatiger Pappband

So, und jetzt habe ich ein Problem.
Wie „bespricht“ man ein Buch, in dem kein einziges Wort steht, ein „Bilder-Buch“ in jedem nur vorstellbaren Sinn, in dem aber eine komplexe Geschichte erzählt wird, in Bildern von einer solchen Einzigartigkeit, Eleganz und Prägnanz, dass eine „Nach-Erzählung“ nur blass und unvollkommen geraten kann?
Versuchen wir es zuerst einmal damit, dass wir den Künstler nennen: Peter Van den Ende. Dann den Titel: TREIBEN LASSEN. Der deutsche Verlag: Aladin. Die ISBN: 978-3-8489-0191-3. Das Format: Ein fadengehefteter Pappband mit 31 Zentimetern Höhe, 23,5 Zentimetern Breite und 96 unpaginierten Seiten (inklusive der Vorsatzpapiere).
Und jetzt – der Inhalt: „Ein Papierboot wird an Bord eines Segelschiffs gefaltet und vorsichtig aufs Wasser gesetzt. Dann segelt das Schiff davon und lässt das Boot allein zurück. Eine lange Reise über die Meere beginnt.“ So steht das auf dem hinteren Deckel. Punkt.
Nach einigen Recherchen im Internet könnte ich jetzt noch erwähnen, dass Peter Van den Ende 1985 in den Niederlanden geboren wurde und 2019 dort die Originalausgabe von ZWERFELING erschienen ist. Da TREIBEN LASSEN nur eine von mehreren internationalen Ausgaben (übersetzen kann man das ja nicht nennen) ist – z. B. THE WANDERER (Englisch) und TRAVESIA (Spanisch) – und mit einem Werbespruch von Shaun Tan (der einem ohnehin sogleich einfällt) aufwarten kann, dürfte sich dieses Buch wohl in Kürze von einem Geheimtipp zu einem Weltbestseller entwickeln.
So, jetzt haben Sie hoffentlich kein Problem mehr bei der Wahl Ihres nächsten Buches.

Horst Illmer

Peter Van den Ende
TREIBEN LASSEN.
(Zwerfeling / 2019)
Stuttgart, Aladin, 2020, ca. 100 Seiten
ISBN: 978-3-8489-0191-3
Großformatiger Pappband

So, und jetzt habe ich ein Problem.
Wie „bespricht“ man ein Buch, in dem kein einziges Wort steht, ein „Bilder-Buch“ in jedem nur vorstellbaren Sinn, in dem aber eine komplexe Geschichte erzählt wird, in Bildern von einer solchen Einzigartigkeit, Eleganz und Prägnanz, dass eine „Nach-Erzählung“ nur blass und unvollkommen geraten kann?
Versuchen wir es zuerst einmal damit,

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Future History 2050

von am 8. September 2020 Kommentare deaktiviert für Future History 2050

Thomas Harding
FUTURE HISTORY 2050.
Ü: Edmund Jacoby
Illustriert von Florian Toperngpong
(FUTURE HISTORY 2050 / 2020)
Berlin, Jacoby & Stuart, 2020, 190 Seiten
ISBN 978-3-96428-057-2

Und dann war ich mal wieder kurz in meiner Lieblingsbuchhandlung und fand dort ein spannendes, schon auf den ersten Blick herausragendes Jugendbuch von Thomas Harding (einem Engländer mit deutschen Wurzeln), das den Titel FUTURE HISTORY 2050 trägt und dessen graphische Gestaltung vom Regensburger Grafikdesigner Florian Toperngpong übernommen wurde.
Erzählt wird davon, wie ein Wissenschaftler heute, im Jahr 2020, im Archiv einer Bibliothek eine merkwürdige Kiste voller Notizbücher findet, die angeblich aus dem Jahr 2050 stammen sollen und in denen von der dann 14-jährigen Billy Schmidt die Geschichte unserer nächsten Zukunft niedergeschrieben ist – unter Beigabe einer ganzen Reihe von Bildern, Zeichnungen und Beilagen.
Da der Wissenschaftler den Inhalt für wichtig und brisant hält, veröffentlicht er Billys Notizbücher als wären sie echte „historische Dokumente“, versehen mit einigen erklärenden Fußnoten.
Ob die Dinge sich dann so entwickeln werden wie sie Billy Schmidt von ihrer Oma erklärt wurden, entscheiden wir heutigen Leser mit …

Horst Illmer

Thomas Harding
FUTURE HISTORY 2050.
Ü: Edmund Jacoby
Illustriert von Florian Toperngpong
(FUTURE HISTORY 2050 / 2020)
Berlin, Jacoby & Stuart, 2020, 190 Seiten
ISBN 978-3-96428-057-2

Und dann war ich mal wieder kurz in meiner Lieblingsbuchhandlung und fand dort ein spannendes, schon auf den ersten Blick herausragendes Jugendbuch von Thomas Harding (einem Engländer mit deutschen Wurzeln), das den Titel FUTURE HISTORY 2050 trägt und dessen graphische Gestaltung vom Regensburger Grafikdesigner Florian Toperngpong übernommen wurde.

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Unser Walter

von am 31. August 2020 Kommentare deaktiviert für Unser Walter

Wolfgang Thadewald & Ulrich Blode (Hrsg.)
UNSER WALTER.
Ein kleines Büchlein zum Gedenken an Walter Ernsting anlässlich seines 100. Geburtstags – mit Texten von Weggefährten, Kollegen und Freunden, Gebliebenen und Weitergereisten.
Vorwort: Ulrich Blode, Vorbemerkung: Michael Haitel
Winnert, p.machinery, 2020, 210 S.
ISBN 978-3-95765-202-7

Wenn man die Geschichte der Science Fiction in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 in all ihrer Vielgestaltigkeit auf eine einzelne Person herunterbrechen wollte, würde sich dafür wohl niemand so sehr anbieten wie Walter Ernsting (1920–2005, auch bekannt unter seinem Pseudonym Clark Darlton).
Wie kein anderer sonst war er als Autor, Übersetzer, Herausgeber, Ideenlieferant, Unterstützer und vor allem als riesiger FAN dafür verantwortlich, dass sich in den frühen Nachkriegsjahren in Westdeutschland eine Science-Fiction-Gemeinde entwickelte, die innerhalb kürzester Zeit internationales Niveau erreichte. Jetzt ist anlässlich seines 100. Geburtstags ein „kleines Büchlein“ mit dem Titel UNSER WALTER erschienen, in dem sich Kollegen, Freunde, Weggefährten, Fans und sonstige Verehrer wie Ronald M. Hahn, Uschi Zietsch, Thomas R. P. Mielke, Monika Niehaus, Jörg Weigand und viele andere mehr den Staffelstab reichen und in zumeist kurzen Beiträgen ihre tiefempfundene Wertschätzung Ernstings ausdrücken.
Etwas umfangreicher ist die Vorstellung des Briefwechsels zwischen Walter Ernsting und Heinz Gartmann durch Herrmann Ibendorf geraten, ebenso die in zwei Kurzgeschichten verpackten Erinnerungen von Inge Ranz bzw. Wolfgang Thadewald. Vorbereitet und herausgegeben wurde der Band vom inzwischen verstorbenen Wolfgang Thadewald und von Ulrich Blode, der die Schlussredaktion übernahm.
Der Inhalt erweist sich damit als ebenso vielstimmig und gehaltvoll wie es das Leben und Werk von „unserem Walter“ waren.
Ein Buch zum stillen Genießen.

Horst Illmer

Wolfgang Thadewald & Ulrich Blode (Hrsg.)
UNSER WALTER.
Ein kleines Büchlein zum Gedenken an Walter Ernsting anlässlich seines 100. Geburtstags – mit Texten von Weggefährten, Kollegen und Freunden, Gebliebenen und Weitergereisten.
Vorwort: Ulrich Blode, Vorbemerkung: Michael Haitel
Winnert, p.machinery, 2020, 210 S.
ISBN 978-3-95765-202-7

Wenn man die Geschichte der Science Fiction in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 in all ihrer Vielgestaltigkeit auf eine einzelne Person herunterbrechen wollte, würde sich dafür wohl niemand so sehr anbieten wie Walter Ernsting (1920–2005,

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Cryptos

von am 24. August 2020 Kommentare deaktiviert für Cryptos

Ursula Poznanski
CRYPTOS.
Bindlach, Loewe, 2020, 444 S.
ISBN 978-3-7432-0050-0
Hardcover

Seit sie 2010 mit dem Bestseller EREBOS debütierte, gehört Ursula Poznanski zur ersten Garde deutschsprachiger Jugendbuchautorinnen. Bei Loewe ist im Spätsommer 2020 ihr neuester Thriller CRYPTOS erschienen, der sich erneut mit Computerspielen und den Menschen, die sie entwerfen beschäftigt, allerdings zeitlich noch etwas weiter als das letztjährige Sequel EREBOS 2 in der Zukunft angesiedelt ist.

In einer Welt, die mit Umweltzerstörung und Energieknappheit zurechtkommen muss, ist es vielleicht sogar eine gute Idee, wenn der Großteil der Menschheit einfach in Versorgungsbehältern rumliegt und seine Dummheit, Aggression und Geilheit in virtuellen Scheinwelten auslebt. Da diese Grundeigenheiten jedoch so vielgestaltig sind wie es Mitmenschen auf unserem Planeten gibt, braucht es eine Vielzahl von Kunstwelten – und die wollen erst einmal erfunden sein.

Und da kommt Jana ins Spiel, eine vielbeschäftigte und engagierte Welten-Designerin, die sich viel Mühe gibt, damit ihre Konstruktionen die Benutzer zufriedenstellen. Als es jedoch ausgerechnet in ihrer idyllischen Welt Kerrybrook, in der sie selbst gerne entspannt, zu Mord und Totschlag kommt, muss Jana aus ihrer Komfortzone raus und sich den „Quellcode“ ihres eigenen Software-Konzerns einmal genauer ansehen. Dabei entdeckt sie, dass virtuelle Gefahren auch in der Realität eine Entsprechung bekommen können …

CRYPTOS liest sich stellenweise wie das logisch-durchdachte Drehbuch zu einem MATRIX-Prequel. Der Roman hat alles, was mir bei diesen Filmen an nachvollziehbarem „Worldbuilding“ immer gefehlt hat.

Horst Illmer

Ursula Poznanski
CRYPTOS.
Bindlach, Loewe, 2020, 444 S.
ISBN 978-3-7432-0050-0
Hardcover

Seit sie 2010 mit dem Bestseller EREBOS debütierte, gehört Ursula Poznanski zur ersten Garde deutschsprachiger Jugendbuchautorinnen. Bei Loewe ist im Spätsommer 2020 ihr neuester Thriller CRYPTOS erschienen, der sich erneut mit Computerspielen und den Menschen, die sie entwerfen beschäftigt, allerdings zeitlich noch etwas weiter als das letztjährige Sequel EREBOS 2 in der Zukunft angesiedelt ist.

In einer Welt, die mit Umweltzerstörung und Energieknappheit zurechtkommen muss,

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Fahrenheit 451

von am 5. August 2020 1 Kommentar

Ray Bradbury
FAHRENHEIT 451. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Peter Torberg
(Fahrenheit 451 / 1953)
Zürich, Diogenes, 2020, 271 S.
ISBN 978-3-257-07140-5

FAHRENHEIT 451. Roman.
Übersetzung: Fritz Güttinger
München, Heyne, 2018, 208 S.
ISBN 978-3-453-31983-7

Während viele der großen Anti-Utopien von Autoren verfasst wurden, die sonst nicht gerade als Science Fiction-Schriftsteller bekannt sind, ist Ray Bradbury seit seinen Anfängen ins phantastische Genre integriert. Wie sonst vielleicht nur noch Stanislaw Lem hat er es dennoch geschafft, sich auch außerhalb der Gattungsgrenzen eine große Leserschaft zu sichern. Neben seinem großartigen Episodenromanen DIE MARSCHRONIKEN und DER ILLUSTRIERTE MANN verdankt er dies vor allem FAHRENHEIT 451, seinem dystopischen Entwurf einer bücherhassenden „verkehrten“ Welt, in der die Feuerwehr dazu da ist, die politische Opposition zu terrorisieren und an versteckt gehaltene Bibliotheken Feuer zu legen.
Bradburys Protagonist Guy Montag ist Feuerwehrmann, verheiratet mit einer Frau, die ihren Fernseher mehr liebt als ihn, und eigentlich ist er zufrieden damit, dass er nicht groß über die Welt nachdenken muss. Das übernimmt der Staat für ihn bzw. sein Vorgesetzter, Feuerwehrhauptmann Beatty. Bis dann eines Tages eine junge Frau auftaucht, die ihm die falschen (vielmehr: die richtigen) Fragen stellt. Und als er dann sein erstes Buch liest, statt es zu verbrennen, ist seine Wandlung vom Saulus zum Paulus nicht mehr aufzuhalten. Als seine Rebellion entdeckt wird, flieht er zu einer Gruppe von Außenseitern in die Wildnis.

Im Sommer 2020, 65 Jahre nach dem ersten Erscheinen, gönnt der Diogenes Verlag einem seiner größten Bestseller nun eine Neuübersetzung. Die 1955er Übertragung von Fritz Güttinger hat in dieser Zeit in unzähligen Neuausgaben und Nachauflagen bei Ullstein, der Büchergilde Gutenberg und bei Heyne Verwendung gefunden, ohne dass irgendjemand größeren Unmut geäußert hätte.
Was also macht Peter Torberg jetzt anders – und vor allem: macht er es besser?
Zuerst einmal: Auch die kanonischen Übersetzungen von George Orwell, J. R. R. Tolkien und Terry Pratchett mussten sich solche Fragen gefallen lassen – und manchmal gelang es den Fans sogar, beide Fassungen „in Druck“ zu halten.
Soweit kann man beim neuen FAHRENHEIT 451 natürlich noch nicht sehen, aber so richtig warm werden will ich mit dieser Fassung noch nicht. Die Sprache ist moderner (obwohl auch Torberg Bradbury einige „Unklarheiten“ und „Widersprüche“ durchgehen lässt), trotzdem liest sich der Text nicht wirklich flüssiger als bei Güttinger. Gebrauchsgegenstände haben andere Bezeichnungen bekommen (aus „Turbinenautos“ werden „Düsenautos“) und das metrische System wird durch amerikanische Maßeinheiten („sieben Meter“ / „zwanzig Fuß“) nicht eben anschaulicher – aber den größten Unterschied macht wohl Guy Montags Berufsbezeichnung aus.
Der allbekannte „Feuerwehrmann“ wird bei Torberg zum „Feuermann“!
Diese von Torberg in seinen „Anmerkungen zur Übersetzung“ als „essentiell“ bezeichnete Änderung bezieht sich logischerweise auf die Tätigkeit des Feuerlegens, anstatt des Löschens, aber es stellt sich die Frage, ob der dem System innewohnende Zynismus durch eine solche Veränderung nicht sogar abgemildert wird?
Die Frage nach dem „Besser“ ist auf Anhieb also nicht zu klären – „anders“ liest sich der Roman aber auf jeden Fall. Aber die Qualität des Textes rechtfertigt es, dass wir uns mit FAHRENHEIT 451 wieder einmal intensiv auseinandersetzen.
Also ja: Bücher lesen, nicht verbrennen!

Horst Illmer

Ray Bradbury
FAHRENHEIT 451. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Peter Torberg
(Fahrenheit 451 / 1953)
Zürich, Diogenes, 2020, 271 S.
ISBN 978-3-257-07140-5

FAHRENHEIT 451. Roman.
Übersetzung: Fritz Güttinger
München, Heyne, 2018, 208 S.
ISBN 978-3-453-31983-7

Während viele der großen Anti-Utopien von Autoren verfasst wurden, die sonst nicht gerade als Science Fiction-Schriftsteller bekannt sind, ist Ray Bradbury seit seinen Anfängen ins phantastische Genre integriert. Wie sonst vielleicht nur noch Stanislaw Lem hat er es dennoch geschafft,

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Basement Tales #8

von am 29. Juli 2020 Kommentare deaktiviert für Basement Tales #8

The Dandy Is Dead präsentiert
BASEMENT TALES – Vol. 8: KOPFLOS
Saarbrücken, The Dandy Is Dead, 2020, 48 Seiten
Heft in wiederverschließbarem Beutel mit Beilagen
ISBN 978-3-947652-15-0 / 7,90 €

Das zweifellos notwendige Gänsehaut-Potenzial einer guten Horror-Kurzgeschichte ist das Fundament, auf dem der Verlag The Dandy Is Dead seine BASEMENT TALES-Reihe aufgesetzt hat.

In der Folge 8, die soeben erschienen ist, reichen sich Ina Elbracht („Panoptikum“), Fabienne Siegmund („Der Weg der Vier“), David Gray („Feuchtgebiete oder Ein Tee für Mrs Stapledon“) und Christian Endres („Angry Bird“) die „Maurerkelle“, die diesmal das Etikett KOPFLOS trägt, weiter und ergänzen mit dieser „Vol. 8“ meisterhaft die vorhergehenden sieben (immer noch lieferbaren) Heftchen/Bausteine. Die „Ritzen“ zwischen den im Heft enthaltenen allesamt hochwertigen und unterhaltsamen Stories verfugen kunstvoll die vier beiliegenden Poster von Sandra Anstätt, Linda Walgenbach, Henrik Elburn und SEC7.
Ob dieses Kellergeschoss jemals fertig-erzählt sein wird, wissen nicht einmal die Fledermäuse in den dunklen Ecken oder die blind(geprägt)en Skarabäen an den Wänden, allerdings ist man als Leser oder Leserin durchaus geneigt, solange bei der Lektüre weiterhin die erwünschte Gänsehaut entsteht, den Baufortschritt noch eine Weile zu verfolgen.

Horst Illmer

The Dandy Is Dead präsentiert
BASEMENT TALES – Vol. 8: KOPFLOS
Saarbrücken, The Dandy Is Dead, 2020, 48 Seiten
Heft in wiederverschließbarem Beutel mit Beilagen
ISBN 978-3-947652-15-0 / 7,90 €

Das zweifellos notwendige Gänsehaut-Potenzial einer guten Horror-Kurzgeschichte ist das Fundament, auf dem der Verlag The Dandy Is Dead seine BASEMENT TALES-Reihe aufgesetzt hat.

In der Folge 8, die soeben erschienen ist, reichen sich Ina Elbracht („Panoptikum“), Fabienne Siegmund („Der Weg der Vier“),

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COZMIC

von am 27. Juli 2020 Kommentare deaktiviert für COZMIC

René Moreau & Michael Vogt (Hrsg.)
COZMIC
Die phantastische Comic-Anthologie – Vol. 02
Stolberg, Atlantis, 2020, 94 Seiten
ISBN 987-3-86402-667-6 / 19,90
Großformatiges Hardcover

Wenn es Prosa-Anthologien schon schwer haben, die Aufmerksamkeit des Lesepublikums zu gewinnen, so ist das für Comic-Anthologien fast unmöglich. In der steten Flut wöchentlicher Neuerscheinungen, die ja inzwischen nicht nur bei den Heftchen, sondern auch bei den Alben für ein dermaßenes „Schnell-drehen“ sorgt, dass selbst die ausgepufftesten Nerds „ins Schwimmen“ kommen, bedarf es einiger Chuzpe, diesem Trend die Stirn bieten zu wollen.

Furchtlosigkeit im Kampf um Leser, Engagement für das geliebte Genre, unbedingter Glaube ans eigene Produkt – all dies darf man bei René Moreau und Michael Vogt, den Herausgebern von COZMIC, ebenso voraussetzen wie beim Atlantis Verlag, dem inzwischen gar nicht mehr so kleinen „Kleinverlag“, in dem DIE PHANTASTISCHE COMIC-ANTHOLOGIE erscheint.
Nach dem Start im letzten Jahr liegt/steht jetzt im Frühsommer 2020 die Nummer 2 in den Comic-Shops und Buchhandlungen. Das Großformat und der feste Einband deuten bereits darauf hin, dass auch dieser Band über den Tag hinaus Haltbarkeit und Wert erstrebt. Das Coverbild von Meike Schultchen ist um gleich mehrere Klassen attraktiver als beim Startband (und auch beim für den Herbst angekündigten Band 3 scheint sich dies positiv fortzusetzen).
Inhaltlich ist das Konzept natürlich unverändert: Die Fortsetzungsgeschichten von Schultchen und Maximilian Meier gehen in die zweite Runde, zu Brill/Vogts Mega-Erfolgs-Serie „Ein seltsamer Tag“ (u. a. in phantastisch!) und zu Spree/Wiesers „Die Abenteuer des Raumschiffs EXODUS“ gibt es neue Episoden und von dem halben Dutzend Kurzgeschichten haben mich vor allem die von Frauke Berger („Nachtfalter“) und Endres/Hulm („Narben machen sexy“) überzeugt. Fasziniert war ich von den sechs Seiten von Ingo „Krimalkin“ Lohse („Bilder der fließenden Welt“), die eine Verbeugung vor den Großmeistern Moebius und Druillet machen, jedoch mit starken „Eigenheiten“ aufwarten. Wenn man dann noch Olaf Brills erschöpfend-ausführlichen Artikel über den SF-Comic LUC ORIENT hinzunimmt, sind die fast 100 Seiten fast zu wenig für diesen wunderbaren Überblick über die Vielseitigkeit der einheimischen Comic-Szene.

Wünschen wir uns also, dass COZMIC seine „Mission“ noch einige Ausgaben lang fortsetzen kann – und damit zeigt, dass auch der Comic (über den Tages-Strip hinaus) für kürzere Geschichten durchaus geeignet ist.

Horst Illmer

René Moreau & Michael Vogt (Hrsg.)
COZMIC
Die phantastische Comic-Anthologie – Vol. 02
Stolberg, Atlantis, 2020, 94 Seiten
ISBN 987-3-86402-667-6 / 19,90
Großformatiges Hardcover

Wenn es Prosa-Anthologien schon schwer haben, die Aufmerksamkeit des Lesepublikums zu gewinnen, so ist das für Comic-Anthologien fast unmöglich. In der steten Flut wöchentlicher Neuerscheinungen, die ja inzwischen nicht nur bei den Heftchen, sondern auch bei den Alben für ein dermaßenes „Schnell-drehen“ sorgt, dass selbst die ausgepufftesten Nerds „ins Schwimmen“ kommen,

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20 Jahre phantastisch!

von am 23. Juli 2020 Kommentare deaktiviert für 20 Jahre phantastisch!

Klaus Bollhöfener (Hrsg.)
phantastisch!
Seit zwanzig Jahren das Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror
Heft 79, Ausgabe 3/2020
Stolberg, Atlantis, 2020, 88 Seiten / 5,95 €

Mehr als 88 Seiten Umfang schafft die Druckerei einfach nicht – sonst wäre die neueste Ausgabe der phantastisch! (Heft 79, mit neuem Untertitel: „Seit zwanzig Jahren das Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror“) womöglich noch dicker geworden.
Aber auch so „platzt“ das Heft fast aus „allen Nähten“: Vier Interviews, unter anderem mit KILLERBOT-Autorin Martha Wells, dem Experten für chinesische Science Fiction Ken Liu und dem neuen deutschen Comic-Duo Boris Koch und Frauke Berger, zwei Kurzgeschichten von Superstar Ken Liu und der Atlantis-Entdeckung Caroline Hofstätter, Comics und Karikaturen von Olaf Brill, Michael Vogt, Lars Bublitz und Steffen Boiselle, wie gewohnt das Update, eine Handvoll Rezensionen und jede Menge Sachartikel.
Erwähnenswert sind eine faszinierend bilderreiche Huldigung Doktor Dolittles, der vor einhundert Jahren erstmals die Leserherzen von Jung und Alt erfreute, eine Würdigung von Gene Wolfes Meisterwerk »Der fünfte Kopf des Zerberus« und die Vorstellung der »Hombre«-Werkausgabe durch Bernd Frenz. Außerdem schmückt ein echter „Eyecatcher“ von Jan Hoffmann den Umschlag.

Horst Illmer

Klaus Bollhöfener (Hrsg.)
phantastisch!
Seit zwanzig Jahren das Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror
Heft 79, Ausgabe 3/2020
Stolberg, Atlantis, 2020, 88 Seiten / 5,95 €

Mehr als 88 Seiten Umfang schafft die Druckerei einfach nicht – sonst wäre die neueste Ausgabe der phantastisch! (Heft 79, mit neuem Untertitel: „Seit zwanzig Jahren das Magazin für Science Fiction, Fantasy & Horror“) womöglich noch dicker geworden.
Aber auch so „platzt“ das Heft fast aus „allen Nähten“: Vier Interviews,

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Abteilung für irre Theorien

von am 5. Juli 2020 1 Kommentar

Tom Gauld
ABTEILUNG FÜR IRRE THEORIEN.
Übersetzt von Christoph Schuler
(DEPARTMENT OF MIND-BLOWING THEORIES / 2020)
Zürich, Edition Moderne, 2020, 160 Seiten
ISBN 978-3-03731-202-5

Der 1976 geborene Schotte Tom Gauld gehört zu jener raren Sorte von Cartoonisten, deren Bilder(geschichten) so deutlich für sich sprechen, dass sie eigentlich auch ohne Übersetzung zu verstehen sind. Trotzdem muss man natürlich dankbar sein, dass sein DEPARTMENT OF MIND-BLOWING THEORIES (Originalausgabe bei Canongate bzw. Drawn & Quartely) so zeitnah wie selten für die Edition Moderne von Christoph Schuler ins Deutsche übersetzt wurde und ab sofort unter dem Titel ABTEILUNG FÜR IRRE THEORIEN erhältlich ist.
Die 150 Cartoons nehmen den Wissenschaftsbetrieb ordentlich auf den Arm, erfreuen aber sicherlich auch Menschen, die außerhalb einer Universität ihren Lebensinhalt gefunden haben. Die jeweils eine Seite füllenden Zeichnungen wurden speziell für die Zeitschrift New Scientist Magazine gezeichnet und laufen deshalb im englischen Untertitel als „Science Cartoons“ – aber keine Angst, Tom Gauld kann gar nicht anders und hat jede Menge Science Fiction hineingeschmuggelt.

Horst Illmer

Tom Gauld
ABTEILUNG FÜR IRRE THEORIEN.
Übersetzt von Christoph Schuler
(DEPARTMENT OF MIND-BLOWING THEORIES / 2020)
Zürich, Edition Moderne, 2020, 160 Seiten
ISBN 978-3-03731-202-5

Der 1976 geborene Schotte Tom Gauld gehört zu jener raren Sorte von Cartoonisten, deren Bilder(geschichten) so deutlich für sich sprechen, dass sie eigentlich auch ohne Übersetzung zu verstehen sind. Trotzdem muss man natürlich dankbar sein, dass sein DEPARTMENT OF MIND-BLOWING THEORIES (Originalausgabe bei Canongate bzw. Drawn & Quartely) so zeitnah wie selten für die Edition Moderne von Christoph Schuler ins Deutsche übersetzt wurde und ab sofort unter dem Titel ABTEILUNG FÜR IRRE THEORIEN erhältlich ist.

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Der Weltraumpostbote

von am 27. Juni 2020 Kommentare deaktiviert für Der Weltraumpostbote

Guillaume Perreault (Text & Bilder)

DER WELTRAUMPOSTBOTE
Übersetzt von Ulrich Pröfrock
(Le facteur de l’espace /2016)
Kassel, Rotopol, 2020, 144 S.
ISBN 978-3-96451-017-4

THE POSTMAN FROM SPACE
Translatet by Francois Bui
(Le facteur de l’espace /2016)
New York, Holliday House, 2020, 142 S.
ISBN 978-0-8234-4519-6

Kennen wir das nicht alle: Da haben wir, nach intensiver Prüfung (oder nach einem flüchtigen Blick), irgendetwas (Bücher, CDs, Klamotten) im Internet bestellt – und dann beginnt das endlose WARTEN!
Die Zeiten des allmorgendlich-pünktlichen „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ sind ja eh schon länger vorbei, aber auch in unserer von diversen Post- und Paketdiensten versorgten Gegenwart gibt es noch Gewissheiten: Das mit Spannung erwartete Paket kommt immer am nächsten Tag (oder dann, wenn wir gerade mal nicht da sind).
Da trifft es sich ganz prima, dass der Frankokanadier Guillaume Perreault eine wunderschöne Graphic Novel geschrieben und gezeichnet hat, die einmal die „andere“ Position darstellt: In THE POSTMAN FROM SPACE / DER WELTRAUMPOSTBOTE begleiten wir Bob („ja, so heißt er, unser Postbote“) während eines (nicht ganz so) normalen Arbeitstags als intergalaktischer Zusteller.
Als besagter Bob zu Schichtbeginn vom „Boss“ erfährt, dass seine Standartroute an jemand anderes übergeben wurde und er ab heute eine komplett neue Route fliegen muss, hat er sogleich ein ungutes Gefühl. Zwar sind es „nur“ fünf Ablieferstellen – aber für Bob entwickelt sich jede davon zu einer existentiellen Herausforderung. Zum Schichtende erwartet ihn dann die überraschend gestellte Frage: Zurück zum Altbekannten – oder morgen wieder was Neues?
Nachdem wir miterlebt haben, wie Bob auf ungewöhnliche Herausforderungen reagiert, schafft er es tatsächlich, uns auf der allerletzten Seite noch einmal so richtig zu überraschen.
Und wenn wir in Zukunft wieder einmal auf unsere „Verspätungskünstler“ schimpfen wollen, oder über den Zustand, in dem eine Sendung bei uns angekommen ist, sollten wir uns an Bob, den WELTRAUMPOSTBOTEN / POSTMAN FROM SPACE zurückerinnern.
Jede Medaille hat zwei Seiten!

Horst Illmer

Guillaume Perreault (Text & Bilder)

DER WELTRAUMPOSTBOTE
Übersetzt von Ulrich Pröfrock
(Le facteur de l’espace /2016)
Kassel, Rotopol, 2020, 144 S.
ISBN 978-3-96451-017-4

THE POSTMAN FROM SPACE
Translatet by Francois Bui
(Le facteur de l’espace /2016)
New York, Holliday House, 2020, 142 S.
ISBN 978-0-8234-4519-6

Kennen wir das nicht alle: Da haben wir, nach intensiver Prüfung (oder nach einem flüchtigen Blick), irgendetwas (Bücher, CDs,

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Am Anfang war der Beutel

von am 22. Juni 2020 Kommentare deaktiviert für Am Anfang war der Beutel

Ursula K. Le Guin
AM ANFANG WAR DER BEUTEL.
Warum uns Fortschritts-Utopien an den Rand des Abgrunds führten und wie Denken in Rundungen die Grundlage für gutes Leben schafft. Essays, Reden und ein Gedicht.
Auswahl, Einleitung, Übersetzung: Matthias Fersterer
Originalzusammenstellung
Klein Jasedow, thinkOya, 2020, 95 S.
ISBN 978-3-947296-08-8 / 10,- Euro

Bei diesem Buch könnte man allerlei Überlegungen zum Titel anstellen, aber was den Verlag letztlich zu AM ANFANG WAR DER BEUTEL inspirierte, ist mir, ehrlich gesagt, wurscht. Hauptsache ist doch, dass es ein neues Buch von Ursula K. Le Guin auf den deutschen Markt geschafft hat!
Das knapp 100 Seiten umfassende Taschenbuch enthält drei Essays, drei Reden und ein Gedicht Le Guins sowie ein Vorwort des Verlegers und Übersetzers Matthias Fersterer, in dem er erklärt, „warum es lohnend ist“ Le Guins Werke zu lesen. Die Auswahl ist insoweit „zeitgemäß“ als es sich überwiegend um Texte handelt, die sich mit utopisch-politischem Denken befassen – und die uns Heutigen so wichtige Ökologie gehört bei Le Guin sowieso schon immer dazu.
Das beginnt bei der Rückschau ins Prä-Historische in „Die Tragetaschentheorie des Erzählens“ (wo uns Le Guin die Sammel-Behältnisse der Frühmenschen als älteste kulturelle Erfindung vorstellt), geht weiter in „Utopyin, Utopyang“ (einer Fürsprache für „duale“ Utopien) und findet seinen Höhepunkt im fulminanten „Ein nicht-euklidischer Blick auf Kalifornien als kalter Ort in spe“ (einem in Le Guins Gesamtwerk zentralen Text über das Leben und das Schreiben unter Berücksichtigung eines ganzheitlichen Blicks auf die Welt).
Wer also wissen will, „warum uns Fortschritts-Utopien an den Rand des Abgrunds führten und wie Denken in Rundungen die Grundlage für gutes Leben schafft“ (so der Untertitel), findet hier zwar keine „letztgültigen“ Antworten, aber jede Menge anregender Ideen.

Horst Illmer

Ursula K. Le Guin
AM ANFANG WAR DER BEUTEL.
Warum uns Fortschritts-Utopien an den Rand des Abgrunds führten und wie Denken in Rundungen die Grundlage für gutes Leben schafft. Essays, Reden und ein Gedicht.
Auswahl, Einleitung, Übersetzung: Matthias Fersterer
Originalzusammenstellung
Klein Jasedow, thinkOya, 2020, 95 S.
ISBN 978-3-947296-08-8 / 10,- Euro

Bei diesem Buch könnte man allerlei Überlegungen zum Titel anstellen, aber was den Verlag letztlich zu AM ANFANG WAR DER BEUTEL inspirierte,

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Der Grüne Planet

von am 6. Juni 2020 Kommentare deaktiviert für Der Grüne Planet

Hans Jürgen Kugler & René Moreau (Hrsg.)
DER GRÜNE PLANET.
Zukunft im Klimawandel. Eine Anthologie.
Illustrationen von Uli Bendick
Berlin, Hirnkost, 2020, 288 S.
ISBN 978-3-948675-15-8 / 25,00 Euro
Großformatiges Hardcover mit Lesebändchen

Da hat wohl irgendjemand im Hirnkost Verlag Gefallen an der Science Fiction gefunden – jedenfalls ist dort jetzt kurz nach dem Jahrbuch DAS SF JAHR 2019 eine in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Anthologie mit über zwanzig tollen neuen Science-Fiction-Stories erschienen.

DER GRÜNE PLANET wurde initiiert und betreut von der EXODUS-Mannschaft („das Magazin für SF-Stories & phantastische Grafik“), namentlich von René Moerau und Hans Jürgen Kugler, und zeigt sich deshalb auch graphisch-haptisch von einer so bisher kaum gekannten Qualität.

Fangen wir trotzdem erst mal mit den Geschichten an (immerhin dann doch das Wichtigste bei einem solchen Buch): 23 deutschsprachige Autor*innen steuern ihre Geschichten bei, in denen es vor allem um ökologische Themen im Allgemeinen und um den „Klimawandel“ und seine Folgen im Besonderen geht. In vier Abteilungen erfährt die Leser*in mehr darüber, wie die Zukunft nach der Apokalypse aussieht, oder wie es wäre, wenn wir dem Schicksal nochmal ein Snippchen schlagen könnten, bzw. wie man sich mit dem ganzen arrangiert – oder ob es nicht sogar möglich ist, die Sache von einer völlig anderen Warte aus zu betrachten.

Die Autor*innen gehören überwiegend zu den „alten Füchs*innen“ der Szene und liefern absolut lesenswerte Geschichten ab – wie z. B. unser „local Hero“ Christian Endres mit „Der Klang des sich lichtenden Nebels“, einer Story, die sich auch gut zum „Testlesen“ eignet.

Das großformatige Buch selbst enthält 25 ganzseitige farbige Bilder von Uli Bendick und ist durchgängig auf schwerem Hochganzpapier gedruckt. Dadurch hat man so richtig was „in der Hand“ und freut sich beim Durchblättern außerdem noch über die Fadenheftung und das Lesebändchen.

(Einziger Kritikpunkt – denn als echter Kritiker muss man ja irgendwas zu Maulen finden – ist das nicht vorhandene Titelblatt: da kommen halt die „Heftchen-Macher“ zum Vorschein. Also nichts, das sich in der Zukunft nicht vermeiden ließe.)

Wer sich für Kurzgeschichten erwärmen kann und noch nicht zu abgestumpft für das Thema Umwelt ist, sollte beim nächsten Besuch in der Lieblingsbuchhandlung unbedingt mal in DER GRÜNE PLANET reinlesen.

Horst Illmer

Hans Jürgen Kugler & René Moreau (Hrsg.)
DER GRÜNE PLANET.
Zukunft im Klimawandel. Eine Anthologie.
Illustrationen von Uli Bendick
Berlin, Hirnkost, 2020, 288 S.
ISBN 978-3-948675-15-8 / 25,00 Euro
Großformatiges Hardcover mit Lesebändchen

Da hat wohl irgendjemand im Hirnkost Verlag Gefallen an der Science Fiction gefunden – jedenfalls ist dort jetzt kurz nach dem Jahrbuch DAS SF JAHR 2019 eine in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Anthologie mit über zwanzig tollen neuen Science-Fiction-Stories erschienen.

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Der einheitliche Wille des gesamten Sowjetvolkes

von am 2. Juni 2020 Kommentare deaktiviert für Der einheitliche Wille des gesamten Sowjetvolkes

Kir Bulytschow
DER EINHEITLICHE WILLE DES GESAMTEN SOWJETVOLKES.
Übersetzung und Nachwort: Ivo Gloss
Illustrationen: Renate Gloss
Originalzusammenstellung
Berlin, Memoranda, 2020, 300 Seiten
ISBN 978-3-948616-00-7

Das Frühjahrsprogramm von MEMORANDA startete mit den überaus lesenswerten „politischen SF-Satiren“ Kir Bulytschows, für die der Übersetzer und Herausgeber Ivo Gloss nicht nur den genialen Titel DER EINHEITLICHE WILLE DES GESAMTEN SOWJETVOLKES wählte, sondern auch noch ein umfangreiches Nachwort über das Leben und Werk dieses bedeutenden russischen Phantasten geschrieben hat.
Der Inhalt des Buches besteht aus drei kurzen satirischen Vignetten und einem zirka zweihundert Seiten umfassenden Roman. Die Texte entstanden alle in den Jahren 1987 bis 1991, einer Zeit, die nicht nur für Deutschland, sondern vor allem für die Sowjetunion wichtig und revolutionär war. Geprägt von der Glasnost-Politik Gorbatschows entstanden damals literarische Texte (und wurden zum Teil sogar veröffentlicht), für die ihre Autoren kurz vorher noch in Gefängnisse und Lager verschwunden wären.
Stilistisch meisterhaft, inhaltlich eher an Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch oder die Brüder Strugatzki erinnernd als an die uns gewohnte US-amerikanische Science Fiction a la Heinlein, Asimov et al, und von tiefschwarzer Ironie triefend, schreibt Bulytschow Geschichten, wie sie in der Sowjetunion vermutlich tatsächlich hätten passieren können – nur eben mit der nötigen Portion Übertreibung und dem würzenden Schuss wissenschaftlicher Phantastik.
Den EINHEITLICHEN WILLEN DES GESAMTEN SOWJETVOLKES gibt es in zwei Varianten zu kaufen: Im normalen Buchhandel findet man die von Golkonda/MEMORANDA gewohnte Klappenbroschur (die wie immer von benSwerk gestaltet wurde), ausschließlich beim Verlag kann der Sammler eine gebundene Hardcoverausgabe mit Lesebändchen erwerben. Die Illustrationen von Renate Gloss und das „Selbstportrait“ des Autors findet man in beiden Ausgaben.

Horst Illmer

Kir Bulytschow
DER EINHEITLICHE WILLE DES GESAMTEN SOWJETVOLKES.
Übersetzung und Nachwort: Ivo Gloss
Illustrationen: Renate Gloss
Originalzusammenstellung
Berlin, Memoranda, 2020, 300 Seiten
ISBN 978-3-948616-00-7

Das Frühjahrsprogramm von MEMORANDA startete mit den überaus lesenswerten „politischen SF-Satiren“ Kir Bulytschows, für die der Übersetzer und Herausgeber Ivo Gloss nicht nur den genialen Titel DER EINHEITLICHE WILLE DES GESAMTEN SOWJETVOLKES wählte, sondern auch noch ein umfangreiches Nachwort über das Leben und Werk dieses bedeutenden russischen Phantasten geschrieben hat.

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Die Haarteppichknüpfer

von am 26. Mai 2020 Kommentare deaktiviert für Die Haarteppichknüpfer

Andreas Eschbach
DIE HAARTEPPICHKNÜPFER. Roman.
Lübbe
Oktober 2012 – 318 Seiten – € 11,00
ISBN: 9783404206971

Andreas Eschbach beginnt diesen Roman mit einer unglaublich direkten, dynamischen und (notwendigerweise) auch sehr brutalen Szene. Auf einem ziemlich unwirtlichen Wüstenplaneten wird einem alternden Haarteppichknüpfer ein zweiter Sohn geboren. Die Bräuche verlangen dessen Tod, da nach dem ersten, erbberechtigten Sohn, nur noch Mädchen gewollt sind. Da der ältere Sohn jedoch unkonventionelle Ideen hat und lieber Bücher liest, als das Teppichknüpfen zu erlernen und sich den traditionellen Abläufen zu fügen, greift auch der Vater zu unüblichen Mitteln – und zum Schwert.
Schon auf diesen ersten Seiten entsteht eine komplette Welt vor dem inneren Auge des Lesers, mustergültig ausgearbeitet, nach einem Entwurf, der eines Teppichknüpfmeisters würdig wäre. Es gibt einen allgemein verehrten und gefürchteten Gott-Kaiser; das Gilden- und Kastenwesen bestimmt die unveränderbar erscheinenden Hierarchien und die patriarchalen Strukturen, die seit Jahrzehntausenden unverändert nur ein einziges Ziel haben: Haarteppiche zu fertigen. Diese, aus den Haaren der weiblichen Haushaltsmitglieder gewonnen, werden von den geachteten und reichen Knüpfern verfertigt, die dafür ein ganzes Leben brauchen. Am Ende wird der fertige Teppich zum Markt getragen, an reisende Händler verkauft und der Erlös an den Sohn weitergegeben, der damit wieder eine Familie gründen und einen neuen Teppich beginnen kann. Die Händler bringen die Teppiche zum Raumhafen, wo sie die Schiffe des Kaisers aufnehmen und zum Palast des Herrschers bringen.
Diesen zu schmücken sind die Haarteppiche da und niemand wagt es, daran zu zweifeln, bis plötzlich Gerüchte laut werden, von einer Rebellion und, noch ketzerischer, vom Abdanken des Kaisers. Eines Tages taucht sogar ein Fremder auf und behauptet, ein Rebell zu sein – und der Kaiser sei tot!
Als Rahmen dient diesem farbigen Weltenbild die Geschichte vom Aufstieg des Galaktischen Reiches und seines kaiserlichen Herrschers – und vom Ende des Alten und Beginn des Neuen. Es ist eine Geschichte, die zu rühren weiß, die erzählt von den Beharrungskräften der Tradition, von den Zweifeln der Neuerer, von den Überraschungen die ein Universum bereithält für seine Eroberer und von den Lösungen für die allgegenwärtigen Fragen, die in den Archiven ruhen und die man nur zu finden wissen muss.
Gerade dieses Werk zeigt Eschbach als einen Erzähler, der originell und stilistisch großartig seine Fäden webt. Die Geschichte ist spannend bis zum Schluss, zeigt keine Schwächen und schafft es, dem Leser immer wieder den Atem zu rauben.
Am Ende freut man sich auf viele weitere Geschichten, die das kaiserliche Archiv noch für uns bereithält.

Horst Illmer

Andreas Eschbach
DIE HAARTEPPICHKNÜPFER. Roman.
Lübbe
Oktober 2012 – 318 Seiten – € 11,00
ISBN: 9783404206971

Andreas Eschbach beginnt diesen Roman mit einer unglaublich direkten, dynamischen und (notwendigerweise) auch sehr brutalen Szene. Auf einem ziemlich unwirtlichen Wüstenplaneten wird einem alternden Haarteppichknüpfer ein zweiter Sohn geboren. Die Bräuche verlangen dessen Tod, da nach dem ersten, erbberechtigten Sohn, nur noch Mädchen gewollt sind. Da der ältere Sohn jedoch unkonventionelle Ideen hat und lieber Bücher liest, als das Teppichknüpfen zu erlernen und sich den traditionellen Abläufen zu fügen,

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Wahn

von am 21. Mai 2020 Kommentare deaktiviert für Wahn

Stephen King
WAHN. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner
(Duma Key / 2008)
München, Heyne
Juli 2009 – 912 Seiten – € 10,99
ISBN: 9783453433434

Als WAHN 2008 erstmals erschien, war es gefühlt der hundertste (tatsächlich wohl Nummer 40) Stephen-King-Roman, der wieder einmal nur knapp die 1000-Seiten-Grenze verfehlte. Verblüffend war dabei, dass es mich immer noch reizte, diesen Monumentalwälzer aufzuschlagen. Und dass es Mister King dann erneut gelang, meine Skepsis zu überlisten und mich erst nach der letzten Seite das Buch wieder weglegen zu lassen.
Teufel auch – das geht doch nicht mit rechten Dingen zu.
So etwas Ähnliches fühlt auch Edgar Freemantle beim Einzug in das „Big Pink“, seinem neuen Domizil auf der vor Floridas Westküste gelegenen Insel Duma Key. Fast schlagartig fühlt er sich besser – und dabei hat er allen Grund, sich schlecht zu fühlen.
Bei einem Unfall auf einer seiner Baustellen wurde ihm der rechte Arm abgerissen und sein Schädel eingedrückt. Wie durch ein Wunder überlebte er und kam sogar wieder auf die Beine. Allerdings zuerst nur sein invalider Körper, vor allem sein Gedächtnis und die rasenden Kopfschmerzen machen ihm erheblich mehr Probleme. Da Edgar ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, kann er sich seine Krankheit wenigstens leisten, was ihn aber nicht vor Selbstmordgedanken schützt. Als letzten Ausweg aus dieser Misere empfiehlt ihm sein Therapeut einen Ortswechsel – aus dem kalt-unfreundlichen Minnesota ins warme Florida – und ein Hobby, das ihn auf andere Gedanken bringt.
Als Edgar auf Duma Key eintrifft ist ihm sofort klar, dass er hier nur eines will: malen!
Ein bisher verborgenes Talent Edgars entwickelt sich mit rasender Geschwindigkeit und bald schon reden seine wenigen Freunde und Vertrauten ihm zu, die Bilder – die ihre Betrachter gleichzeitig fesseln und verunsichern – einer Galerie anzubieten. Begeistert stimmt man dort zu, Edgars Bilder faszinieren selbst diese Profis.
Während Edgar Bild auf Bild malt, geht es ihm immer besser, sein Bedarf an Schmerzmitteln reduziert sich auf ein paar Aspirin am Tag, und er findet bei seinen Nachbarn, der alten Miss Eastlake und ihrem Betreuer Jerome Wireman, mehr als nur freundliche Aufnahme: Jerome wird mit der Zeit ein echter Freund für ihn – und mit Elizabeth teilt er bald ein dunkles Geheimnis.
Denn auf Duma Key existiert etwas, dass sich in Edgars Leben und Malen einmischt (wie es sich vor vielen Jahren in das Leben und Malen der damals noch kindlichen Elizabeth Eastlake drängte). Diese unbestimmbare, unsichtbare Kraft beeinflusst immer mehr die Qualität und die Motive von Edgars Bildern. Obwohl es ihm zunächst gelingt, seine neu gewonnenen Fähigkeiten auch positiv einzusetzen, muss Edgar Freemantle erkennen, dass auf Duma Key eine finstere, bösartige Kraft beheimatet ist – und zur Eröffnung seiner ersten Bilderausstellung erwartet Edgar seine Familie und seine alten Freunde in Florida …
In einer fast Barock zu nennenden Detailfülle schwelgt King in den Beschreibungen von Licht, Geräuschen, Aromen und Gerüchen, erzeugt „atmosphärische Spannungen“ (und damit ist auch die Beschreibung des Wetters gemeint) und bringt die Stimmungen und Gemütsverfassungen seiner Protagonisten so lebhaft und mitreißend auf den inneren Bildschirm, dass man diesen Roman mit allen Sinnen „mit erleidet“.
Wie häufig bei King gibt es auch in WAHN zahlreiche Reflektionen über die Kunst (diesmal verstärkt über das Malen und Zeichnen) und darüber, wie sie geschaffen, wie sie produziert wird. King nimmt seine Leser dabei mit in einen sehr persönlichen, emotional aufgeladenen „Raum“ und macht sich mit seiner Offenheit auch verletzlich. Sein Vertrauen, dass dieses Bloßlegen einer verwundbaren Seite – in WAHN erfährt man sehr viel über Kings schrecklichen Autounfall und die Zeit seiner Rekonvaleszenz – nicht missbraucht wird, gehört wohl mit zu den wichtigsten Gründen für die Faszination, die Kings Werk ausstrahlt.
Wenn Sie in diesem Frühjahr noch etwas Tröstliches lesen wollen, dann sollten Sie zu WAHN von Stephen King greifen. So viel Schönheit und Wahrheit sind auch bei ihm nur selten zu finden.

Horst Illmer

Stephen King
WAHN. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner
(Duma Key / 2008)
München, Heyne
Juli 2009 – 912 Seiten – € 10,99
ISBN: 9783453433434

Als WAHN 2008 erstmals erschien, war es gefühlt der hundertste (tatsächlich wohl Nummer 40) Stephen-King-Roman, der wieder einmal nur knapp die 1000-Seiten-Grenze verfehlte. Verblüffend war dabei, dass es mich immer noch reizte, diesen Monumentalwälzer aufzuschlagen. Und dass es Mister King dann erneut gelang, meine Skepsis zu überlisten und mich erst nach der letzten Seite das Buch wieder weglegen zu lassen.

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Ein Vogel ist er nicht

von am 19. Mai 2020 Kommentare deaktiviert für Ein Vogel ist er nicht

Philip Krömer
EIN VOGEL IST ER NICHT. Neun Umschreibungen.
Mit Bildern von Florian L. Arnold
Ohne Ort (Europa), Topalian & Milani, 2019, 224 Seiten
ISBN 978-3-946423-09-6

Tja, wie soll man das nun nennen?
Kurzgeschichten?
Historische Erzählungen?
Alternative Geschichtsschreibung?
Oder einfach nur frech?
Auf jeden Fall nennt der Autor Philip Krömer seine in EIN VOGEL IST ER NICHT versammelten Texte schlicht „Umschreibungen“ – vieldeutiger ging‘s wohl nicht.
Und dieses Uneindeutige ist bei Krömer Programm.
Geschickt nutzt er das „fundierte Halbwissen“ seiner Leser und schreibt humorvolle Anekdoten über bekannte Persönlichkeiten wie Kaiserin Elisabeth (Sisi), Ludwig II., Napoleon Bonaparte, E. A. Poe oder H. C. Artmann, aber auch über Schreckensmänner wie den Serienmörder Haarmann, die römischen Kaiser Nero und Julius Cäsar, den Heiligen Georg und den mythischen Ikarus.
Allen diesen (teils sehr kurzen, teils durchaus veritablen) Geschichten ist jedoch ein gewisses Irritationspotenzial eingebaut: so irrt etwa der amerikanische Dichter Edgar Allan Poe im Jahr 1857 (acht Jahre nach seinem vorgetäuschten Tod) in Eskimokluft durch Nordkanada – immer noch auf der Suche nach Beweisen für den Wahrheitsgehalt seines „realistischen“ Berichts über die Erlebnisse eines gewissen Arthur Gordon Pym …
Der 1988 in Amberg geborene, inzwischen in Erlangen heimische Krömer hat unter anderem auch Buchwissenschaften studiert und dieses Wissen in die Gestaltung von EIN VOGEL IST ER NICHT eingebracht. Entstanden ist ein herausragend schönes Buch, durchgängig illustriert mit in aufwändiger Mischtechnik entstandenen Grafiken von Florian L. Arnold und zudem schrift- und satztechnisch einfach ein Genuss.

Horst Illmer

Philip Krömer
EIN VOGEL IST ER NICHT. Neun Umschreibungen.
Mit Bildern von Florian L. Arnold
Ohne Ort (Europa), Topalian & Milani, 2019, 224 Seiten
ISBN 978-3-946423-09-6

Tja, wie soll man das nun nennen?
Kurzgeschichten?
Historische Erzählungen?
Alternative Geschichtsschreibung?
Oder einfach nur frech?
Auf jeden Fall nennt der Autor Philip Krömer seine in EIN VOGEL IST ER NICHT versammelten Texte schlicht „Umschreibungen“ – vieldeutiger ging‘s wohl nicht.
Und dieses Uneindeutige ist bei Krömer Programm.

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Parallel Lines – 5

von am 15. Mai 2020 3 Kommentare

Von Horst Illmer

Unsortierte Gedanken eines Literatur-DJs im „Jahr Des Bosch-Hämorrhoidensalbentuchs“ (David Foster Wallace)

Eyesight for the Blind / The Persistence of Vision (The Who / John Varley)

Music is the doctor
Makes you feel like you want to
Listen to the doctor
Just like you ought to
Music is the doctor of my soul

The Doobie Brothers

Doctor Doctor, gimme the news
I got a bad case of lovin' you
No pill’s gonna cure my ill
I got a bad case of lovin' you

Robert Palmer

Ihr könnt mir gratulieren. Ich habe das „missing link“ gefunden!

Auf der Suche nach einer diesmal mehr positiven und optimistischen „Parallele“ bin ich, mehr durch Zufall und Glück als durch echtes „Wissen“, auf etwas in der Science Fiction einmaliges und staunenswertes gestoßen – auf James White und seine Serie „Orbit Hospital“.

Im englischen Original ist die von 1957 bis 1999 von White ganz alleine geschriebene Serie als „Sector General“ bekannt, nach dem Titel der ersten Geschichte, die damals im englischen Magazin New Worlds erschien.
Erzählt werden darin die Abenteuer einer intergalaktischen Mediziner-Crew, die in einem riesigen Krankenhaus Dienst tut, das am Rande des Universums um einen Planeten kreist. Gebaut und in Betrieb gehalten wird das Orbit Hospital von der Gemeinschaft der galaktischen Völker, deren „Monitoren“-Truppe auch für die Sicherheit der Station zuständig ist.

Der im Nordirischen Belfast geborene James White (1928–1999) war zeitlebens „nur“ Nebenerwerbs-Schriftsteller. Er zog es vor, seinen Lebensunterhalt mit ehrlicher Arbeit (Werbung) zu verdienen und seinem Hobby als SF-Autor (trotz eines gewissen Erfolgs) lieber nur nebenbei zu frönen. Ausschlaggebend dafür dürfte auch gewesen sein, dass White überzeugter Pazifist war und dies auch in seinen Romanen und Erzählungen zum Ausdruck bringen wollte. Das machte „Sector General“ laut dem Genre-Historiker Brian Stableford zwar zur ersten rein pazifistischen Weltraumsaga („the first explicitly pacifist space opera series“) – die aber niemals ein echter Bestseller wurde, auf dem man eine sichere Karriere hätte aufbauen können.

Trotzdem erlangte White einigen Ruhm mit den in insgesamt zwölf Bänden gesammelten Kurzgeschichten und Romanen um den Chefarzt Dr. Peter Conway, die Krankenschwestern Murchison und Naydrad, den empathischen (wenngleich spinnenähnlichen) Dr. Prilicla und ihrer gemeinsamen „Nemesis“, dem Chefpsychologen Dr. O’Mara, die immer wieder aufs Neue vor der Herausforderung stehen, exotische Aliens von noch exotischeren Krankheiten zu heilen.
Obwohl die Weltraumklinik riesig ist und fast alle Umweltbedingungen nachstellen kann, sind die Behandlungen oftmals schwierig, da die Mediziner sich erst einmal in ihre Patienten (und deren Metabolismus) „hineinversetzen“ müssen. Das erfordert einen fast detektivischen Spürsinn, sodass die einzelnen Episoden manchmal wie eine gelungene Verbindung zwischen „Dr. House“, Sherlock Holmes und „Babylon 5“ wirken.
Im Lauf der Jahre entwickelte sich die Spannung der Handlung auch durch diverse Konflikte mit den Soldaten des Monitoren-Corps, mit feindlichen Angriffen auf das Orbit Hospital oder durch Außeneinsätze, wenn z. B. einmal der Patient sogar für dieses Krankenhaus zu groß war. White, der gerne selbst Arzt geworden wäre, schrieb einen Großteil der Abenteuer in Form von Kurzgeschichten in den 1960er und 1970er Jahren und sah die Serie nach sechs Sammelbänden eigentlich schon als abgeschlossen an. Allerdings konnten ihn freundliche Bitten seiner Verleger dann doch dazu bringen, noch sechs Romane (davon alleine fünf in den Jahren zwischen 1991 und 1999) folgen zu lassen.
In Deutschland gab es seit 1965 immer wieder (zumeist nur kurzlebige) Versuche, die „Weltraum-Mediziner“ auf Station zu schicken. Nach Moewig, Pabel und Ullstein nahm dann Wolfgang Jeschke vom Heyne Verlag die Sache in die Hand und veröffentlichte zwischen 1993 und 1997 die bis dahin erschienenen Bände Eins bis Neun in der (teilweisen Neu-)Übersetzung von Kalla Wefel. In White Todesjahr 1999 folgte dann noch DIE LETZTE DIAGNOSE (die Bände 11 und 12 kann man bisher nur auf Englisch lesen). Als Besonderheit der Deutschen Ausgabe ist Anzumerken, dass die zehn Titelbilder, gemalt von Boros Zoltan und Szikszai Gabor, aneinandergelegt ein großartiges Panoramabild ergeben.

Zwar ist auch im Weltraum und im „Orbit Hospital“ nicht immer alles LOVE & PEACE & HARMONY wie es sich die Jungs von High South auf ihrer aktuellen CD ausmalen, aber James White kommt diesem Ideal so nahe wie niemand sonst in der gesamten Science-Fiction-Literatur.

Song: Carole King – „You’ve Got A Friend“ (1971, vom Album TAPESTRY)

Von Horst Illmer

Unsortierte Gedanken eines Literatur-DJs im „Jahr Des Bosch-Hämorrhoidensalbentuchs“ (David Foster Wallace)

Eyesight for the Blind / The Persistence of Vision (The Who / John Varley)

Music is the doctor
Makes you feel like you want to
Listen to the doctor
Just like you ought to
Music is the doctor of my soul

The Doobie Brothers

Doctor Doctor, gimme the news
I got a bad case of lovin'

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Aufbruch in den Abgrund

von am 11. Mai 2020 Kommentare deaktiviert für Aufbruch in den Abgrund

Hans Frey
AUFBRUCH IN DEN ABGRUND.
Deutsche Science Fiction zwischen Demokratie und Diktatur. Von Weimar bis zum Ende der Nazidiktatur 1918–1945.
Berlin, Memoranda, 2020, 530 Seiten
ISBN 978-3-948616-02-1, / Klappenbroschur

Der von Hans Frey 2018 in FORTSCHRITT UND FIASKO begonnene Versuch einer Literaturgeschichte der deutschen Science Fiction findet im Frühjahr 2020 seine Fortsetzung in AUFBRUCH IN DEN ABGRUND – DEUTSCHE SCIENCE FICTION ZWISCHEN DEMOKRATIE UND DIKTATUR. Reichten Frey für die ersten einhundert Jahre von 1810 bis zum 1. Weltkrieg noch 300 Seiten, so füllt die Untersuchung der zwischen 1918 und 1945 („Von Weimar bis zum Ende der Nazidiktatur“) erschienenen Zukunftsliteratur diesmal über 500 Seiten.
Akribisch und detailfreudig beschreibt der Sammler und Literaturkenner Frey, der als Germanist, Lehrer und Politiker die besten Voraussetzungen dafür mitbringt, die im deutschsprachigen Raum veröffentlichten Romane und Kurzgeschichtenbände, deren Inhalt zwar noch als „phantastische Literatur“, „technischer Zukunftsroman“ oder „utopisch“ bezeichnet wurde, aber letztlich dem entsprach, was zeitgleich in den USA als „Science Fiction“ seinen Siegeszug um die Welt begann. Dabei folgt er zwar grundsätzlich dem „Zeitstrang“, unterteilt jedoch geschickt nach Themenkreisen, einzelnen Autoren, technischen und (vor allem) politischen Zäsuren und schafft es so, nicht nur den vielen hundert Büchern gerecht zu werden, sondern auch noch den historischen Hintergrund seines Zeitgemäldes „scharf zu stellen“.
Was von Nessun Saprà in dessen LEXIKON DER DEUTSCHEN SCIENCE FICTION & FANTASY 1919–1932 (Utopica, 2007) begonnen wurde (aber leider Fragment blieb), nimmt Frey als Grundlage, geht in seinem AUFBRUCH IN DEN ABGRUND aber nicht nur einen Schritt weiter, sondern erfüllt das Ganze mit neuem Leben.
Dieses Buch zu lesen macht nicht nur schlauer – es macht auch noch Spaß!

Horst Illmer

Hans Frey
AUFBRUCH IN DEN ABGRUND.
Deutsche Science Fiction zwischen Demokratie und Diktatur. Von Weimar bis zum Ende der Nazidiktatur 1918–1945.
Berlin, Memoranda, 2020, 530 Seiten
ISBN 978-3-948616-02-1, / Klappenbroschur

Der von Hans Frey 2018 in FORTSCHRITT UND FIASKO begonnene Versuch einer Literaturgeschichte der deutschen Science Fiction findet im Frühjahr 2020 seine Fortsetzung in AUFBRUCH IN DEN ABGRUND – DEUTSCHE SCIENCE FICTION ZWISCHEN DEMOKRATIE UND DIKTATUR. Reichten Frey für die ersten einhundert Jahre von 1810 bis zum 1.

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Love

von am 10. Mai 2020 Kommentare deaktiviert für Love

Stephen King
LOVE. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner
(Originatitel: Lisey’s Story / 2006)
München, Heyne
April 2008 – 752 Seiten – € 10,99
ISBN: 9783453432932

Scott Landon und Lisa Debusher (genannt Lisey) waren lange Jahre verheiratet, bis Scott vor zwei Jahren viel zu früh an einer unbekannten Krankheit gestorben ist. Seither lebt Lisey in ihrem großen Haus allein und versucht über den Verlust hinwegzukommen.
Da Scott ein erfolgreicher Romanautor war, hat sie keinerlei finanzielle Probleme. Sie kämpft vielmehr damit, dass ihre Liebe zu Scott nicht nachlassen will und sein Fehlen sie fast verzweifeln lässt. Da wir es hier jedoch mit einem Roman von Stephen King zu tun haben, werden aus den emotionalen Wunden recht schnell ganz reale Klingen, Scherben und andere Schneidewerkzeuge, die dazu benutzt werden, Menschen zu verletzen.
Lisey wird plötzlich durch mehrere Katastrophen aus ihrem tranceähnlichen Trauerzustand geholt. Zum einen beginnt ihre mental verstörte Schwester Amanda nach Jahren wieder damit, sich selbst zu verletzen. Noch bevor Lisey mit ihren anderen Schwestern eine Entscheidung über Amandas weiteres Schicksal treffen kann, erreicht sie selbst der merkwürdige Drohanruf eines Mannes, der sich Zack McCool nennt und es offenbar auf Scotts unveröffentlichte Manuskripte abgesehen hat. Und in ihr selbst beginnen lange Zeit verdrängte Erinnerungen sich ihren Weg zurück ins Bewusstsein zu bahnen.
Scott und Lisa stammten beide aus Familien, deren Zusammenleben teilweise sehr von dem abwich, was man als normal bezeichnen würde. Im Laufe ihrer Beziehung sagten sie sich all diese intimen Dinge, die man eben nur seinem Partner erzählt, wobei beide offenbar doch ein paar Geheimnisse für sich behielten.
Doch die Schatten der Vergangenheit beginnen damit, sich in der Gegenwart auszubreiten: Amanda redet plötzlich in Zungen und verfällt dann in einen katatonischen Zustand, der Dozent, der hinter Scotts Papieren her war, verliert die Kontrolle über seinen „Helfer“ Zack McCool, in Liseys Briefkasten liegt eine bestialisch geschlachtete Katze – und beim Aufräumen entdeckt Lisa ein Fragment gebliebenes Manuskript ihres Gatten, mit dem er sie auf einen „Blut-Bool“ schickt. Mit diesem Begriff bezeichnete Scott ihr gegenüber die grausamen Rätselspiele seiner Kindheit. Ohne seine körperliche Anwesenheit, muss sie sich nun allein aufmachen und versuchen, das Rätsel zu lösen, bevor das Unheil erneut zuschlägt.
King gelingt es einmal mehr, mit Worten einen Sog zu erzeugen, der den Leser gefangen nimmt, seine Augen auf die Seiten des Buches bannt und ihn dazu bringt, immer weiter lesen zu wollen. Obwohl die beschriebenen Szenen manchmal fast unerträglich scheinen, gelingt es nicht, sie zu überblättern (ich hab’s durchaus versucht).
Stephen King schreibt in LOVE über die Probleme, die eine Ehe für die Beteiligten mit sich bringt, über die Folgen, die eine schlechte Kindheit für die Menschen haben kann, die sie durchleiden müssen, über die Schwierigkeiten, gleichzeitig Schriftsteller zu sein und mit normalen Menschen auskommen zu müssen – und über den unerschöpflichen und unvorstellbar schönen „Pool der Worte“, dem wir alle unsere Sprache und vor allem unsere Literatur verdanken.
LOVE ist ein Roman voller Grauen und Liebe, geschrieben von einem meisterhaften Erzähler, der auch nach über fünfzig Büchern immer noch alles für sein Publikum gibt – auch sich selbst. Ein echter King!

Horst Illmer

Stephen King
LOVE. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner
(Originatitel: Lisey’s Story / 2006)
München, Heyne
April 2008 – 752 Seiten – € 10,99
ISBN: 9783453432932

Scott Landon und Lisa Debusher (genannt Lisey) waren lange Jahre verheiratet, bis Scott vor zwei Jahren viel zu früh an einer unbekannten Krankheit gestorben ist. Seither lebt Lisey in ihrem großen Haus allein und versucht über den Verlust hinwegzukommen.
Da Scott ein erfolgreicher Romanautor war,

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Sunset

von am 7. Mai 2020 Kommentare deaktiviert für Sunset

Stephen King
SUNSET. Erzählungen.
Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner, Karl-Heinz Ebnet, Sabine Lohmann, Friedrich Mader und Hannes Riffel
(Just After Sunset / 2008)
Heyne Taschenbuch
Juli 2010 – 479 Seiten – € 9,99
ISBN: 9783453434677

Viele amerikanische Bestsellerautoren schreiben keine Kurzgeschichten. Ich bezweifele, dass das eine Geldfrage ist; Bestsellerautoren brauchen über diesen Aspekt nicht nachzudenken. Vielleicht setzt eine Art kreative Klaustrophobie ein, sobald die Welt eines hauptberuflichen Schriftstellers auf sagen wir unter 280 Seiten schrumpft. Vielleicht ist es auch nur das Talent zur Miniaturisierung, das irgendwie verlorengeht. Bei vielem im Leben mag es sich wie mit dem Fahrradfahren verhalten, aber das Schreiben von Kurzgeschichten gehört nicht dazu. Man kann vergessen, wie man es macht.
Ungeachtet der vielen Romane die Stephen King im Laufe seiner Tätigkeit als Schriftsteller vorgelegt hat, gehört er – im kollektiven Gedächtnis seiner Leserschaft zumindest – doch vom ersten Tag an zu den herausragenden Verfassern von Kurzgeschichten. Einige davon (und das Spannende dabei ist, dass es bei jedem Leser andere sind) wachsen in der Erinnerung ständig weiter, die besten schaffen es, uns über Jahre und Jahrzehnte zu beschäftigen.
Stephen King gehört also eindeutig zu den Autoren, die nicht vergessen haben, wie man Kurzgeschichten schreibt. Oder?
Nun, eigentlich hätte ich den ersten Absatz dieser Rezension in Anführungszeichen setzen müssen, denn er stammt aus dem Vorwort von Kings Geschichtensammlung SUNSET. Er schildert dann weiter, wie er in den achtziger und neunziger Jahren immer weniger Stories schrieb – und wie er es fast verlernte. Durch einen glücklichen Zufall wurde er jedoch daran erinnert, wie Stolz er einmal darauf war, Kurzgeschichten nur so aus dem Ärmel schütteln zu können. Er besann sich seiner Fähigkeiten – und das Ergebnis liegt in Form der dreizehn Geschichten in SUNSET vor uns.
Die Geschichten beschäftigen sich, wie bei King üblich, überwiegend mit schaurigen, gruseligen und manchmal phantastischen Geschehnissen, die in das Leben ganz normaler Menschen hereinbrechen und sie verändert zurücklassen. Wie zum Beispiel in „Hinterlassenschaften“, Kings ganz persönlicher Aufarbeitung des Attentats vom 11. September 2001, wo in der Wohnung von Scott Staley, einem Überlebenden des Twin-Tower-Einsturzes, plötzlich Gegenstände seiner verstorbenen Kollegen materialisieren. Die Versuche, diese „Andenken“ wieder loszuwerden, erweisen sich als ebenso schwierig, wie mit den Erinnerungen an diesen Tag klarzukommen. Doch schließlich eröffnen die gedankenlos hingeworfenen Worte einer Nachbarin einen Ausweg für Scott …
Wie groß Kings Meisterschaft in der kleinen Form der Kurzgeschichte ist, zeigt sich in „Das Pfefferkuchen-Mädchen“, der für mich besten Geschichte dieser Sammlung. Für Emily beginnt nach dem plötzlichen Kindstod ihrer Tochter eine psychische Leidenszeit, die sie erst zu bewältigen beginnt, als sie mit dem Langsteckenlaufen anfängt. Was für sie ganz allmählich zur Befreiung wird, erscheint ihrem Gatten als manisch – was letztlich zur Trennung führt. Emily zieht sich auf eine nur spärlich besiedelte Insel vor der Küste Floridas zurück und dreht dort am Strand ihre Runden. Als sie jedoch eines Tages ein Büschel blutgetränkter Haare vor dem Tor des Nachbarhauses findet, treibt sie ihre Neugier direkt in die Arme eines irrsinnigen Killers. Beim Lesen dieser Geschichte musste ich mehrmals innehalten um Luft zu holen, da es mir wortwörtlich „den Atem verschlagen“ hat.
Auch in den anderen Erzählungen beweist Stephen King sein Können. In den nachgestellten „Anmerkungen“ beschreibt er, wie es zu den einzelnen Texten kam, wann und wo sie entstanden und welche Bedeutung sie für ihn und sein Schreiben haben.
Zum Schluss übergebe ich noch einmal an Stephen King (diesmal mit Anführungszeichen): „Es hat mir Spaß gemacht, die Geschichten zu schreiben. Und solange ich weiß, wie man’s macht, werde ich weiterschreiben. Würde ich ohne Sie weiterschreiben? Ja, das täte ich wohl. Weil es mich glücklich macht. Aber mit Ihnen, treuer Leser, ist es mir lieber.“
Wir sind da, Mr. King, wir sind ja da!

Horst Illmer

Stephen King
SUNSET. Erzählungen.
Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner, Karl-Heinz Ebnet, Sabine Lohmann, Friedrich Mader und Hannes Riffel
(Just After Sunset / 2008)
Heyne Taschenbuch
Juli 2010 – 479 Seiten – € 9,99
ISBN: 9783453434677

Viele amerikanische Bestsellerautoren schreiben keine Kurzgeschichten. Ich bezweifele, dass das eine Geldfrage ist; Bestsellerautoren brauchen über diesen Aspekt nicht nachzudenken. Vielleicht setzt eine Art kreative Klaustrophobie ein, sobald die Welt eines hauptberuflichen Schriftstellers auf sagen wir unter 280 Seiten schrumpft.

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